19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 18-21 vom 07. Mai 2021 / Der Wochenrückblick / Rein in die Schablone! / Wie Merkel sich plötzlich nicht mehr durchsetzt, und warum wir keine Zweideutigkeit mehr dulden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-21 vom 07. Mai 2021

Der Wochenrückblick
Rein in die Schablone!
Wie Merkel sich plötzlich nicht mehr durchsetzt, und warum wir keine Zweideutigkeit mehr dulden
Hans Heckel

Jedenfalls kann man ihr nicht vorwerfen, dass sie es nicht versucht hätte. Auf dem „Impfgipfel“ zündete Kanzlerin Merkel noch einmal eine Rakete, um den ewigen Lockdown zu retten. Dass sie damit nicht durchkam, ist tragisch für die scheidende Regierungschefin und nährt unsere Befürchtung, dass ihre Macht bereits schwindet.

Dabei war die Idee genial, die sie gleich mit einer griffigen Vokabel krönte: „Grundinzidenz“. Die Rechnung, welche Merkel ihren offenbar etwas verdutzten Konferenzpartnern präsentierte, sieht so aus: Wenn immer mehr Menschen geimpft seien, verliere der Inzidenzwert an Aussagekraft. Er müsse daher neu berechnet werden und nur noch die Ungeimpften berücksichtigen.

Es ist nicht so kompliziert, wie es klingt: Wenn 50 Prozent voll geimpft sind und die anderen 50 Prozent noch nicht, dann bedeutet eine Inzidenz von 100 laut Merkel in Wahrheit eine Inzidenz von 200. Denn da die eine Hälfte des Volkes so gut wie kein COVID mehr bekommen könne, spiegele nur das Geschehen in der anderen Hälfte die wahre Lage wider. 

Da kämen wir nie wieder raus

Ahnen Sie die wunderbare Chance, die sich aus diesem statistischen Zauberkunststück schöpfen lässt? Je mehr geimpft sind, desto weniger Positivtests würden reichen, um die Inzidenz in die Höhe zu treiben. Um zu sehen, wie weit das gehen kann, müssen wir das Merkel-Konstrukt nur bis zum äußersten Ende fertigrechnen. Theoretisch würde das nämlich bedeuten: Wenn 99,9 Prozent der Deutschen geimpft wären, reichte schon ein einziger positiver PCR-Test bei den ungeimpften 0,1 Prozent des Volkes pro 100.000, um eine Inzidenz von 1000 zu ernten. 

Dieser eine Positivtest lässt sich immer finden. Aus dem ewigen Lockdown kämen die Deutschen nie wieder heraus. Das hieße für die Regierenden: Keine unangenehmen Demos mehr, die man nicht sofort auflösen lassen könnte, kein Straßenwahlkampf, den vor allem die Parteien bitter nötig haben, welche von den großen Medien nicht gemocht werden. Und es bliebe die dauerhafte Möglichkeit, irgendwas einzuschränken. Zudem: Seit der Verfassungsschutz auch Lockdown-Kritiker aufs Korn nimmt, hätte man jede Menge Möglichkeiten, um die Opposition platt zu machen. 

Ja, so hätte es kommen können. Aber leider ist Angela Merkel unserem Rat nicht gefolgt, noch einmal für das Kanzleramt zu kandidieren, weshalb man ihr nicht mehr folgen will und ihre Idee von der „Grundinzidenz“ laut Medien auf dem Impfgipfel durchgefallen ist. Der Epidemiologe Klaus Stöhr ließ sogar frech verlauten, dass die merkelsche Formel „die Lage verfälschen und das Infektionsrisiko überhöhen“ würde. 

Dieter Brüggemann hat „Bekannte“!

Wie bitte? „Überhöhen“? „Verfälschen“?? Welche Absichten will der Epidemiologe unserer Kanzlerin denn da unterstellen? Oder meint er etwa, Merkel wisse nicht, was sie mit ihrer „Grundinzidenz“ losgetreten hätte? Nach bald 16 Jahren Kanzlerschaft können wir wohl sicher sein, dass sie genau wusste, was sie tat. Es bleibt also kein anderer Schluss als derjenige, dass Stöhr unsere Regierungschefin verdächtigt, mit künstlich aufgeblasenen Zahlen Politik machen zu wollen. Nachdem der Verfassungsschutz endlich die Lockdown-Kritiker unter die Lupe nimmt, sollten sich die Agenten vielleicht auch mal mit dem Herrn Stöhr beschäftigen. 

Wenn die das nicht machen, macht das aber auch nichts. Unser Land ist voll von Laienspitzeln, die sich mit Hingabe auf die Ausspähung und Denunziation aller verdächtigen Elemente stürzen. Dabei lässt die Lockdown-kritische Künstler-Aktion „Allesdichtmachen“ die Aufpasser der Republik immer noch nicht ruhen. Nachdem man seinem Abscheu über die Abweichler Luft gemacht und ein Drittel der Komplizen von „Allesdichtmachen“ klein beigegeben hat, folgt die eingehende Untersuchung der Hintergründe. „Wer steckt hinter Allesdichtmachen?“, wollte eine Berliner Tageszeitung wissen, und fand Erschreckendes heraus.

So liege der „Verdacht nahe“, dass der Initiator, der Regisseur Dietrich Brüggemann, „im erweiterten Bekanntenkreis Mitstreiter:innen rekrutiert“ habe. 14 Beteiligte hätten „in der Vergangenheit mit Brüggemann gearbeitet“. Na, das sagt doch wohl alles, nämlich ... nun ja, dass er Leute angerufen hat, die er kannte. Macht das irgendjemand anders, wenn er eine Aktion plant? Egal, in diesem Falle ist es offensichtlich ein Skandal, wenn man der Zeitung aus der Hauptstadt glaubt. 

Brüggemann sei schließlich sowieso verdächtig. In seiner Neonazi-Komödie „Heil!“ habe er sich über alle lustig gemacht: Neonazis, Antifa, Behörden und Medien. Am Ende habe man gar nicht mehr so recht zwischen „Wahr und Falsch“ unterscheiden können. Und womit hat der Regisseur das Durcheinander gerechtfertigt? Er habe „das Narrativ umstoßen“ und „verengte Diskursräume sprengen wollen“, behauptete Brüggemann.

Früher galt das mal als fortschrittlich und eigentlich links: Da sprachen Regisseure und andere Künstlern davon, mit ihrem Werk die „Sehgewohnheiten verstören“ oder „alte Denkschablonen aufbrechen“ zu wollen, und das ganze progressive Deutschland war begeistert. Das gilt jetzt aber nicht mehr, und Brüggemann hat das entweder nicht mitbekommen, oder er hält sich absichtlich nicht an die neue Richtlinie.

Vor dem Applaus nach links rücken

Heute müssen „Wahr und Falsch“ wieder glasklar von einander getrennt, die linken Sehgewohnheiten ohne die geringste satirische Störung bedient und die grünroten Denkschablonen bestätigt und betoniert werden. Da macht einen schon die kleinste Zweideutigkeit verdächtig, und zwar mit gutem Grund: Denn die Räume, die frei würden durch das Sprengen von „verengten Diskursräumen“, die würden von „rechts“ genutzt, lernen wir in besagter Zeitung. Deshalb müssen Diskursräume eng bleiben. Und am besten immer enger werden, bis nur noch „Ja“ und „nein“ bleiben, egal, worum es geht.

Doch selbst, wer das alles beachtet hat, ist nicht außer Gefahr, bestraft zu werden. Da gibt es ja immer noch den „Beifall von der falschen Seite“, der selbst dem Stromlinienförmigsten das Genick brechen kann. Ein Theatermacher hat süffisant angekündigt, er werde sein Publikum nach der Wiedereröffnung der Bühne bitten, vor dem Applaudieren im Theatersaal ganz nach links zu rücken – damit der Beifall garantiert von der richtigen Seite komme. Sonst drohen ihm schließlich Schwierigkeiten.

Na, dann wollen wir mal hoffen, dass die Abstandsregeln bald aufgehoben werden. Sonst könnte das mit dem Zusammenrücken am linken Rand des Hauses riskant werden. Es sei denn, die Intendanten halten sich strickt an das neue politische Schablonengebot. Dann wird immer genug Platz im Zuschauerbereich bleiben.