20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 19-21 vom 14. Mai 2021 / Erster Weltkrieg / Bei Kriegsausbruch fast wehrlos / Als die Russen 1914 in Ostpreußen einmarschierten, standen dort kaum deutsche Truppen zur Verteidigung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-21 vom 14. Mai 2021

Erster Weltkrieg
Bei Kriegsausbruch fast wehrlos
Als die Russen 1914 in Ostpreußen einmarschierten, standen dort kaum deutsche Truppen zur Verteidigung
Wolfgang Kaufmann

Als Russland nach dem Attentat von Sarajevo zur Generalmobilmachung schritt und am 28. Juli 1914 dem deutschen Bündnispartner Österreich-Ungarn den Krieg erklärte, erklärte Kaiser Wilhelm II. dem Zarenreich am 1. August den Krieg. Und das, obwohl zu dieser Zeit nur ein einziger militärischer Großverband Deutschlands, nämlich die 8. Armee unter Generaloberst Maximilian von Prittwitz und Gaffron, zur Verteidigung Ostpreußens bereitstand und sich dabei einer feindlichen Übermacht ausgesetzt sah. 

Die russische Nordwestfront mit der 1. und 2. Armee verfügte über 420.000 Mann und 1428 Geschütze, während die 8. Armee nur auf 220.000 Mann und 1194 Geschütze kam. Die zaristischen Truppen rückten auch bereits am 2. August vor – lange, bevor man deutscherseits Verstärkungen heranzuführen vermochte. Daraus entstanden erste Gefechte bei Prostken, Soldau und Bialla, welche eine massive Fluchtbewegung der Zivilbevölkerung auslösten, die bis Monatsende immer größere Ausmaße annahm.

Die Wende von Tannenberg

Am 17. August 1914 startete die 1. russische Armee unter dem Kavalleriegeneral Paul Georg Edler von Rennenkampff dann ihre erste Großoffensive, der sich die 2. Armee des Zaren unter General Alexander Samsonow am 19. August anschloss. Ziel war die Einkesselung und Vernichtung der 8. Armee. Hieraus resultierte die Schlacht bei Gumbinnen, die am 20. August mit einem deutschen Rückzug nach Westen endete. Währenddessen bezweifelte von Prittwitz gegenüber der Obersten Heeresleitung, dass die geplante Verteidigungslinie entlang der Weichsel gehalten werden könne. Daraufhin wurden er und sein Stabschef Generalmajor Georg von Waldersee am 22. August abgelöst und durch den General der Infanterie Paul von Hindenburg sowie Generalmajor Erich Ludendorff ersetzt.

Dieses Duo führte die 8. Armee nun in den Kampf gegen die Russen, welche die Absicht verfolgten, ihrem Gegner in den Rücken zu fallen. Hierzu teilten sich die Verbände des Zaren auf, was Hindenburg geschickt ausnutzte: Zuerst schlug er bis zum 30. August die 2. Armee unter Samsonow in der Schlacht bei Tannenberg südlich von Allenstein und im Anschluss daran bis zum 14. September in der Schlacht an den Masurischen Seen dann auch noch Rennenkampffs 1. Armee sowie die zusätzlich aufmarschierte 10. russische Armee unter General Wassili Pflug. Dadurch war die zaristische Offensive in Ostpreußen zunächst gescheitert, allerdings standen nach wie vor feindliche Truppen in der Provinz. Aus diesem Grunde wurden nochmals 350.000 deutsche Zivilisten evakuiert, weil weitere Kampfhandlungen drohten.

Gefahr Ende 1914 nicht gebannt

Und tatsächlich drangen die Russen schon Mitte November wieder nach Westen vor, kamen aber nur bis zu den Masurischen Seen. Daraufhin entwickelte sich eine Art Stellungskrieg. Die Frontlinie reichte dabei Ende 1914/Anfang 1915 vom Kurischen Haff über den Raum östlich von Tilsit, Gumbinnen, Lötzen und Johannisburg von Nord nach Süd durch ganz Ostpreußen. Doch damit nicht genug: Der neue Oberbefehlshaber der zaristischen Nordwestfront, General der Infanterie Nikolai Russki, plante mit seiner 10. und der in Aufstellung befindlichen 12. Armee einen Doppelschlag gegen Königsberg. 

Um diesem zuvorzukommen und der Bedrohung Ostpreußens endlich auf dauerhafte Weise zu begegnen, drängte Hindenburgs Stratege Ludendorff auf Umfassungsmanöver zur alsbaldigen Eliminierung der 10. russischen Armee, die nun unter dem Kommando des Deutsch-Balten Thadeus von Sievers stand. Die Oberste Heeresleitung, welche eigentlich alle verfügbaren Kräfte für die Westfront aufsparen wollte, gab dem Insistieren Ludendorffs schließlich widerstrebend nach.

Der Angriff begann am 7. Februar 1915 und führte zur Winterschlacht in Masuren, die bis zum 22. Februar andauerte. In deren Verlauf nahmen die 8. deutsche Armee unter General der Infanterie Otto von Below und die neu formierte 10. deutsche Armee unter Generaloberst Hermann von Eichhorn die 10. russische Armee in die Zange. Diese zog sich daraufhin unter schweren Verlusten nach Osten zurück, während das deutsche Heer 150 Kilometer weit nachrückte. 

Bis Ende März ganze Provinz befreit

Dadurch konnte Ostpreußen nun durch einen Puffer aus besetzten russischen Gebieten vor erneuten Angriffen bewahrt werden. Nur im Raum Memel-Tauroggen gelangen den zaristischen Truppen ab dem 18. März nochmals kurze Gegenangriffe. Das änderte jedoch nichts mehr an der militärischen Gesamtsituation. Und am 29. März 1915 war dann schließlich auch das Memelgebiet komplett zurückerobert und Ostpreußen somit vollständig befreit. Damit endete die russische Besetzung von streckenweise mehr als zwei Dritteln der deutschen Provinz.

Durch die Kampfhandlungen und Übergriffe des zaristischen Heeres wurden 39 Städte und rund 1900 Dörfer in Ostpreußen zu mehr als 50 Prozent zerstört, wodurch etwa 100.000 Deutsche ihre gesamte Habe verloren. Die materiellen Verluste beliefen sich dabei auf 1,5 Milliarden Goldmark. Außerdem kamen 1491 Zivilisten infolge des russischen Einfalls ums Leben – 65 davon erschossen die Eindringlinge Ende August 1914 beim Massaker von Abschwangen bei Preußisch Eylau.