08.05.2024

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Folge 23-21 vom 11. Juni 2021 / Barbarossadenkmal / Der Weißbart auf des Rotbarts Throne / Vor 125 Jahren wurde das Kaiser-Wilhelm-Denkmal im Kyffhäusergebirge eingeweiht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-21 vom 11. Juni 2021

Barbarossadenkmal
Der Weißbart auf des Rotbarts Throne
Vor 125 Jahren wurde das Kaiser-Wilhelm-Denkmal im Kyffhäusergebirge eingeweiht
Manuel Ruoff

In der Herrschaftszeit des preußischen Königs Wilhelm I. und der Amtszeit des preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck geschah Beachtliches. Es wurden der deutsche Dualismus zwischen der norddeutschen und der süddeutschen Großmacht beendet und die Deutschen geeint. Heute sehen wir darin vor allem das Werk Bismarcks. Im monarchisch geprägten Deutschland hingegen war die Neigung vorhanden, Großereignisse einem Herrscher und nicht dessen Kabinettschef zuzuschreiben. Zudem hatte sich Wilhelm vor allem in der Endphase seiner Regentschaft und seines Lebens viele Sympathien erworben durch ein freundliches, bescheidenes, gelassenes und humorvolles Auftreten. Hinzu kam sein indirekter Nachfolger Wilhelm II., der versuchte, für seinen Großvater gar die Bezeichnung „Wilhelm der Große“ durchzusetzen.

Betonung der Kontinuität

Nach dem Ableben Wilhelms I. im Jahre 1888 entstanden in Deutschland so Hunderte von Kaiser-Wilhelm-Denkmälern. Zu den größten zählt neben dem an der Porta Westfalica das im Kyffhäusergebirge. Beide gehören mit dem Völkerschlachtdenkmal in Leipzig zu den größten Denkmälern auf deutschem Boden überhaupt. Beide wurden ungefähr zeitgleich errichtet und im selben Jahr eingeweiht. Doch es gibt auch Unterschiede. Während das an der Porta Westfalica mit der preußischen Provinz Westfalen wie viele andere Kaiser-Wilhelm-Denkmäler einen staatlichen Bauherrn hat, hat das in Thüringen einen privaten. 

Besonders am Kyffhäuserdenkmal ist zudem das klare Bekenntnis zu einer Kontinuität vom Heiligen Römischen Reich zum Deutschen Reich. Das war keine Selbstverständlichkeit. Das deutsche Nationalbewusstsein wuchs nämlich erst allmählich. Insbesondere zur Anfangszeit des Deutschen Reiches war dessen Charakter innerhalb Preußens absolut nicht unumstritten. Für eingefleischte Preußen, die sich mehr als Preußen denn als Deutsche sahen, war das Deutsche Reich eher ein großpreußischer Staat denn ein kleindeutscher. Das Heilige Reich wurde abgelehnt als zu österreichisch, zu süddeutsch, zu katholisch, zu habsburgisch.

Das auch „Barbarossadenkmal“ genannte Kyffhäuserdenkmal schlägt hingegen einen klaren Kontinuitätsbogen von Barbarossa, dem legendären Kaiser des ersten, des Alten Reiches, zu „Barbablanca“, dem ersten Kaiser des zweiten, des zum Zeitpunkt der Denkmalerrichtung aktuellen Reiches. Das Kyffhäuserdenkmal zeigt zum einen in seinem unteren Teil eine 6,5 Meter hohe, vor Ort von Nikolaus Geiger aus Sandstein gemeißelte Figur Kaiser Friedrichs I., wie er entsprechend der Kyffhäusersage in einem „unterirdischen Schlosse“ im Kyffhäusergebirge so lange schlafen muss, wie die Zwietracht und Unglück verkörpernden „alten Raben noch fliegen immerdar“. Darüber zu sehen ist eine elf Meter hohe Kupfertreibarbeit Emil Hundriesers, die zeigt, wie Wilhelm I. in seiner Uniform auf einem Pferd aus dem Denkmalturm herausreitet. „Der Weißbart auf des Rotbarts Throne“ lautet die klare Botschaft des Denkmals.

Dadurch, dass das hintere Drittel des 8,5 Meter langen Pferdes Wilhelms I. noch in einer Einbuchtung des Denkmalturmes steckt, ist das Reiterstandbild wenigstens etwas vor Sturm geschützt. Durch den mit einer Kaiserkrone bekrönten Turm ist das Denkmal bereits von Weitem zu erkennen. Er ist 57 Meter hoch und kann über eine 247 Stufen zählende Treppe bestiegen werden. Von der Kuppel bietet sich eine Aussicht nicht nur ins Kyffhäusergebirge, sondern auch zum Harz, in die Goldene Aue und zum Thüringer Wald. Angesichts seines Bezuges auf die Kyffhäusersage bot sich als Standort für das Denkmal das Kyffhäusergebirge förmlich an. 

Mit der Denkmalerrichtung hatten die tief zerstrittenen Kriegervereine und -verbände Deutschlands endlich ein sinnstiftendes, einigendes gemeinsames Ziel, das sie denn auch tatsächlich enger zusammenrücken ließ. Entsprechend positiv war die Reaktion, nachdem der Schriftführer des Deutschen Kriegerbundes bereits drei Tage nach dem Tode Wilhelms I. auf einer Bundesvorstandssitzung einen entsprechenden Vorschlag gemacht hatte.

Ein verbindendes Großprojekt

Wie häufig bei derartigen Großprojekten wurde 1889 ein Preisausschreiben veranstaltet. Das Rennen machte mit Bruno Schmitz kein Unbekannter, auch wenn der 1858 in Düsseldorf geborene Architekt großformatiger Denkmalbauten damals noch am Anfang seiner beachtlichen Karriere stand. Unter anderem zeichnete er verantwortlich für die Kaiser-Wilhelm-Provinzialdenkmäler an der Porta Westfalica und in Koblenz am Deutschen Eck sowie für das größte deutsche Denkmal überhaupt, das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig.

Am 10. Mai 1892 wurde der Grundstein gelegt. Am 25. Jahrestag des Einzugs Wilhelms I. in seine Hauptstadt nach dem siegreich beendeten Deutsch-Französischen Krieg (siehe Seite 10), am 18. Juni 1896, wurde die 131 Meter lange, 96 Meter breite und 81 Meter hohe Anlage eingeweiht.