27.04.2024

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Folge 20-21 vom 21. Mai 2021 / Nachruf / „Urgestein“ der „Bonner Republik“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-21 vom 21. Mai 2021

Nachruf
„Urgestein“ der „Bonner Republik“
Erik Lommatzsch

Dass ein Spitzenbeamter, zudem noch ein gelernter Diplomat, die gebotene Zurückhaltung aufgibt und dem Staatsoberhaupt öffentlich widerspricht, dürfte äußerst selten geschehen. Karl-Günther von Hase hat es getan, im Jahr 1969. Er war Staatssekretär im Verteidigungsministerium und bezog Stellung gegen den gerade zum Bundespräsidenten gewählten Gustav Heinemann (SPD), der in einer Rede die Bundeswehr herabgewürdigt hatte. Diese wurde durch Hase in Schutz genommen, er hatte sich darüber hinaus aber wohl auch als ehemaliger Berufsoffizier, der im Zweiten Weltkrieg im Einsatz war, angesprochen gefühlt.

Geboren am 15. Dezember 1917 im niederschlesischen Wangern, war er in Berlin aufgewachsen. Nach der Rückkehr aus fast fünfjähriger sowjetischer Gefangenschaft und entsprechender Ausbildung trat Hase in den Dienst des Auswärtigen Amtes. Er wirkte als Gesandtschaftsrat in Kanada und in der Zentrale am Rhein. 1962 wurde er Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, verbunden mit der Ernennung zum Staatssekretär. Damit war Hase der letzte Regierungssprecher Adenauers. Unter Erhard und zunächst auch unter Kiesinger verblieb er in dieser Position, bis er 1967 zum Intendanten der Deutschen Welle gewählt wurde. Dies sollte ein kurzes Intermezzo bleiben, er wechselte bald auf die Hardthöhe. Zu seinen „diplomatischen Wurzeln“ kehrte er noch einmal zurück, als er von 1970 bis 1977 die Bundesrepublik in London als Botschafter vertrat. Intendant wurde er dann auch noch einmal. Zum Abschluss seiner äußerst erfolgreichen beruflichen Laufbahn stand er bis 1982 dem ZDF vor. Hier galt er nach übereinstimmendem Urteil als ausgleichendend und vorausschauend, letzteres auch im Hinblick auf das entstehende, sich in Deutschland nach seiner Amtszeit etablierende duale Rundfunksystem. 

Erst im Ruhestand erfolgte die Bindung an eine Partei, 1989 trat er der CDU bei. Karl-Günther Hase ist am 9. Mai 2021 im 104. Lebensjahr gestorben. Zweifelsfrei zählt er zum „Urgestein“ der „Bonner Republik“.