20.04.2024

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Folge 18-21 vom 07. Mai 2021 / Unternehmen merkur / Eine der ersten großen Luftlandeoperationen / Im Rahmen der Kämpfe um Kreta vor 80 Jahren wurden deutsche Soldaten von griechischen Freischärlern angegriffen sowie von kretischen Zivilisten, auch von Frauen, massakriert und verstümmelt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-21 vom 07. Mai 2021

Unternehmen merkur
Eine der ersten großen Luftlandeoperationen
Im Rahmen der Kämpfe um Kreta vor 80 Jahren wurden deutsche Soldaten von griechischen Freischärlern angegriffen sowie von kretischen Zivilisten, auch von Frauen, massakriert und verstümmelt
Wolfgang Kaufmann

Wer die griechische Insel Kreta kontrolliert, verfügt über einen unsinkbaren Flugzeugträger im östlichen Mittelmeerraum. Im Zweiten Weltkrieg hatte Kreta darüber hinaus eine besondere strategische Bedeutung. Von dort aus konnte man den Nachschubverkehr für das Deutsche Afrikakorps (DAK) attackieren, und die Bombardierung der rumänischen Erdölfelder bei Ploiești, von denen die Wehrmacht erhebliche Treibstoffmengen bezog, lag ebenfalls im Bereich des Möglichen. Andererseits erlaubte die Stationierung von Flugzeugen auf Kreta gleichermaßen Angriffe auf britische Konvois während ihrer Fahrt von Indien nach Großbritannien auf der Suezkanal-Route. Aus diesem Grunde strebten sowohl Adolf Hitler als auch Winston Churchill danach, die Insel am Südrand der Ägäis zu besetzen.

Die Briten waren schneller. Am 1. November 1940, nur vier Tage nach dem Einmarsch der Achsenmacht Italien in Griechenland und einem Hilferuf Athens an London, kamen die ersten Vorauskommandos des Empire nach Kreta. Bis zum Februar des Folgejahres entstanden dann drei Flugplätze für die Royal Air Force (RAF) in Maleme, Rethymno und Iraklio. 

Nach der Totalniederlage der griechischen Armee gegen die später ebenfalls einrückende Wehrmacht im April 1941 mussten die im Vormonat angelandeten britisch-australisch-neuseeländischen Expeditionsstreitkräfte Attika und den Peloponnes wieder räumen, wobei ein Teil davon nach Kreta verlegt wurde. Das Kommando über die schließlich 32.300 Mann starke „Creforce“, der rund 11.500 reguläre griechische Soldaten und Gendarmen zur Seite standen, erhielt Generalmajor Bernard Cyril Freyberg.

Die Briten waren schneller

Währenddessen legte der Befehlshaber der Luftflotte 4, General der Flieger Alexander Löhr, einen Plan zur Besetzung Kretas durch Luftlandetruppen vor. Dieser wurde am 21. April 1941 von Hitler gebilligt. Dem folgte vier Tage später die Führerweisung „Nr. 28 für die Kriegführung (Unternehmen Merkur)“. Vorgesehen waren Luftlandungen im Bereich der drei RAF-Flugfelder sowie der Inselhauptstadt Chania, wo neben Freybergs Führungsstab auch die Regierung und der König Griechenlands ihren Sitz genommen hatten. 

Zunächst sollten Fallschirmjäger die Pisten im Handstreich einnehmen. Anschließend war geplant, weitere Luftlande­verbände und Gebirgsjäger mit Transportflugzeugen nach Kreta zu bringen. 

Insgesamt standen für das Unternehmen Merkur das XI. Fliegerkorps der Luftflotte 4 unter dem General der Flieger Kurt Student, zu dem die 7. Flieger-Division und das Luftlande-Sturm-Regiment 1 mit insgesamt 15.000 Fallschirmjägern gehörten, das VIII. Fliegerkorps der Luftflotte 4 mit 690 Bombern und Jagdflugzeugen, 14.000 Gebirgsjäger der 5. und 6. Gebirgs-Division der 12. Armee sowie drei Kampfgeschwader zur besonderen Verwendung mit 533 Transportmaschinen vom Typ Junkers Ju 52 („Tante Ju“) und 70 Lastenseglern DFS 230 zur Verfügung.

Löhrs Plan hatte mehrere Schwächen. So beruhte er auf Fehleinschätzungen der Abwehr, denen zufolge auf Kreta maximal 15.000 Mann Commonwealth-Truppen stünden und die griechische Zivilbevölkerung sehr deutschfreundlich sei. Darüber hinaus fehlte jedwedes Überraschungsmoment, weil der Gegner in der Lage war, die mit der Schlüsselmaschine Enigma codierten Funksprüche mitzulesen, und sich daher gezielt vorbereiten konnte. 

Dennoch siegten die deutschen Luftlandeverbände schließlich. Das lag daran, dass Freyberg keine Erlaubnis erhielt, die Pisten in Maleme, Rethymno und Irakli unbrauchbar zu machen, um die Landung der feindlichen Transportmaschinen zu verhindern. Dadurch konnte vor allem der Brückenkopf von Maleme ausgebaut werden, womit die militärische Entscheidung im Kampf um Kreta fiel.

Bis zum 1. Juni 1941 evakuierte die britische Marine knapp 17.000 alliierte Soldaten. Der Rest geriet in Kriegsgefangenschaft oder fiel. Die Zahl der Toten und Vermissten bezifferte London später mit 3579. Alleine schon infolge der Versenkung von drei Kreuzern und sechs Zerstörern durch Bomber der Luftwaffe starben 2011 Seeleute der Royal Navy. Dazu verloren auch 544 griechische Soldaten ihr Leben.

Löhrs Plan hatte diverse Schwächen 

Auf der deutschen Seite soll es 3744 Tote und Vermisste gegeben haben, darunter auch drei blutjunge Nachkommen des legendären preußischen Marschalls Gebhard Leberecht von Blücher. Darüber hinaus zerstörten die Verteidiger der Insel 284 Transport- und Kampfflugzeuge der Luftwaffe. 

Etliche Fallschirm- und Gebirgsjäger der Wehrmacht fielen indes nicht in regulären Gefechten, sondern im Feuer griechischer Freischärler, die teilweise verbotene Munition benutzten. Und manche der deutschen Soldaten wurden von kretischen Zivilisten, darunter auch Frauen, massakriert und verstümmelt, nachdem sie verwundet in deren Hände geraten waren oder sich ergeben hatten. Ermittler der Wehrmacht-Untersuchungsstelle für Verletzungen des Völkerrechts (WUSt) nahmen später zahlreiche Zeugenaussagen auf mit Schilderungen von abgetrennten Körperteilen, ausgestochenen Augen und durchgeschnittenen Kehlen. Übergriffe solcher Art ereigneten sich unter anderem in Castelli Kisano, Moussoura, Prasses, Kandanos und Kondomari. Hieraus resultierte ein Befehl von Student vom 31. Mai 1941, unverzüglich Vergeltung zu üben: „Bei der ganzen Sachlage ist dies Sache der Truppe und nicht von ordentlichen Gerichten. Sie kommen für Bestien und Mörder nicht in Frage.“ 

Nach unterschiedlichen Quellenangaben wurden infolgedessen zwischen 500 und 2000 kretische Zivilisten exekutiert und drakonische Strafmaßnahmen gegen einige Ortschaften auf der Insel verhängt. Sie gelten im heutigen Griechenland als „Märtyrerdörfer“.