29.03.2024

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Folge 17-21 vom 30. April 2021 / Lockdown / Wie das Lernen zu Hause unter die Räder gerät / Alarmierende Ifo-Studie zum „Heimunterricht“: Von einem Ersatz für den Präsenzunterricht kann keine Rede sein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-21 vom 30. April 2021

Lockdown
Wie das Lernen zu Hause unter die Räder gerät
Alarmierende Ifo-Studie zum „Heimunterricht“: Von einem Ersatz für den Präsenzunterricht kann keine Rede sein
Peter Entinger

Eine zentrale Maßnahme zur Verlangsamung der Ausbreitung des Coronavirus war von Beginn an die Schließung von Schulen. Doch die Erwartungen an den „Heimunterricht“ haben sich nicht erfüllt. Das liegt nicht nur, wie zuerst angenommen, an der mangelhaften Digitalisierung in der Bundesrepublik. Eine Studie des Ifo-Instituts liefert erschreckende Erkenntnisse. Denn auch in der zweiten Phase pandemiebegründeter Schulschließungen haben Schüler in Deutschland viel Lernzeit verloren. 

Demnach haben sich Schüler vor den Lockdown-Maßnahmen im Durchschnitt siebeneinhalb Stunden täglich mit Schulstoff beschäftigt, während der Schulschließungen Anfang 2021 jedoch nur knapp dreieinhalb Stunden – im ersten Lockdown 2020 war es sogar noch eine halbe Stunde weniger gewesen.

Fernsehen statt Bildung

Diese drei Stunden werden laut der Ifo-Studie vor allem mit Fernsehen, am Computer oder in sozialen Medien verbracht. Aktuell habe auch nur eines von vier Schulkindern täglich Online-Unterricht, knapp die Hälfte nur einmal wöchentlich. „Mit Nachhilfe, die nach den Erfahrungen des Frühjahrs 2020 groß auf bildungspolitische Fahnen geschrieben wurde, ist es nicht weit her“, erklärte zudem Ifo-Bildungsökonomin Larissa Zierow, und: „Die Förderung kommt fast ausschließlich Kindern von Akademikern zugute. Das ist besonders erschreckend.“ Im Durchschnitt sind nur 2,9 Stunden pro Tag auf Tätigkeiten wie Lesen, Musizieren oder Bewegung entfallen, die generell als entwicklungsförderlich angesehen werden. 

Immerhin wurden Lernvideos und Lernsoftware Anfang 2021 häufiger eingesetzt als noch im Frühjahr 2020. 64 Prozent der Eltern berichten, dass ihr Kind mehrmals pro Woche bereitgestellte Lernvideos anschauen oder Texte lesen sollte. Im Frühjahr 2020 waren es nur 53 Prozent. 

Nur die Hälfte „sehr konzentriert“

Dass der Lernerfolg durch „Heimunterricht“ für viele Schulkinder vergleichsweise gering ist, spiegelt sich auch in konkreten Aussagen über das Lernen zu Hause wider. So ist das Bild bei der Frage, wie konzentriert die Kinder zu Hause lernen, gespalten: Knapp die Hälfte der Eltern (47 Prozent) gibt an, dass ihr Kind beim Lernen zu Hause sehr konzentriert sei, wohingegen ein ähnlich großer Anteil angibt, dass dies nicht der Fall sei. Immerhin: Während der Schulschließungen Anfang 2021 fanden die Forscher heraus, dass etwa ein Viertel der Schüler täglich gemeinsamen Unterricht für die ganze Klasse (beispielsweise per Video) hatte. Während der Schulschließungen im Frühjahr 2020 waren es nur sechs Prozent. 

Es ist also einem größeren Teil der Schulen in Deutschland gelungen, die Schüler mit digitalem Fernunterricht für die ganze Klasse zu erreichen und somit den regelmäßigen Austausch mit Lehrkräften sicherzustellen. Aber das bedeutet auch, dass die Mehrheit immer noch auf eigenständiges Lernen angewiesen ist.