29.03.2024

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Folge 25-21 vom 25. Juni 2021 / Ehrenfried Günther Freiherr von Hünefeld / Der „tolle Baron“ / Der Luftfahrtpionier und sein eiserner Wille – die Weltumrundung per Flugzeug war sein großes Ziel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-21 vom 25. Juni 2021

Ehrenfried Günther Freiherr von Hünefeld
Der „tolle Baron“
Der Luftfahrtpionier und sein eiserner Wille – die Weltumrundung per Flugzeug war sein großes Ziel
Wolfgang Kaufmann

Ehrenfried Günther Freiherr von Hünefeld war zeitlebens ein sehr kranker Mann und massivst körperlich eingeschränkt: Auf dem linken Auge sah er von Geburt an gar nichts und auf dem rechten nur wenig. Die Schule verließ er wegen chronischer Nierenprobleme vorzeitig. Später gesellte sich dann noch eine Gehbehinderung aufgrund von Kriegsverletzungen hinzu. Darüber hinaus musste von Hünefeld wiederholt am Magen operiert werden, wodurch er nach und nach die Hälfte dieses Organs verlor. Dennoch gehörte der Ostpreuße, welcher am 1. Mai 1892 in Königsberg auf die Welt kam, zu den größten Luftfahrtpionieren aller Zeiten.

Der „tolle Baron“, wie man von Hünefeld wegen seines trotz allem lockeren Lebensstils nannte, interessierte sich schon früh für das Fliegen, ging aber 1916 angesichts der gesundheitlichen Handicaps in den diplomatischen Dienst und avancierte zum Vizekonsul in Maastricht. 1921 wechselte er in die Finanzverwaltung von Bremen, 1923 folgte eine Anstellung beim Norddeutschen Lloyd. Als Pressereferent und Chef der Werbeabteilung engagierte sich von Hünefeld für den weiteren Ausbau dieser großen Reederei und nahm Kontakt zu Entscheidungsträgern der Luftfahrtbranche auf. Diese versuchte er für sein ehrgeiziges Projekt einer Atlantiküberquerung per Flugzeug von Ost nach West zu begeistern. Solch ein Unternehmen galt – anders als die schon gelungenen Flüge in der Gegenrichtung – wegen der vorherrschenden Westwinde als nahezu unmöglich, was von Hünefeld nicht akzeptieren wollte. Dabei betrachtete er die Atlantikpassage in der „falschen“ Richtung keineswegs nur als technische Herausforderung, sondern ebenso als Möglichkeit, die Völker der Welt nach dem erbitterten Krieg der Jahre von 1914 bis 1918 wieder zusammenzuführen.

Allerdings wurde inzwischen heftig gegen den „Ozeanflugrummel“ polemisiert, weil es zu einigen Unfällen gekommen war. Aus diesem Grunde hatte sich die 1926 gegründete Deutsche Luft Hansa AG von dem Projekt von Hünefelds distanziert, obwohl mit dem einmotorigen Tiefdecker Junkers W 33 eine Maschine zur Verfügung stand, welche in der Lage war, den Nonstopflug von Europa nach Amerika zu bewältigen. Daher sollte der Nachtflugleiter der Luft Hansa Hermann Köhl nicht mehr – wie eigentlich geplant – als Pilot fungieren. Doch Köhl setzte sich über die Bedenken seines Arbeitgebers hinweg und flog im März 1928 heimlich mit von Hünefeld nach Irland, wo der Startpunkt für die Atlantikpassage lag. Dafür wurde er fristlos entlassen.

Atlantiküberquerung im Heckraum

Am Morgen des 12. April 1928 hob die W 33 mit dem Namen „Bremen“ schließlich auf dem Flughafen Baldonnel südwestlich von Dublin ab. Zur Besatzung der Maschine gehörte neben von Hünefeld und Köhl nun auch noch der irische Major James M. C. Fitzmaurice. Knapp 37 Stunden später landete das Flugzeug nach einem höchst strapaziösen Flug, in dessen Verlauf sich von Hünefeld meist zwecks Stabilisierung der „Bremen“ zwischen den Benzintanks im Heckraum aufgehalten hatte, auf der abgelegenen kanadischen Leuchtturminsel Greenly Island im Sankt-Lorenz-Golf nahe der Grenze zu Labrador.

Es folgte ein Rummel sondergleichen, der aber abrupt endete, als von Hünefeld nach der Rückkehr in die Heimat zusammenbrach und sich einer abermaligen Bauchoperation unterziehen musste. Im Krankenhaus begann er ungeachtet seines desolaten Gesundheitszustandes mit der Planung eines Ostasienfluges samt anschließender Überquerung des Pazifiks, der letztlich zur Weltumrundung ausgebaut werden konnte. Dieses ambitionierte Unternehmen begann am 19. September 1928 mit dem Start in Berlin. Von Hünefelds Begleiter waren diesmal der Junkers-Monteur Paul Lengerich und Karl Gunnar Lindner, Chefpilot der Aero-Transport-AG Malmö. Nach diversen Zwischenlandungen im Nahen Osten, Indien, Französisch-Indochina und Schanghai erreichte die Junkers W 33 „Europa“ am 20. Oktober 1928 Japan und landete dort unweit der Hauptstadt Tokio. Dabei kam es auf der letzten Etappe zu einem Fast-Absturz, weil von Hünefeld unter heftigem Fieber und Wahnvorstellungen litt. Nur das Eingreifen Lindners verhinderte die drohende Katastrophe. Deshalb musste auch der Weiterflug über den Pazifik abgeblasen werden.

Große Pläne trotz Krankheit

Von Hünefeld kehrte mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Deutschland zurück, wo er gleich wieder Pläne für einen Flug über das Nordpolargebiet und die Wiederholung der versuchten Weltumrundung schmiedete. Allerdings zeigte sich im Dezember 1928 die dringende Notwendigkeit einer weiteren, diesmal nun schon der 13. Operation am Magen. Der Eingriff fand am 5. Februar 1929 im Berliner Westsanatorium statt und endete mit von Hünefelds Tod – seine Krebserkrankung war zu weit fortgeschritten. Bei der Trauerfeier zu Ehren des aus Ostpreußen stammenden Luftfahrthelden waren neben zahlreichen Fliegerkollegen auch Vertreter der Reichsregierung und des Reichstages sowie der japanische Botschafter und Abgesandte des ehemaligen deutschen Kaiserhauses zugegen.