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Folge 22-21 vom 04. Juni 2021 / Der Wochenrückblick / Umstritten bleibt umstritten / Wie die „Laborthese“ plötzlich hoffähig wurde, und warum es Wiesendanger nichts nützen wird

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-21 vom 04. Juni 2021

Der Wochenrückblick
Umstritten bleibt umstritten
Wie die „Laborthese“ plötzlich hoffähig wurde, und warum es Wiesendanger nichts nützen wird
Hans Heckel

So schnell kann das gehen. Monatelang hatten sie den Hamburger Professor Roland Wiesendanger unter Feuer, weil er es für höchst wahrscheinlich erklärte, dass das Coronavirus durch einen Unfall im Labor von Wuhan in die Welt getreten sei – und nicht auf natürliche Weise durch die Übertragung von Fledermäusen auf Menschen. Nun aber ist die einst „krude Theorie“ des Wissenschaftlers eine gängige Vermutung.

Gegen Wiesendanger hatte man das ganze Arsenal der Vernichtung aufgefahren. Der Hamburger Asta verkündete im Februar, der Professor spiele „nur Verschwörungstheoretikerinnen in die Hände und schürt anti-asiatischen Rassismus“. Andere gingen zwar etwas diskreter vor, zielten aber nicht weniger eifrig darauf, Weisendangers Ruf zu zerstören.

Der Forscher gab zwar immer und immer wieder zu Protokoll, keine „wissenschaftlich basierten strikten Beweise“ für die Laborthese vorzulegen, sondern aus wissenschaftlichen Artikeln, Veröffentlichungen in Medien sowie sozialen Netzwerken und Gesprächen mit Wissenschaftlern zu schöpfen. Das nützte ihm nichts. Immer wieder wurde ihm vorgehalten, dass er gewissermaßen ein Blender sei, weil seine Arbeit nicht auf wissenschaftlich basierten strikten Beweisen beruhe.

Selbst ein Nobelpreis zählt nicht

Wie schlimm der Kerl ist, ließ uns unter anderem die Deutsche Welle wissen: So beziehe er sich bei seinen zahllosen Quellen auch auf ein Interview mit einem US-Biowaffen-Experten, über den die Nachrichtenagentur Associated Press gesagt habe, dass er ein „Superspreader“ von Covid-19-Verschwörungstheorien sei. Also: Wiesendanger bezieht sich auf jemanden, über den jemand gesagt hat, dass er ... schon ist der Schuldspruch fertig.

Außerdem habe der Hamburger auf eine Studie von Luc Montagnier verwiesen, der Teile des Aidsvirus HI in Sars-CoV-2 gefunden haben will. Montagnier sei, so ein Wissenschaftspublizist in der Deutschen Welle, zwar Entdecker des HI-Virus und Nobelpreisträger, er sei jedoch seit Jahren eine „sehr, sehr umstrittene Figur“, da er sich mehrfach „vollkommen unwissenschaftlich“ geäußert habe. Was für Äußerungen das gewesen sein sollen, erfahren wir nicht. Warum auch, das Etikett ist geklebt („umstritten“), schon spielen eine weltbewegende Virus-Entdeckung oder selbst der Nobelpreis keinerlei Rolle mehr: Ene mene muh, raus bist du! Die „Cancel Culture“ kann sich nicht mit Bedenken aufhalten, dafür kommen Woche für Woche viel zu viele zusätzliche Namen auf die Abschussliste. 

„Afrika“, „Asien“ – auch Rassismus!

Dass der „Rassist“ Wiesendanger nun offenbar doch recht hatte, wird ihm nicht mehr helfen. In ein paar Jahren wird keiner mehr wissen, worum es eigentlich ging, wenn in irgendeinem aufmerksamen Blatt zu lesen steht, dass der Professor vor einiger Zeit in die Kritik geraten sei, weil er „Verschwörungstheoretikern in die Hände gespielt und anti-asiatischen Rassismus geschürt“ habe. Das genügt, damit die Antifa dann seine Veranstaltungen stürmt und Wiesendangers Ausladung von Diskussionen erpresst.

Rassismus lauert ja ohnehin überall. Um in Schwierigkeiten zu geraten, reicht es schon, dass man früher mal ein Wort benutzt hat, dass damals als ganz normal galt, heute aber nicht, wie etwa Zigeuner, Mohr, Eskimo oder Indianer. Nun gut, wer sich an alle Sprachbefehle hält, fühlt sich wahrscheinlich sicher. 

Das könnte sich allerdings als fataler Irrtum erweisen. Wir ahnen nämlich gar nicht, auf welch dünnem Eis wir mit unserer vermeintlich rundum gesäuberten Sprache wandeln. Nehmen wir beispielsweise das Wort Indianer, das wir pflichtschuldigst durch „amerikanische Ureinwohner“ ersetzt haben, weil Indianer eine europäische Fremdbezeichnung sei, also durch und durch neokolonialistisch. Ist damit alles richtig?

Wer weiß? Werfen wir einen Blick in die Zukunft, wenn die Sprachreiniger die nächsten dunklen Ecken ausgeforscht und gesäubert haben. Dann landet nämlich auch „Amerikanische Ureinwohner“ im hohen Bogen auf dem Index der verbotenen Wörter. Da reicht ein kurzer Prozess: Das Wort „Amerika“ ist keinen Deut weniger eine europäische Erfindung als die Bezeichnung „Indianer“, es ist sogar eine deutsche! Der badische Kartograf Martin Waldseemüller etikettierte als erster auf der Welt die südamerikanische Landmasse auf seiner Weltkarte von 1507 mit diesem Namen. Die Indianer oder Wovon-auch-immer-Ureinwohner hatten zu diesem Zeitpunkt noch keinen Schimmer von der neuen Bezeichnung ihrer Heimat.

Wer die Schwarzen in den USA vorschriftsmäßig als „Afro-Amerikaner“ tituliert, macht sich gleich doppelt schuldig: „Africa“ war die Bezeichnung, welche die Römer nach den Punischen Kriegen ihrer gewaltsamen Neuerwerbung im heutigen Tunesien aufdrückten. Ein Blüte des reinsten Imperialismus also. 

Und was ist mit Wiesendangers anti-„asiatischem“ Rassismus? Auch dafür werden sich die Gesinnungswächter vom Hamburger Asta noch einmal rechtfertigen müssen, wenn sie längst zu Ende studiert und eine angesehene Lebensstellung als Rechtsextremismus-Experte, Frauenbeauftragte und Diversity-Manager erlangt haben.

„Asia“ hat altgriechische Wurzeln, wurde dann aber populär als Name einer römischen Provinz in Anatolien. Schon wieder Imperialismus! Die Römer sollen es dann auch gewesen sein, die den Namen später auf den gesamten Kontinent ausweiteten, woraufhin aus dem alten Asia nun „Asia minor“ wurde – Kleinasien. 

Wir wollen ebenfalls mal jammern

Sie sehen selbst, es ist die Hölle. Wir können sagen, was wir wollen: Das Standgericht der Moralwächter wird uns aufspüren und bis dahin immer neue Gründe für unsere Verurteilung erfunden haben. Was wiederum etwas Tröstliches hat: Egal, wie tief sich die beflissenen Schleimer vor den Weisungen des Neusprech auch verbeugen und verbiegen mögen, auch für sie wird es kein Entrinnen geben. 

Dann bleibt doch lieber gleich aufrecht stehen, ihr alten Indianerfreunde! Das schont nicht nur den Rücken, sondern zudem die Selbstachtung. Außerdem macht es Spaß, in die verstört-vergifteten Gesichter der Sprachpolizisten zu gucken, wenn man seine Hochachtung für die Zähigkeit der „Eskimos“ zum Besten gibt oder sein Mitleid bekundet für das karge Leben der „Zigeuner“ in Bulgarien.

Dessen ungeachtet wollen wir irgendwann auch mal jammern wegen all der diskriminierenden, rassistischen Fremdbezeichnungen. Außer Skandinaviern, Niederländern und Italienern nennt uns eigentlich keiner korrekt „Deutsche“. Mal sind wir Germanen (auch richtig), mal Alemannen, Sachsen oder was auch immer. Und hier reden wir nur von den europäischen Bezeichnungen für „Deutsche“. Was wohl in den außereuropäischen Sprachgemeinschaften noch so alles herumgeistert?