20.04.2024

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Folge 16-21 vom 23. April 2021 / Pommersche Geschichte / Otto Fock – liberaler Theologe und Journalist / Er verfasste die „Rügensch-Pommerschen Geschichten aus sieben Jahrhunderten“ in sechs Bänden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-21 vom 23. April 2021

Pommersche Geschichte
Otto Fock – liberaler Theologe und Journalist
Er verfasste die „Rügensch-Pommerschen Geschichten aus sieben Jahrhunderten“ in sechs Bänden
Martin Stolzenau

Otto Fock stammte von der Insel Rügen, hatte seine beruflichen Hauptwirkungsstätten in Kiel, im elterlichen Gutshaus auf Wittow sowie in Stralsund und erlangte als Theologe, liberaler Journalist und Historiker, der Pommerns Geschichte erforschte, deutsche Bekanntheit. Nach zahlreichen Zurücksetzungen wegen ihm unterstellter „mangelnder Rechtgläubigkeit“ und seines kritischen Liberalismus erlebte er an seinem Lebensabend die lange vermisste öffentliche Anerkennung. Das reichte von der Ehrendoktorwürde über die Akademie-Mitgliedschaft bis zum Angebot einer Universitäts-Professur. Seine „Rügensch-Pommerschen Geschichten aus sieben Jahrhunderten“ in sechs Bänden überdauerten die Zeitenwechsel und wurden 1992/93 neu verlegt, was die Nachwirkung Focks belegt. 

Der namhafte Gelehrte wurde am 29. April 1819 in Schwarbe auf der rügenschen Halbinsel Wittow geboren. Sein Vater war wohlhabender Domänenpächter und fungierte als Oberamtmann. Sohn Otto hatte noch sieben Geschwister, wurde von Hauslehrern unterrichtet und absolvierte die letzten Schuljahre auf dem Stralsunder Gymnasium. Er glänzte dort mit seinen Kenntnissen, entwickelte sich schnell zum Primus und offenbarte im zunehmenden Maße eine besondere Begabung im Zeichnen und in der Musik. 

„Liberalismus“ stand seiner Karriere oft im Weg

Doch vom Vater war die Laufbahn vorgegeben. So studierte Fock ab 1837 nacheinander in Bonn und Berlin Theologie. Der Stralsunder Primus zeigte auch beim Studium beste Leistungen und offenbarte zuweilen liberale Gedanken. Mit Folgen: Als er sich in Berlin mit einer bestens vorbereiteten Arbeit um die theologische Licentiatenwürde bewarb, wurde er „wegen mangelnder Rechtgläubigkeit“ abgelehnt. 

Fock wechselte deshalb nach Greifswald und wurde hier nach längerem Tauziehen und persönlichen Zugeständnissen zur angestrebten Prüfung zugelassen. Doch die Habilitation wurde ihm auch in Greifswald wegen „Liberalismus“ verwehrt. So kam er nach Kiel, wo er sich 1843 ohne Probleme habilitieren konnte und anschließend als Privatdozent Vorlesungen hielt. Sie reichten von der kirchlichen Dogmengeschichte über die Geschichte der neuesten Theologie bis zur Behandlung der Paulinischen Briefe. 

Was und wie er las, sorgte für einen großen studentischen Zulauf. Dazu veröffentlichte er Beiträge in Zeitschriften sowie Jahrbüchern und 1847 sein Buch „Der Socianismus nach seiner Stellung in der Gesamtentwicklung des christlichen Geistes“. Damit gehörte er neben anderen Dozenten wie Baumgarten oder Droysen zu den gefragtesten Gelehrten der Kieler Universität. Doch seine überfällige Erhebung zum Professor verhinderte der dänische Hof mit der Königin an der Spitze. 

Deshalb wechselte er 1848 nach Frankfurt am Main, wo er die Nationalversammlung erlebte, liberale Anregungen aufnahm und Heinrich Kruse kennenlernte, der ihn zum Journalismus führte und für die Mitarbeit bei einigen Blättern gewann. Das reichte von der „Neuen Berliner Zeitung“ bis zur „Schleswig-Holsteinischen Zeitung“, die dann als „Norddeutsche Freie Presse“ in Altona herauskam. Sie gedieh unter seiner Regie über Jahre zur Plattform für eine „freiheitliche Entwicklung Schleswig-Holsteins“. 

Ehrendoktorwürde der Greifswalder Universität

Fock wirkte zwischendurch als Abgeordneter der Landesversammlung und als Zugführer in einer Freiwilligenkompanie. Er wetterte nicht nur per Artikel gegen die verkrusteten alten Verhältnisse. Er kämpfte auch dafür, bis dahin, dass ihn die Provisorische Regierung als Gesandten an den Schweriner Hof schickte. 

Doch nach dem Sieg der preußisch-österreichischen Truppen und der erneuten Oberhoheit fremder Mächte legte der Linksliberale seine Ämter und die Redaktion seiner Zeitung nieder und ging 1852 zurück nach Vorpommern, wo er zunächst im elterlichen Gutshaus auf Wittow lebte und seine geschichtlichen Forschungen über Pommern begann. 

Zwischenzeitlich gab es wegen hartnäckiger Herzbeschwerden stationäre Klinikaufenthalte und Kurwochen in verschiedenen Heilbädern wie Karlsbad, Bad Pyrmont und Wiesbaden. Dann ließ er sich in Stralsund nieder. 

Hier hatte er einen besseren Zugriff auf die Quellen für seine Pommernforschungen. 1861 erschien der erste Band seiner Pommerngeschichte, der für Aufsehen sorgte und ihm die Ehrendoktorwürde der Greifswalder Universität eintrug. Fünf weitere Bände folgten. Dazu gab es weitere wissenschaftliche Beiträge und Rezensionen aus seiner Feder, die seinen nunmehrigen Ruf als Autor deutschlandweit festigten.

Aber seine Kräfte waren wohl aufgebraucht. Den begonnenen siebten Band schaffte er nicht mehr. Er bekam noch das Angebot für eine Professur in Buenos Aires, starb aber am 6. Oktober 1872 in Stralsund. Sein Wohnhaus in der Heiliggeiststraße besaß bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg eine Gedenktafel, die an ihn als bedeutenden Gelehrten Vorpommerns erinnerte. Heute trägt eine Stralsunder Straße seinen Namen. 

Info Die Bände sind in digitalen Bibliotheken zu lesen, siehe unter anderem: www. digitale-bibliothek-mv.de der Universität Greifswald