10.10.2024

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Folge 17-21 vom 30. April 2021 / Hohenzollernradweg / Nichts als „mühe, sorge und arbeit“ / Radreise zur Cadolzburg – Der Sitz der hohenzollerschen Burggrafen von Nürnberg verursachte mehr Kosten als Freude

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-21 vom 30. April 2021

Hohenzollernradweg
Nichts als „mühe, sorge und arbeit“
Radreise zur Cadolzburg – Der Sitz der hohenzollerschen Burggrafen von Nürnberg verursachte mehr Kosten als Freude
Helga Schnehagen

Genau 37 Kilometer hinter Nürnberg und zehn Kilometer südöstlich von Langenzenn liegt Cadolzburg mit seiner gleichnamigen Feste. Entlang des Hohenzollernradwegs ist sie ein Höhepunkt, den man unbedingt besuchen muss, sofern die Lockdown-Maßnahmen das zulassen. 

Als erstes stellen sich die über 20 Meter hohe mittelalterliche Mantelmauer und der Palas der Feste in den Blick. Auf der einen Seite wehrhafte Burg, überrascht sie auf der anderen mit der Schau-Fassade eines Renaissance-Schlosses und idyllischem Garten. Um 1246 gelangte die Cadolzburg in den Besitz der zollerschen Burggrafen. Der Dauerstreit mit den Nürnberger Stadtbürgern ließ sie ab 1313 zu ihrem bevorzugten Wohnsitz und im 15. Jahrhundert zum Zentrum ihrer Herrschaft werden. 

Im Krieg zerstört, wurde die Cadolzburg vom Freistaat Bayern wieder auf- und museal ausgebaut. Unter Aufsicht der Bayerischen Schlösserverwaltung zeigt sie seit 2017 anschaulich die komplette Familiengeschichte der fränkischen Hohenzollern und informiert über jeden Gulden, den das höfische Leben im 15. Jahrhundert kostete.  

Im Mittelpunkt steht der zweite entscheidende Karriere-Schritt der Dynastie: 1415 wurde Burggraf Friedrich VI. mit der Mark Brandenburg belehnt und Kurfürst, als der er sich fortan Friedrich I. nannte. Damit „erhoben“ sich auch die fränkischen Fürstentümer zu Markgraftümern. Fortan wurde Brandenburg von Franken aus regiert. Der Sprung ins Zentrum der Macht ermöglichte zwar, die Herrschaft im gesamten Hohenzollerngebiet zu festigen, doch sie hatte ihren Preis.

Anschaulich stehen Kurfürst Friedrich I. und Gattin Elisabeth von Bayern auf einem Haufen Schuldverschreibungen. Denn die katastrophalen Zustände in der Mark verlangten nach enormen Investitionen. Daher floss fränkisches Geld für Infrastruktur-Maßnahmen ins 500 Kilometer entfernte Tangermünde, wo die Hohenzollern residierten. Friedrich I. bekam die Lage dennoch nicht in den Griff und resümierte am Ende seines Lebens: „Im Churstand ist mehr nichts, denn vielseitige mühe, sorge und arbeit.“ 

Friedrich I. hielt sich nur wenige Jahre in der Mark auf. Während er als Landverweser von Juni 1412 bis August 1414 ununterbrochen im Land weilte, befand er sich ab 1415 in toto ganze drei Jahre, zwei Monate und 19 Tage vor Ort. Ende Januar 1426 verließ er die Mark für immer. Zeitweilig führte Ehefrau Elisabeth die Geschäfte. Klug, gebildet und resolut, hatte sie sich bei der Verwaltung der fränkischen Besitzungen bewährt. Aufgrund der grassierenden Pest kehrte die schöne Else, wie sie genannt wurde, jedoch bereits 1416 auf die Cadolzburg zurück.

Erst als Sohn Albrecht Achilles 1470 die Kurwürde in Brandenburg übernahm, verbesserte sich die Lage. Mit bewährten fränkischen Gefolgsleuten reformierte er die Verwaltung, regierte kontrollsüchtig mit starker Hand und hinterließ eine schuldenfreie Herrschaft. Das währte jedoch nicht lange, denn die Schuldenberge wuchsen unter den nachfolgenden Markgrafen schnell wieder an.

Albrecht war der letzte Hohenzoller, der den gesamten Besitz in Franken und Brandenburg gemeinsam regierte. Ein Spagat bei dem zerstückelten Land, den er niemandem mehr zumuten wollte. Daher bestimmte er die Aufteilung nach seinem Tod unter seinen drei ältesten Söhnen in die Mark Brandenburg und die Markgraftümer Brandenburg-Ansbach mit den Territorien „unterm Gebirg“ und Brandenburg-Kulmbach/später Bayreuth „überm Gebirg“, der Fränkischen Schweiz. Für den Aufstieg der Mark war das eigene Fürstenhaus ein enorm wichtiger Schritt.

Doch nun lassen wir die Cadolzburg hinter uns und radeln weiter über die Bibert ins zehn Kilometer entfernte Roßtal. Seine Bedeutung als der „allerwichtigste Ort in beiden Fürstentümern des Burggrafthums Nürnberg“ erlangte der Ort als Stätte der Hohen Gerichtsbarkeit. Das schlichte barocke Amtsrichterhaus von 1702 hinter dem Wehrfriedhof verrät nicht, dass hier von 1328 bis 1797 über Leben und Tod entschieden wurde. Zum Beweis präsentiert das Heimatmuseum das Skelett einer enthaupteten Frau.

Um den Ortskern zu erreichen, heißt es auch hier, den Bergsporn zu erklimmen. Wo einst eine der größten Burgen des frühen Mittelalters stand, säumen heute schmucke Fachwerkbauten den Oberen Markt. Ein Archäologischer Rundweg beschreibt die seit den 1960er Jahren gemachten Ausgrabungen der Burganlage von über 5,2 Hektar. 

Hinter dem Torhaus in der wehrhaften Kirchhofmauer ragt die Laurentiuskirche empor, deren Umbau zur Kirchenburg Kurfürstengattin Elisabeth veranlasst hatte. Porträtkopf wie Wappen der schönen Else schmücken dezent die Südseite des Turmes, während innen auch das Hohenzollernwappen zu finden ist.

Hier in „Röschdl“, wie die Franken den Ort nennen, ist der Radtourist merklich in der fränkischen Provinz angekommen. Der „urfränkische“ Gasthof Weißes Lamm gleich am Markt liefert entsprechende Hausmannskost wie Fränkische Schlachtschüssel. Das gibt Kraft für die kommende Etappe auf dem Hohenzol­lernradweg.