29.03.2024

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Folge 16-21 vom 23. April 2021 / Mogelpackung Gleichstellung / Eine neue Bundesstiftung soll auf Jahre hinaus gender-feministische Lobbygruppen mit Macht und Geld versorgen. Nebenbei geht es auch um die Absicherung verdienter Genossen für die Zeit nach der kommenden Bundestagswahl

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-21 vom 23. April 2021

Mogelpackung Gleichstellung
Eine neue Bundesstiftung soll auf Jahre hinaus gender-feministische Lobbygruppen mit Macht und Geld versorgen. Nebenbei geht es auch um die Absicherung verdienter Genossen für die Zeit nach der kommenden Bundestagswahl
Birgit Kelle

Eines muss man der SPD lassen. Zumindest schafft sie es, auf den letzten Metern der aktuellen Regierungskoalition noch ein paar Herzstücke ihrer Politik vor allem in jenem Ressort voranzutreiben, das ihr ehemaliger Vorsitzender Gerhard Schröder einst despektierlich als „Frauen und Gedöns“ bezeichnet hatte, dem Familienministerium. 

Mit tatkräftiger Unterstützung durch das ebenfalls SPD-geführte Justizministerium steht Frauen-, Familien- und Geschlechterpolitik neuerdings ständig auf der Agenda des Bundestages. Ob „Kinderrechte“ in die Verfassung, der Entwurf eines neuen Transsexuellen-Gesetzes (mit einer Abkehr von biologischen Fakten bei der Definition von Geschlecht) oder die geforderte neue „Mit-Mutterschaft“ bei lesbischen Paaren, bei der ein Kind zwei Mütter und dafür keinen Vater mehr in der Geburtsurkunde haben soll – man will offenbar alles noch über die Ziellinie retten, bevor sich im Herbst nach der Bundestagswahl die Mehrheitsverhältnisse ändern könnten und die SPD statt in der Regierung auf den harten Oppositionsbänken sitzt.

Ein Meilenstein zur dauerhaften Verankerung der eigenen Agenda im staatlich alimentierten Apparat auch für den Fall einer Wahlniederlage ist die nun am 15. April im Bundestag beschlossene neue Gleichstellungsstiftung. Damit hätte man eine weitere Stiftung mit Geld und Segen des Bundestages installiert, um eine linke Gesellschafts-Agenda voranzutreiben. Die bereits seit Jahren agierende Magnus-Hirschfeld-Stiftung ist eng mit den Grünen verwebt und orchestriert die gesamte Regenbogenfront der Vielfalt der Geschlechter. Im Budget aufgeholt hat aber auch die Amadeu Antonio Stiftung, die unter dem Vorwand „Kampf gegen rechts“ mit Millionenbudgets linke und Gender-Politik betreibt. Jetzt also noch eine weitere Stiftung.

Gezielte Begriffsverwirrung

Gleichstellung mache Deutschland spürbar besser, so die gewagte These aus der Gesetzesbegründung. Das Grundgesetz verpflichte den Staat schließlich laut Artikel 3, Absatz 2 zur tatsächlichen Durchsetzung der „Gleichberechtigung“ von Frauen und Männern, um dann sofort wieder die „Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung“ zu zitieren, die noch nicht erreicht sei. Die absichtliche Begriffsverwirrung von Gleichberechtigung und Gleichstellung ist Programm, man will nicht Chancengerechtigkeit für Frauen – die ist ja längst erreicht, sondern die Gleichheit in der Zählung, damit überall 50 Prozent Frauen sitzen. 

Es reihen sich weitere feministische Klischee-Perlen aneinander: die „strukturelle Benachteiligung“ der Frau, aber auch „Geschlechterstereotype“ als „Hindernisse für gleiche Verwirklichungschancen“. Was genau die Regierung mit „Geschlechterstereotype“ meint, wird nicht beantwortet; was dem einen ein feministisches Grauen ist dem anderen eine durchschnittliche traditionelle Familie. Die Stiftungsarbeit solle „Genderfragen“ berücksichtigen, ein Begriff, der alles und nichts heißen kann. Explizit heißt es, man wolle „einen wichtigen Beitrag zur nationalen Umsetzung der Ziele der Pekinger Aktionsplattform“ leisten, verabschiedet bei genau jener Weltfrauenkonferenz im Jahr 1995, wo Gender-Mainstreaming als Handlungsmaxime erstmals als feministische Forderung aufkam.

Perspektivisch soll die Stiftung „die Geschäftsstelle für die Gleichstellungsberichte und die Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung betreiben“. Diese Planung irritiert in ihrer strukturellen Dimension: Hier wird die Erstellung einer Strategie zur Geschlechterpolitik von Regierung und zuständigem Ministerium, also aus der direkten, parlamentarischen Verantwortung, freiwillig an eine außerparlamentarische Stiftung vergeben – anschließend soll diese Strategie jedoch als Regierungsprogramm umgesetzt werden. Wieso verzichten Parlament und Regierung auf ihre Richtlinienkompetenz zugunsten einer Handvoll weisungsungebundener Wissenschaftler und Lobbygruppen?

Das Ganze wird den Steuerzahler in diesem Jahr noch drei Millionen Euro kosten und dann in allen Folgejahren weitere fünf Millionen. Ende nicht in Sicht. Man plant zum Start mit 33 Personalstellen (Direktorin und Direktor, Leitung der Referate, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Sachbearbeitung und Assistenz). Ein Stiftungsrat aus der jeweiligen Familienministerin und zehn Mitgliedern des Bundestages soll die Arbeit überwachen. Es soll also mit Steuergeldern Fachwissen und Expertentum aus dem vorparlamentarischen Raum in die Politik gebracht werden. Da ist von Innovationswettbewerben die Rede, von Dialogformen, Publikationen, Initiativen, Kompetenzsammlungen. Umso spannender ist die Frage: Welche Experten werden das sein, wer wählt sie aus, oder stehen sie gar schon fest? 

Das Geld bleibt in der Familie 

Die Frage, wer wohl zum Zuge kommen wird, beantwortet sich möglicherweise sehr einfach und aufschlussreich durch eine Kleine Anfrage der FDP (Drucksache 19/18451), die im Parlament Antwort begehrte, wer denn genau im Haushaltsjahr 2020 bereits zur Vorbereitung der Bundesstiftung Gleichstellung die bereits ausgegeben 655.000 Euro erhielt.  

Der Löwenanteil ging laut Bundesregierung mit 431.000 Euro an den Verein „Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V. (ISS)“, der sowieso bereits vom Familienministerium finanziell gefördert wird, für seine „fachliche Unterstützung und strategische Beratung“. Verantwortlich ist dort Benjamin Landes, Mitglied der SPD Hessen, womit alles in der sozialdemokratischen Familie bleibt. Es bleibt die Frage, wieso ein Millionenapparat wie das Familienministerium das nicht ohne Hilfe eines privaten Vereins schafft. 

Ganze 102.000 Euro erhielt auch der Verein „Frauen aufs Podium e. V.“ zur Förderung des Projekts „Untersuchung und Erarbeitung eines deutschlandweiten Grundkonsenses zur erfolgreichen Implementierung gesellschaftlicher Gleichstellung“. Man befürwortet dort Frauenquoten in allen Lebenslagen. 

Spannend ist die Frauendefinition dieses Verbandes, der die Vermutung leider bestätigt, dass hier Gender-Dogmatik über die Hintertüre implementiert werden soll. Zitat von der Homepage des Vereins: „Mit Frauen* sind alle Personen gemeint, die sich weiblich positionieren. Frauen* können unterschiedliche Körper haben und z. B. trans, cis oder inter sein. Nicht-binäre und nicht heterosexuelle Geschlechteridentitäten und Begehrensformen sind dabei explizit eingeschlossen.“ Ist das dann jetzt die offizielle neue Geschlechterdefinition der Stiftung?

Mitbegründet hat den Verein die Politologin Bettina Praetorius, engagierte Streiterin für das Brandenburger Parité-Gesetz, das eine Frauenquote auf Wahllisten der Parteien erzwingen wollte, das vor dem Verfassungsgericht des Landes anschließend erwartungsgemäß grandios scheiterte.  

Weitere 24.000 Euro erhielt die „Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros, und für 86.000 Euro gönnte man sich professionelle Pressearbeit für eine Stiftung, die noch nicht mal existiert. Und nicht zuletzt erhielt auch Frau Prof. Dr. Gabriele Diewald 7.000 Euro, Expertin für geschlechtergerechte Sprache an der Universität Hannover und Mitverfasserin des Buches „Richtig gendern“ im Duden Verlag.

Was hier also faktisch in Form einer Stiftung getan wird, ist die Installation einer Vorfeldplattform, um ideologische und auch einseitig definierte gleichstellungspolitische Ambitionen mit staatlichem Geld und Segen auszustatten und deren Arbeit als „Gender-APO“ auf Jahre abzusichern. Dass das Vorhaben eine klare linke Schlagseite hat und genderpolitische Ziele verfolgt, ist offensichtlich.

Die Grünen stimmten nun im Bundestag gegen die Stiftung in dieser Form, allerdings nicht wegen grundsätzlicher Ablehnung, sondern weil es ihnen nicht weit genug geht. Zu wenig Geld, immer noch eine Diskriminierung von „diversen“ Menschen. Man müsse das intersektional aufstellen, die Gremien seien zu binär und mit einer „faktischen“ Männerquote belastet, so argumentierte die grüne Bundestagsabgeordnete und queer-politische Aktivistin Ulle Schauws in der Parlamentsdebatte. Dabei hatten die Grünen bereits vorher in ihrem Wahlprogramm festgeschrieben, was sie mit dieser Stiftung selbst in der nächsten Legislaturperiode planen: „Die neu geschaffene Bundesstiftung Gleichstellung werden wir zu einer effektiven Institution ausbauen (…) Hierfür leisten die Sozialwissenschaften und die Genderstudies einen unverzichtbaren Beitrag.“ 

Schweigen der Union

Während sich nun die SPD-Minister Olaf Scholz und Heiko Maas selbst sprachlich ganz gendersensibel bei Twitter als „Regierungsvertreter*in“ bezeichnen, erregte CDU-Mann Friedrich Merz kürzlich bei einer Rede die Gemüter der Republik, indem er die Frage aufwarf, wer „diesen Gender-Leuten eigentlich das Recht“ gebe, „einseitig unsere Sprache zu verändern“ und mit Beispielen wie „Grüne und Grüninnen, Spielplätze für Kinder und Kinderinnen“ zumindest die Lacher auf seiner Seite hatte. Die Antwort auf diese wirklich gute Frage wird ihm nichts zu lachen geben: seine eigenen Parteikollegen in CDU und CSU, die als Regierungspartei nicht eingriffen, obwohl absurde Gender-Schreibweisen bereits heute in amtlichen und staatlichen Dokumenten, aber auch in Schulmaterialien und Lehrplänen Einzug halten.  

Auch in Bezug auf die Stiftung bleibt die Frage stehen: Wieso sehen CDU und CSU mit großer Gelassenheit zu und unterstützen dies Vorhaben gar, das ihnen auf viele Jahre eine steuerfinanzierte, vorparlamentarische Opposition in Fragen der eigenen Geschlechterpolitik bescheren wird? Für die Antwort bleiben nur zwei Optionen: Entweder sie teilen die frauen- und geschlechterpolitischen Ansichten von SPD und Grünen inzwischen – oder es ist ihnen schlicht egal. Hauptsache, sie stellen weiterhin die „Bundeskanzler*in“. 






Birgit Kelle ist Publizistin und schreibt unter anderem für „The European“, „Die Welt“, „Focus“ und „kath.net“. Zuletzt erschien „Noch Normal? Das lässt sich gendern! Gender-Politik ist das Problem, nicht die Lösung“ (FinanzBuch Verlag 2020).

www.birgit-kelle.de