27.04.2024

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Folge 21-21 vom 28. Mai 2021 / Stunde Null des deutschen Films / Vor 75 Jahren entstand in der Sowjetzone die Deutsche Film AG – In den Trümmern Berlins produzierte die DEFA ihre ersten Filme

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-21 vom 28. Mai 2021

Stunde Null des deutschen Films
Vor 75 Jahren entstand in der Sowjetzone die Deutsche Film AG – In den Trümmern Berlins produzierte die DEFA ihre ersten Filme
Veit-Mario Thiede

In Potsdam-Babelsberg nahm vor 75 Jahren die Deutsche Film AG, die DEFA, als erste deutsche Filmproduktionsgesellschaft nach Ende des Zweiten Weltkriegs den Betrieb auf. Am 17. Mai 1946 erhielt eine Gruppe von Künstlern, unter ihnen Kurt Maetzig und Hans Klering, von der damaligen sowjetischen Militärverwaltung die Lizenz, in den Ateliers, die vorher im Besitz der UfA gewesen waren, erstmals Filme im Nachkriegsdeutschland zu produzieren. 

Das wurde schon am 18. August 1945 mit einem Befehl Nr. 29 der politischen Abteilung der Sowjetische Militäradministration zur Zulassung in- und ausländischer Filme auf dem Gebiet der Sowjetische Besatzungszone bekräftigt. Bereits am 14. Juni wurde in Berlin-Köpenick unter Leitung der Besatzungsmacht eine Aktiengesellschaft für Filmfabrikation gegründet. Die ersten Jahre war die DEFA noch ein deutsch-sowjetisches Unternehmen, in dem die Sowjets tonangebend waren. Am 28. Mai 1945, kurz nach Ende der Kampfhandlungen, soll der nur 19 Tage später bei einem Motorradunfall ums Leben gekommene sowjetische Stadtkommandant von Berlin, Generaloberst Nikolai Bersarin, die Erlaubnis erteilt haben, Theater und Kinos wieder zu eröffnen.

Die erste Produktion war der im Jahr 1946 fertiggestellte Streifen „Die Mörder sind unter uns“, in der Hauptrolle die damals erst 20-jährige Hildegard Knef. Sie stand bereits 1943 vor der Kamera, so in Helmut Käutners Film „Unter den Brücken“, und spielte nach Kriegsende auf Berliner Bühnen. Es war der erste einer Reihe von sogenannten Trümmerfilmen, die sich mit der NS-Vergangenheit auseinandersetzten und die im Hintergrund das Leben in den zerstörten Städten zeigten. Die Uraufführung fand am 15. Oktober 1946 nach vier Monaten Drehzeit unter der Regie von Wolfgang Staudte in der Deutschen Staatsoper statt, die damals ihr Domizil noch im Admiralspalast an der Friedrichstraße hatte. 

Es entstanden beeindruckende Filme in einer Zeit des Neubeginns, so auch der 1946 entstandene Streifen „Irgendwo in Berlin“, der zwischen den Trümmern spielte. Viele Millionen von Kinobesuchern sahen damals diese Filme, als es noch wenig kulturelle Alternativen gab und der Gang in die Kinos eine Abwechslung versprach. 

Die DEFA wurde bald eine der wichtigsten europäischen Produktionsstätten für abendfüllende Filme, während sich zur gleichen Zeit in West-Berlin verschiedene neue Ateliers, wie die in Spandau und Tempelhof, etablierten. Am 1. August 1950 wurde dann auch in Ost-Berlin die staatliche Filmverleih-Firma Progress gegründet, deren Aufgabe es war, alle Filme vorerst des Ostblocks, zu übernehmen und aufzuführen. In Babelsberg wurde für den filmischen Nachwuchs schon 1954 eine Filmhochschule eingerichtet; sie hatte verschiedene Bezeichnungen, bis sie 1984 den Ehrennamen „Konrad Wolf“ bekam und 2014 den Universitätsstatus erhielt. Auch der Filmpark Babelsberg ist seit vielen Jahren ein Anziehungspunkt für Film-Veranstaltungen.

Renaissance der Verbotsfilme

Die DEFA drehte an vielen Orten in der damaligen DDR, in Brandenburg, auch an der Ostsee und in Mecklenburg, bevor die Ära des Fernsehfilms begann. So entstand 1953 in Schwerin der erste farbige Kinderfilm „Die Störenfriede“ mit jugendlichen Darstellern als ein pädagogisches Lehrstück im Sinne der Pionierorganisation. Die Stadt bot mit ihrem unzerstörten Hintergrund eine ideale Kulisse für einen Film in der Mitte Deutschlands. Zur Premiere hatte aber Regisseur Wolfgang Schleif bereits die DDR verlassen. Im Rahmen der Schweriner Filmfestspiele 2015 wurde im „Capitol“ in Anwesenheit vom Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase, der heute hochbetagt in Berlin lebt, der Film erneut aufgeführt.

In den 1950er Jahren versuchte man auch einige in Westdeutschland lebende Schauspieler aus der UfA-Zeit für eigene Projekte zu gewinnen. Gescheitert ist auch der Versuch, gemeinsam mit den Westdeutschen Thomas Manns „Buddenbrooks“ zu verfilmen. Dafür entstanden über 700 Spielfilme zur Vergangenheit und Gegenwart mit einer politischen Agitation im Sinne der SED, aber auch unterhaltsame, zeitkritische Streifen, die in den späteren Jahren nach dem 11. Plenum des ZK der SED 1965 teilweise unter die staatliche Zensur fielen und in den Archiven verschwanden. So auch die 1966 gedrehten, nicht parteikonformen Filme „Spur der Steine“ mit Manfred Krug oder „Jahrgang 45“ mit dem Künstler A. R. Penck in einer Nebenrolle. 

Auf der West-Berliner „Berlinale“ war die DDR-Produktion bis 1989 neben Dokumentar- und Kinderfilmen mit 28 Spielfilmen vertreten. 1980 erhielt Renate Krössner für ihre Darstellung der „Solo Sunny“ (Regie: Konrad Wolf) dort den Silbernen Bären. Der langjährige Berlinale-Direktor Dieter Kosslick bemerkte 2010 in einem Rückblick: „Unmittelbar nach dem Mauerfall war es dann die Berlinale, der es als erste große internationale Kulturveranstaltung gelang, in West- und Ostberlin gleichermaßen präsent zu sein. Noch einmal spielte die DEFA eine herausragende Rolle. Ihre Verbotsfilme von 1965/66, die nun. doch noch das Licht der Leinwand erblickten, ermöglichten eine neue Sicht auf die Geschichte des Babelsberger Studios, das kritische Bewusstsein der DDR-Filmemacher.“

Die Märchenfilme der DEFA in Farbe, am Beginn mit „Das kalte Herz“ (1950), markierten einen vielversprechenden Weg mit weiteren ausgezeichneten Streifen, die auch im Ausland Anerkennung fanden und die gegenwärtig noch hin und wieder im Fernsehen gezeigt werden. Heute werden in Babelsberg Stücke für das Fernsehen produziert, wie die erfolgreiche Serie „Babylon Berlin“. Das Zeughaus-Kino am Museum für Deutsche Geschichte und das Filmmuseum am Potsdamer Platz sind Spielstätten, in denen ältere Filmwerke noch zu sehen sind.

Im Jubiläumsjahr werden nun einige Filme aus dieser Produktion, die nach 1989 in eine Stiftung überführt wurde, unter dem Titel „DEFA 75“ im Fernsehen gezeigt. Dabei sind erfolgreiche Schauspieler, Regisseure und Drehbuchautoren, welche diese Filme nachhaltig geprägt haben. Diese Filme erzählen Geschichten über die Wirklichkeit eines Staates, den es heute nicht mehr gibt.