Am Wochenende fand auf Initiative des höchsten Repräsentanten der Republik eine zentrale Trauerfeier für die Opfer der Corona-Pandemie statt. Gegen eine derartige Feier ist grundsätzlich überhaupt nichts einzuwenden. Es verwundert allerdings der Zeitpunkt.
Während ein naher Angehöriger mit dem Tode ringt, werden die Kräfte der Familie darauf konzentriert, ihn am Leben zu halten. Erst wenn der Kampf verloren, der Angehörige gestorben ist, wird Trauerarbeit geleistet, nimmt man sich Zeit, vom Toten würdig Abschied zu nehmen, um danach zu einer möglicherweise neuen, aber doch zu einer Form von Normalität zurückzukehren.
Bei großen Katastrophen und Unglücken, die eine Gesellschaft heimsuchen, ist es ähnlich, sei es nun ein Terroranschlag, eine Naturkatstrophe, ein Krieg – oder eine Seuche. Während des Vorgangs wird versucht, Schadensbegrenzung zu üben. Danach verschafft man sich ein Bild, was man verloren hat, und es finden die entsprechenden Trauerfeiern statt.
Und wie ist es bei Corona? Kein Mensch von gesellschaftlicher oder politischer Relevanz wird behaupten wollen, die Heimsuchung durch Corona sei zu Ende, sei Geschichte. Wir stecken mittendrin. Inzwischen entstandene Mutanten scheinen ungleich ansteckender zu sein als das Urvirus. Zunehmend werden auch jüngere Menschen von der Krankheit befallen. Noch striktere Verhaltensregeln erscheinen notwendig. Und mittendrin wird gefeiert, statt das Ende abzuwarten.
Das Ganze erscheint höchstens dann sinnvoll, wenn davon auszugehen ist, dass die Pandemie nie überwunden wird und deshalb mit einer Trauerfeier nicht bis zu deren Ende gewartet werden kann. Wir wollen hoffen, dass das nicht der Grund für den frühen Trauerfeier-Termin ist.