19.04.2024

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Folge 16-21 vom 23. April 2021 / Der Wochenrückblick / Schöner als bei Merkel / Warum Laschet auf der Hut sein muss, und warum Baerbock sich keine Sorgen zu machen braucht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-21 vom 23. April 2021

Der Wochenrückblick
Schöner als bei Merkel
Warum Laschet auf der Hut sein muss, und warum Baerbock sich keine Sorgen zu machen braucht
Hans Heckel

Manchmal sollte man sich einfach eine Woche lang eingraben und danach erst wieder herauskommen, weil man sowieso nichts verpasst. Vor der zweiten Sitzung der CDU-Spitze zur K-Frage sagte Markus Söder genau das Gleiche wie vor der ersten: Er werde das Ergebnis akzeptieren. Tat er dann aber erst mal nicht. Es folgten stattdessen acht wilde Tage, die wir nie vergessen werden. Dafür sind wir dem Franken natürlich ewig dankbar – was für eine Schau!

Was das Ganze sollte, wo doch das Resultat unverändert blieb? Man kann es ja mal versuchen, dachte sich Söder, und verwandelte die CDU für eine gute Woche lang in das Somalia der deutschen Parteienlandschaft.

Kennen Sie Somalia? Das ist ein Land, das zwar eine Regierung hat, und die ist (glaube ich jedenfalls) sogar international anerkannt. Nur in dem Lande selber interessiert sich blöderweise niemand für diese Regierung, die „Macht“ des Präsidenten versickert schon in den ersten Vororten der Hauptstadt. So erging es auch der CDU-Spitze nach der ersten Pro-Laschet-Entscheidung. Statt der Entscheidung der (immerhin demokratisch gewählten) Parteigranden zu folgen, fasste ein Großteil in der CDU den Beschluss bestenfalls als Vorschlag auf – und noch dazu als einen ziemlich schlechten.

Söder droht mit „Diskussionen“

Von Stund an legte jeder los, wie er lustig war. Ministerpräsidenten, Landesvorsitzende und sogar 14 von 18 Landesverbänden der Jungen Union schlugen sich auf die Söder-Seite. Fast wäre alles gekippt. Wie in Ländern von der Sorte Somalia gab am Ende eine kampfkräftige auswärtige Macht den Ausschlag: Erst als Söder selbst sein zähneknirschendes Einverständnis gab, konnte man in der CDU-Zentrale aufatmen.

Jetzt schwören alle dem Laschet ihre treue Gefolgschaft. Wir hoffen aber sehr, dass der Gekürte zwischen den Zeilen lesen kann: Er habe Laschet die „volle Unterstützung zugesagt“, versichert Söder. Es werde aber sicherlich noch „Diskussionen“ geben. Ach ja? Wir haben verstanden. Mit anderen Worten: Er wird seine „volle Unterstützung“ mit kleinen Giftpfeilen würzen. 

Auch Angela Merkel freut sich „auf die kommenden Monate unserer Zusammenarbeit“. Die scheidende Kanzlerin hatte Laschet mitten in der heißen Phase des Kandidaten-Kampfes ganz gemein einen mitgegebenen. Und jetzt „freut“ die Frau sich auf die kommenden Monate? Armin, zieh dich warm an! Mal sehen, wann der erste Querschuss aus den eigenen Reihen einschlägt.

Da klatschen die Journalisten

Wir werden es ja erleben. Was wir dagegen verpassen werden, ist die Art, wie die grünlinks dominierten Medien einen Kanzlerkandidaten Söder zur Strecke gebracht hätten. Für den Moment schienen sie ihn ja richtig gern zu haben. Aber das hatte natürlich einen Grund: Der CSU-Chef schien der Rammbock zu sein, der die CDU zerlegt. Doch was macht man mit einem Rammbock, nachdem der Sturm gelungen ist? Man schmeißt ihn in den Graben. Irgendwelche Skandälchen, komische Parteispenden oder was weiß ich hätten sich schon finden lassen. Außerdem hat Söder in seinem Politikerleben so oft so gründlich die Richtung gewechselt – das hätte man ihm ja auch immer und immer wieder unter die Nase reiben können.

Kann man sich nun alles sparen, es ist ja der andere geworden. Nun, den nervt man dann eben mit der bizarren Art seiner Kür und der Frage, ob er überhaupt sicher sei, dass die Union hinter ihm stehe. Läuft alles wie geschmiert.

Annalena Baerbock braucht sich all diese Sorgen nicht zu machen. Die Grüne schwimmt auf einer Woge medialer Zustimmung, da brechen alle Dämme vor Begeisterung. In ihrem ersten TV-Gespräch als Kanzlerkandidatin spendeten die beiden Interviewer am Ende der Sendung sogar Beifall für die Politikerin. So was hatten wir noch nie gesehen. Das muss er sein, der „frische Wind“, den die 40-Jährige mitbringt: Gelangt sie tatsächlich zur Regierungsspitze, werden Pressegespräche mit der Kanzlerin wieder so spannend wie ein Interview des „Neuen Deutschland“ mit einem Angehörigen des SED-Politbüros, wo ja auch die Hagelkörner des kritischen Journalismus nur so niederprasselten auf den armen Befragten.

Was wir in dem Baerbock-Gespräch geboten bekamen, übertraf sogar Anne Wills Merkel-Audienzen. Immerhin hielt Will zum Ende der harmonischen Plauderrunde wenigstens die Hände unten.

Die Verzückten in den Redaktionen werden ihr Bestes geben, um die Grünen-Kandidatin so nett und glatt wie möglich aussehen zu lassen. Wir werden jede Menge Mediengespräche mit Baerbock sehen, die mehr an „Homestorys“ zwischen Tiffany-Lampe und Wintergarten erinnern als an harte Fragerunden. Das deutsche Publikum wird begeistert sein, denn sind wir nicht alle ein bisschen Biedermeier? Das Gejubel geht jetzt schon soweit, dass sie der Kanzler-Aspirantin sogar ausgeprägten „Sachverstand“ attestierten. Ja: Sachverstand! Ihr, die Kobalt nicht von Kobolden unterscheiden konnte und die den Strom „in den Netzen“ speichern will, als könnte man den anhalten wie Wasser im Kanal. 

Aber dafür ist sie weiblich und außerdem so betörend „frisch“, wie wir schon erwähnt haben. Und das ist in einem Land, das sonst keine Sorgen hat, ausschlaggebend. Sie wirke im Vergleich zu den alten Kerlen wie Laschet oder dem SPD-Kandidaten Olaf Scholz „unverbraucht“, wie wir lesen konnten. Auch das stimmt aufs Haar: Baerbock hat sich ihre jugendliche Unbedarftheit weder in irgendeinem Regierungsamt noch von richtiger Arbeit, also außerhalb des Politikbetriebs, „verbrauchen“ lassen – so blieb sie so jung wie ein Ei im Nest. Und wer sagt denn, dass Eier nicht fliegen können? 

Wie Laschet das Profil „schärft“

Armin Laschet will sich von alldem nicht beeindrucken lassen und als Gegenmittel das „Profil der Union schärfen“. Das wird auch nicht uninteressant. Um ihr Profil zu „schärfen“, müssten die Unionisten ja zunächst einmal eines haben. Laschet wird sich nach eigenen Worten mit vollem Eifer zuallererst auf den „Klimaschutz“ stürzen.

Das ist doch ein Renner! Wenn im Sommer kurz vor der Bundestagswahl Millionen Deutsche wegen der Corona- und Lockdown-Folgen um ihren Arbeitsplatz bangen oder um ihre Altersversorgung, nachdem sie ihre Rücklagen im Lockdown verbraten mussten, dann wird sie nichts heftiger um den Schlaf bringen als Prognosen zur mittleren Tageshöchsttemperatur im Juli des Jahres 2100. Das weiß Armin Laschet jetzt schon, weil er eben „näher bei den Menschen ist“, wie man das so sagt. 

So geht Wahlkampf, so schärft man das Profil der Union: Greife dir das Kernthema der Grünen, schreib es ab und wickle es ins graugrüne Packpapier eines billigen Plagiats – und dann wundere dich maßlos, dass keiner hinguckt.