28.03.2024

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Folge 23-21 vom 11. Juni 2021 / Der Wochenrückblick / Sieger und Sozialisierte / Wie Tina Hassel den Wahlkampf eröffnet, und was die Ossis nicht verstehen können

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-21 vom 11. Juni 2021

Der Wochenrückblick
Sieger und Sozialisierte
Wie Tina Hassel den Wahlkampf eröffnet, und was die Ossis nicht verstehen können
Hans Heckel

Jetzt machen wir mal einen Schnitt und wenden uns der Bundestagswahl zu“, entschied Tina Hassel bei der „Berliner Runde“ nach der Sachsen-Anhalt-Wahl. Recht hat sie, denn da gäbe es ja eine ganze Palette von spannenden Themen, welche die Deutschen umtreiben und die zur Wahl im September eine entscheidende Rolle spielen könnten. Da wäre es doch aufschlussreich, was die Führungen der Parteien dazu zu sagen haben.

Etwa zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Restriktionen, wo doch Millionen um ihre Existenz bangen. Oder zu den wieder anschwellenden Strömen an illegalen Immigranten. Oder, oder, oder. Hätte, könnte, sollte – war aber nicht. Denn für eine Funktionärin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kann „Sich der Bundestagswahl zuwenden“ nichts anderes heißen, als: Den Wahlkampf für die Grünen eröffnen. Also kramte Frau Hassel das Leib-und-Magen-Thema ihrer favorisierten Partei hervor, um den Grünen den schmerzhaft entbehrten Auftrieb nach dem Magdeburger Schlamassel zuzuschanzen: „Klimaschutz“. 

Die Öffentlich-Rechtlichen umhegen die  Grünen so reizend wie eine nette alte Tante ihre Nichten und Neffen: Man hat stets das Lieblingsgericht auf dem Tisch stehen, wenn die Süßen zu Besuch kommen. 

Aha, es war doch ein Erfolg!

Selbst wenn die Kleinen mal Mist bauen, stellt sich Tantchen standhaft vor ihre Schützlinge und baut jedes Malheur am besten noch zu einem Erfolg um. Die Grünen hätten in Sachsen-Anhalt trotzdem einen Erfolg errungen, ließ sich ein Staatsfunker tatsächlich vernehmen. Schwachsinn! Oder? Die Grünen haben an der Elbe ja wirklich von 5,2 auf 5,9 Prozent zugelegt. Ist das denn etwa kein Erfolg?

Und ob! Da wollen wir ihnen doch fest die Daumen drücken, dass sie diesen strahlenden Siegeszug auch am 26. September fortsetzen können. Im Bund hatten sie beim letzten Mal 8,9 Prozent abgesahnt. Geht es so erfolgreich weiter wie in Magdeburg, schießt die Partei bei der Bundestagswahl also auf 9,6 Prozent empor. Das ist sogar noch deutlicher über der Fünf-Prozent-Hürde als 2017 und damit doch wirklich ermutigend. Der „Baerbock-Zug“ ist mit Volldampf auf Kurs.

Ich weiß ja, das war sarkastisch. Tschuldigung. Aber wenn die Kategorien „Erfolg“ und „Desaster“ beim Staatsfunk, an dessen Seriosität wir schließlich nicht den geringsten Zweifel hegen, derart durcheinandergewirbelt werden, kann man schon mal auf komische Gedanken kommen.

Damit ist man schließlich nicht allein. Andere haben auch komische Gedanken. Wie ist es sonst zu erklären, dass drei Jahrzehnte nach der Vereinigung immer noch ein „Ostbeauftragten“ der Bundesregierung durch die Flure geistert. Der weiß bekanntlich selbst nichts mit sich anzufangen. Daher drängt er mit allerhand skurrilen Aussetzern in die Öffentlichkeit, um von seiner Überflüssigkeit abzulenken.

Die SPD und die widrigen Umstände

Der letzte solche Ausfall von Amtsinhaber Marco Wanderwitz endete als Griff ins Klo. Den Geruch wird der CDU-Politiker nie wieder los. „Diktatursozialisiert“ nennt er die älteren Ossis, also ausgerechnet diejenigen, welche die Diktatur abgeschafft haben. Aber in der allgemeinen Umkehrung der Begriffe („Erfolg“ statt „Desaster“, s. o.) müssen wir die Wanderwitz-Einlage vielleicht entgegengesetzt lesen: Die Bürger in den neuen Bundesländern kleben noch immer viel zu sehr an Fetischen wie „Demokratie“ oder „Meinungsfreiheit“ und wollen es nicht lassen, sich quer zur Regierungslinie zu stellen.

Kann man so sehen. Wir wollen die Hoffnung dennoch nicht aufgeben, dass die sich irgendwann anpassen. Es gibt sogar schon Anzeichen dafür: So will die linientreue Mehrheit im Stadtrat von Rostock dem Sänger Xavier Naidoo einen Auftritt in der Hansestadt verwehren, weil der Kerl Sachen sagt, die in der politischen Führung der Republik nicht gut ankommen. Auftrittsverbot wegen politischer Überzeugung? Mal sehen, ob es an der Warnow noch genügend „diktatursozialisierte“ Leute gibt, die aus eigener Erfahrung wissen, wie so etwas zu bewerten ist.

Nicht nur die Rostocker Bürgerschaft, auch die SPD in Sachsen-Anhalt hat sich einiges aus der SED-Ära bewahrt. Als einen Grund für ihr Wahldebakel führten die Sozis allen Ernstes Corona an. Wie? Die SPD hat das Virus? Ab in Quarantäne!

Nein, so war das nicht gemeint. Vielmehr hätten die widrigen Umstände infolge der Krankheit am Erfolg der Sozialdemokraten gesägt. Das bringt den alten DDR-Witz in Erinnerung: „Was sind die vier Hauptfeinde des Sozialismus? Frühling., Sommer, Herbst und Winter!“ Also die allgemeinen Umstände sind schuld, nie das Versagen der Partei.

Jene damalige „Partei“, die heute unter „Die Linke“ firmiert, hat ebenfalls nichts verlernt. Dietmar Bartsch, Co-Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, hatte eine elegante Schlussfolgerung aus dem Bauchklatscher seiner Genossen in Sachsen-Anhalt parat: Seine Truppe habe ihre Rolle als Partei des Ostens „ein Stück weit verloren“.

„Ein Stück weit“? Die Linkspartei erreichte gerade noch elf Prozent, runter von 24 Prozent im Jahr 2011 und 16 Prozent beim letzten Wahlgang 2016. Das „Stück“ derer, die anders wählen, ist auf fast 90 Prozent angeschwollen. Einen katastrophalen Niedergang so hinreißend herunterzureden hat der Genosse Bartsch bestimmt bei seinem Studium in Moskau gelernt, wo er von 1986 bis 1990 zum Elitekader ausgebildet wurde. Damals, in der Phase des unübersehbaren Zerfalls des Sozialismus, musste man so was draufhaben.

Da muss man erst mal schlucken

Als Wessi ist man da aus ganz anderem Holz. Wir Alt-Bundesrepublikaner haben keine Schwierigkeiten damit, jeden Quatsch zuzugeben – denn wir sind sogar noch stolz drauf! Ein Beispiel gibt Annegret Kramp-Karrenbauer: „Ich bin eine Quotenfrau, und habe kein Problem damit“, ließ die Verteidigungsministerin jüngst verlauten. Der „Focus“ weiß sogar, warum: „Der Weg nach oben hat sie von einer Gegnerin der Quote zu einer Befürworterin werden lassen.“

Mit anderen Worten: Für politisch richtig wird erklärt, was sich für die Befürworter einer Maßnahme ganz persönlich auszahlt. Ein geschulter SED-Genosse hätte so etwas niemals zugegeben. AKK lässt den „Focus“ das unwidersprochen schreiben, und das Wunder ist: Es schadet ihr nicht einmal. Vielleicht liegt hierin der Grund dafür, dass „viele Bewohner der neuen Bundesländer das System der Bundesrepublik immer noch nicht richtig verstehen“, wie es manchmal aus Expertenmund heißt. Dass Selbstbedienungsmentalität derart offenherzig zutage tritt, muss man ja auch erst mal schlucken. Und zu verstehen, wie die Figuren damit durchkommen können, ist die nächste Hürde.

AKK hat die Quote bestimmt nicht geschadet, das glauben wir ihr. Aber was sagt eigentlich die Bundeswehr?