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Folge 22-21 vom 04. Juni 2021 / Politik / Ein kleines Bundesland mit großer Bedeutung / Obwohl sich in Sachsen-Anhalt selbst kaum etwas ändern dürfte, setzt die Landtagswahl am Sonntag wichtige Trends für die Bundespolitik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-21 vom 04. Juni 2021

Politik
Ein kleines Bundesland mit großer Bedeutung
Obwohl sich in Sachsen-Anhalt selbst kaum etwas ändern dürfte, setzt die Landtagswahl am Sonntag wichtige Trends für die Bundespolitik
René Nehring

Unbedeutend waren Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt noch nie. 1994 ersann Ministerpräsident Reinhard Höpp-ner (SPD) hier das „Magdeburger Modell“, das die Tolerierung seiner Minderheitsregierung durch die PDS vorsah. 2002 war die Wahl Wolfgang Böhmers (CDU) ein Markstein auf dem Weg der Rückkehr seiner Partei an die Macht im Bund. Und 2016 bildete Reiner Haseloff in Magdeburg die erste „Kenia-Koalition“ aus CDU, SPD und Grünen. Auch sie ein Modell, das in anderen Ländern längst Nachahmung gefunden hat. 

Vor zwei Wochen sah es so aus, als ob Sachsen-Anhalt erneut eine politische Premiere erleben würde. In den Sonntagsfragen zur Landtagswahl zog die AfD erstmals an der CDU vorbei auf Platz 1. Zwar zeigten die letzten Umfragen wieder einen kleinen Vorsprung für die Union, doch wird immer deutlicher, dass sich im Osten der Republik die politischen Gewichte nachhaltig verschoben haben. Und obwohl im Land selbst kaum Änderungen zu erwarten sind, dürfte das Magdeburger Ergebnis von diesem Wochenende für die Bundespolitik wichtige Trends setzen.  

Für die CDU ist die Wahl der erste und zugleich letzte Test vor der Bundestagswahl nach der Nominierung Armin Laschets zum Kanzlerkandidaten der Union. Die aktuellen Umfragen sehen die Partei mit 29 Prozent genau dort, wo sie bereits bei der letzten Landtagswahl 2016 stand, was nach dem holprigen Wahlkampfstart und angesichts der vielen Pannen im Corona-Management schon als Erfolg gelten kann (mehr zur Lage der CDU auf Seite 3). 

Für die AfD unterstreicht die Tatsache, dass sie die Union in Umfragen zwischendurch überholen konnte (neben Sachsen-Anhalt war dies auch in Sachsen der Fall), den besonderen Status der mitteldeutschen Länder für die Partei. In absoluten Zahlen freilich holt die AfD im bevölkerungsreichen Westen noch immer weitaus mehr Stimmen als im Osten der Republik. Zudem ist die Partei in den Umfragen kaum stärker als bei der Landtagswahl 2016, als sie an der Elbe 24,3 Prozentpunkte einfahren konnte. Was zeigt, dass sie selbst in ihren erfolgreichsten Bastionen ihr Potential allmählich ausgeschöpft haben dürfte. 

Interessant ist auch, dass der Erfolg einem Landesverband gelingt, von dem man in den letzten Jahren kaum etwas gehört hat. Spitzenkandidat Oliver Kirchner, immerhin seit 2018 Fraktionsvorsitzender im Landtag, dürfte selbst politischen Beobachtern weitgehend unbekannt sein. Dass dennoch ein Viertel der Wähler das Kreuz bei der AfD setzen will, zeigt, dass die Partei ihre Erfolge noch immer vor allem der Schwäche der etablierten Parteien verdankt. 

Aufschlussreich wird auch das Ergebnis der Grünen sein, die in den Ostländern meist schlechter abschneiden als im Westen. Nach den letzten Umfragen lagen sie bei neun Prozent. Das ist zwar eine deutliche Steigerung gegenüber 2016, als sie mit 5,2 Prozentpunkten geradeso in den Landtag rutschten. Doch lagen die Grünen Ende April – also vor den Enthüllungen über die nicht gemeldeten Nebeneinkünfte ihrer Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock – sogar bei zwölf Prozent. Somit hätte die Öko-Partei in kürzester Zeit ein Viertel ihrer potentiellen Wählerstimmen verloren. Sollte der Trend aus dem Land auch im Bund greifen, wären die grünen Kanzlerträume schnell geplatzt. 

Die FDP stand zuletzt durchgehend bei acht Prozent, womit sie nicht nur sicher in den Landtag einziehen wird, sondern auch ein Faktor bei der Regierungsbildung sein dürfte. Sollte nach der Wahl etwa eine Jamaika-Koalition die Geschicke des Landes führen, könnte dies – wieder einmal – einen Trend für den Bund setzen. 

Spannend zu beobachten sein wird auch das Ergebnis der Linkspartei. Errangen die SED-Nachfolger 2011 noch 23,7 Prozent, so sehen die jüngsten Umfragen sie nur noch bei zehn Prozent. So könnte für sie der Ort, an dem sie einst das erste Mal nach 1990 wieder bei einer Regierungsbildung mitmischten, zu einem weiteren Meilenstein auf dem langen Weg ihres Niedergangs werden.