29.03.2024

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Folge 18-21 vom 07. Mai 2021 / Gedenktag / „Wider den undeutschen Geist“ / Zum „Tag des freien Buches“ am 10. Mai – Kultureinrichtungen halten Erinnerung an die Bücherverbrennung vor 88 Jahren hoch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-21 vom 07. Mai 2021

Gedenktag
„Wider den undeutschen Geist“
Zum „Tag des freien Buches“ am 10. Mai – Kultureinrichtungen halten Erinnerung an die Bücherverbrennung vor 88 Jahren hoch
Wolfgang Dahle

In den Abendstunden des 10. Mai 1933 leuchteten brennende Scheiterhaufen auf zentralen Plätzen in deutschen Universitätsstädten auf. Ein Vierteljahr nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten schleuderten Studenten in Uniform, wie in Berlin, die Werke hunderter deutscher und auch ausländischer Autoren in die Flammen. An dieses beschämende Ereignis soll mit einem Tag des freien Buches wie jedes Jahr erinnert werden.

Auch in Rostock, wo damals ein Scheiterhaufen mit Werken von der „Schwarzen Liste“ in der Innenstadt brannte, hat man die Erinnerung wachgehalten, wie vor einigen Jahren mit einem literarisch-musikalischen Abend, der vom Literaturrat in Mecklenburg-Vorpommern koordiniert und von vielen Kultureinrichtungen unterstützt wurde. Angelika Bruhn vom BS-Verlag ergriff die Initiative zu diesem Tag des freien Buches, um dem Vergessen entgegenzuwirken. 

In einem Offenen Brief der Autoren des Verlages riefen diese zum Gedenken auf, um an die verfemten Schriftsteller zu erinnern, die damals außer Landes gehen mussten und teilweise, wie Kurt Tucholsky, Walter Benjamin oder Ernst Toller, den Freitod im Ausland wählten. Der BS-Verlag hat vor Jahren daher in einer Reihe „Das verbrannte Buch“ 13 Titel neu herausgebracht, die 1933 auf der Liste des unerwünschten und schädlichen Schrifttums der Nationalsozalisten standen.

Dem Vergessen entgegenwirken 

Auch der Buchhandel hatte sich damals dem Pogrom offiziell angeschlossen und sich in einem Sonderabdruck im „Börsenblatt für den deutschen Buchhandel“ am 13. Mai 1933 mit der Reichsleitung des „Kampfbundes für deutsche Kultur“ solidarisch erklärt. Er sah es für das deutsche Ansehen als schädlich an, wenn Werke von zwölf Schriftstellern, darunter Lion Feuchtwanger, Egon Erwin Kisch, Heinrich Mann, Kurt Tucholsky und Arnold Zweig, weiter verbreitet würden. Viele Berufskollegen und Politiker mussten damals ihr antinationalsozialistisches Handeln mit dem Leben bezahlen.

Bereits am 6. April 1933 erhielt die organisierte Deutsche Studentenschaft vom Hauptamt für Presse und Propaganda in Berlin in Rundschreiben Anweisungen, wie diese Aktion „Wider den undeutschen Geist“ durchzuführen sei. Die Verbrennungsaktion am 10. Mai auf dem Greifswalder Markt wurde von der Studentenschaft als „wegweisend“ im Sinne einer Revolution verstanden. Einen Bericht über die Bücherverbrennung auf dem Marktplatz konnte man am 11. Mai 1933 in der „Greifswalder Zeitung“ nachlesen, in dem es unter anderem hieß: „... um Zeuge zu sein von der Verbrennung der kommunistischen und marxistischen Symbole und volkszersetzenden Schriften und Bücher“. 

Die Rostocker Aktion wurde an dem Tage vom „Rostocker Anzeiger“ angekündigt. Bereits am 5. Mai wurde vor dem Universitätsgebäude ein sogenannter „Schandpfahl“ mit einigen missliebigen Schriften errichtet. Diese Bücher wurden von besonders eifrigen Gruppen bei Durchsuchungen in Büchereien Rostocks konfisziert.

Als eines der ersten Dokumente zum Schicksal der „Verfemten“ und Exilierten erschien 1947 im Helmut Kindler Verlag die Schrift „Verboten und verbrannt. Deutsche Literatur – zwölf Jahre unterdrückt“, herausgegeben von Richard Drews und Alfred Kantorowicz mit einem umfangreichen Namensverzeichnis. Zum ersten Jahrestag der Bücherverbrennung gründete Kantorowicz in Paris die „Deutsche Freiheitsbibliothek“, die damals bereits über 11.000 Bände verfügte.

Viele Beiträge erschienen seither zum Thema „Verbrannte Bücher“, und bekannte Autoren und Wissenschaftler wie Walter Jens, Willi Bredel oder Anna Seghers haben sich nach 1945 zu Wort gemeldet und zu dieser Schandtat Stellung bezogen. Der Publizist Ernst Niekisch äußerte sich in seiner Schrift über die NS-Ideologie „Das Reich der niederen Dämonen“ in den 1950er Jahren dazu wie folgt: „Es wurde ein Index von Büchern aufgestellt, der umfangreicher, kleinlicher, heimtückischer war als der der katholischen Kirche, in den aber nur Eingeweihte und Auserwählte Einblick nehmen durften.“

Das Schicksal der nach 1933 im Exil lebenden Autoren und Künstler hat in den 1970/80er Jahren der Leipziger Reclam-Verlag in einer siebenbändigen Reihe „Kunst und Literatur im antifaschistischen Exil 1933–1945“ in einem Autorenkollektiv unter Leitung von Werner Mittenzwei herausgegeben. Eine umfassende Darstellung zu den Vorgängen, die am 10. Mai 1933 ihren Anfang nahmen, bildet unter anderem die Schrift aus dem Par­thas-Verlag Berlin „Wider den undeutschen Geist!“ von Werner Treß, der die studentischen und nichtstudentischen Bücherverbrennungen in deutschen Universitätsstädten schildert.