16.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 19-21 vom 14. Mai 2021 / Alles Käse Karriere / Der Rügener Badejunge ist eigentlich ein Stolper Jungchen / Nach wie vor beliebt – Geschmack der Heimat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-21 vom 14. Mai 2021

Alles Käse Karriere
Der Rügener Badejunge ist eigentlich ein Stolper Jungchen
Nach wie vor beliebt – Geschmack der Heimat
Brigitte Stramm

Nicht nur allen Pommern wohlbekannt war der Camembert „Stolper Jungchen“. Seit 1921 produzierte der Süddeutsche Heinrich Reimund in Stolp diesen Weichkäse und trat damit erfolgreich der irrigen Ansicht entgegen, dass sich die Milch der norddeutschen Kühe dazu nicht eignen würde. Auf zahlreichen in- und ausländischen Ausstellungen ist die hervorragende Güte der Stolper Molkerei-Erzeugnisse mit ersten Preisen ehrend anerkannt worden. Auch das Leistungsabzeichen für vorbildliche Berufserziehung war im Besitze des Betriebes. 

Zahlreiche Preise

Das Einzugsgebiet der Molkerei erstreckte sich über die Kreise Stolp, Rummelsburg, Bütow und Karthaus. In Klein-Gluschen, Hebrondamnitz, Sellin und Wundichow befanden sich Filial-Molkereien. In der Reichshauptstadt wurde eine eigene Verteilungsstelle unterhalten. 

Rund 200 Mitarbeiter sorgten täglich für die Herstellung der Molkerei-Erzeugnisse und trugen damit zu dem guten Ruf des Produktes bei. Damals wanderte sogar eine große Anzahl besonders hergestellter „Stolper-Jungchen“ in den Export und wurde weltweit versandt. 1928 sollen zirka 4,4 Millionen Stück produziert worden sein.

1945 endete die Produktion in Stolp, die Russen demontierten die Molkerei. Natürlich wurde versucht, dieses bekannte Markenprodukt, dem sogar ein Gedicht gewidmet worden war, wieder auf den Markt zu bringen. In Berlin-Moabit gab es die Molkerei-Genossenschaft Stolp e.G.m.b.H. Die Milch kam, wie man auf der Verpackung lesen konnte, aus Niedersachsen.  In den Pommernbriefen aus der Zeit kann man die Anzeigen sehen. In West-Deutschland war zumindest bis in die 1970-er Jahre hinein unter dieser Firmenbezeichnung der Käse erhältlich. Weitere Produktionsstätten waren auch in Lauenau und Bayern. Bis 1998 lag das Markenrecht bei einem Allgäuer Camembert-Werk, dann übernahm der damalige Stolper Heimatkreisvorsitzende das Patent.

Produktion in Ost und West

Der Rügener Badejunge wurde ebenfalls nach dem Stolper Originalrezept hergestellt, dieses hatte der Käsemeister Karl Wilhelm nach Bergen auf Rügen mitgebracht. Aus markenrechtlichen Gründen war es allerdings nicht möglich, den historischen Namen beizubehalten, denn die Lizenz befand sich bei der Molkerei-Genossenschaft Stolp. Jetzt wurde der „Rügener Badejunge“ geboren.

Für Aufregung sorgte noch die Verpackung des Badejungen. Das Markenlogo auf der Verpackung war ein Junge in roter Badehose mit einem Segelschiff unter dem Arm, im Hintergrund der Rügener Kreidefelsen. Ab Ende der 1960er oder Anfang der 1970er Jahre war der Junge unbekleidet. Das provozierte Experten zu Protesten. Sie wollten ,,einen nackten Buben“ auf der Käseschachtel aus hygienischen Gründen nicht akzeptieren. Doch schließlich setzte sich auch in der Käseindustrie die damalige FKK-Bewegung der DDR durch. Nach der Wiedervereinigung wurde der Badejunge dann allerdings wieder in Badehose dargestellt. Mittlerweile nimmt er den kleinsten Teil auf der Verpackung ein.

Auch im heutigen Stolp [Słupsk] wurde kurzzeitig das Original „Stolper Jungchen“ – Słupski Chłopczyk” wieder hergestellt. Die Stadt Slupsk hatte die Rechte an der Marke 2007 erworben und an die Besitzerin der kleinen Molkerei in Zielin, früher Sellin, zwischen Stolp und Rummelsburg, weitergegeben. Die deutschen Besucher kauften natürlich mit großer Begeisterung den Käse in ihrer Heimat, auch erzielte die Molkerei 2010 einen Preis. Doch das Interesse war insgesamt zu gering, 2013 wurde die Produktion eingestellt, die Molkerei wurde insolvent und ab 2014 lief auch die Lizenz für die Käseherstellung aus.

Doch den „Rügener Badejungen“ gibt es gottseidank noch, der wird allerdings auch nicht mehr auf Rügen hergestellt, sondern in Thüringen. 

So hat das „Stolper Jungchen“, genau wie viele Stolper, eine umfangreiche Reise hinter sich. Denken Sie bitte an Stolp und Pommern, wenn Sie das nächste Mal den Badejungen kaufen.

Danke schön Herrn Lothar Pigorsch und dem Heimatkreis Stolp

Info der Heimatkreis Stolp hat eine interessante Heimatstube mit Archiv.

Internet: www.stolp.de