19.04.2024

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Folge 23-21 vom 11. Juni 2021 / Geschichte / „Schande über uns“ / Lange wurde die Prävention sträflich vernachlässigt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-21 vom 11. Juni 2021

Geschichte
„Schande über uns“
Lange wurde die Prävention sträflich vernachlässigt

Im Jahre 2003 hatte die Erdbevölkerung Glück im Unglück. Zwei gefährliche Grippestämme waren von Vögeln auf den Menschen übergesprungen, und dann war auch noch ein neues Coronavirus aufgetaucht, welches das Schwere Akute Atemwegs-Syndrom SARS auszulösen vermochte. Trotzdem kam es zu keiner wirklich dramatischen Pandemie. 

Der US-amerikanische Virologe und Leiter des Instituts der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die Erforschung von Influenzaerregern Robert Webster prophezeite damals aber, dass diesem „Warnschuss“ der Natur bald schlimmere Einschläge folgen würden. Deshalb forderte er seine Fachkollegen wie auch die politischen Entscheidungsträger auf, sich auf kommende größere Ausbrüche vorzubereiten. Insbesondere sei es nun höchste Zeit, Medikamente zur Bekämpfung eines breiten Spektrums von viralen Erregern zu entwickeln.

Die Reaktionen hierauf blieben jedoch verhalten. Das war selbst dann noch der Fall, als 2012 mit dem MERS-Virus plötzlich ein Verwandter des SARS-Erregers umging, der immerhin jeden dritten Infizierten tötete. Weil indes die Zahl der Erkrankten gering blieb und auch kein weiteres problematisches Coronavirus mehr gefunden wurde, legten Pharmafirmen wie Pfizer ihre Programme zur Entwicklung von Wirkstoffen gegen SARS und MERS schnell wieder auf Eis. Einzig und allein das kalifornische Pharmazie- und Biotechnologieunternehmen Gilead Sciences entwickelte mit Remdesivir einen Wirkstoff, der nicht nur zur Behandlung von Hepatitis C und Ebola zu taugen schien, sondern auch bei einer Infektion mit Coronaviren heilende Effekte versprach.

Das reichte indes in keiner Weise aus, wie sich während der aktuellen SARS-CoV-2-Pandemie eindrucksvoll zeigt. „Schande über uns“, sagte der Präsident der Novartis Institutes for BioMedical Research, Jay Bradner, daraufhin selbstkritisch. Nach diesen Erfahrungen will man künftig deutlich besser gerüstet sein, wenn auf SARS-CoV-2 dann vielleicht SARS-CoV-3 folgt oder andere Viren auftauchen und die ganze Welt bedrohen. 

Aktuell geht das Streben dahin, Mittel zu finden, die nicht nur gegen ein Virus wirken, sondern breitbandig gegen ganze Virenfamilien wie eben die SARS-MERS-Gruppe. Derartige Forschungsarbeiten finden derzeit unter anderem im Rahmen der Covid R&D Alliance statt, einem Zusammenschluss von 23 weltweit führenden Unternehmen der Pharmabranche. Allerdings ist ungewiss, ob es bei dem jetzigen Engagement bleiben wird, wenn die Covid-19-Pandemie zu Ende geht und künftige Gewinnaussichten in den Sternen stehen.W.K.