26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 26-21 vom 02. Juli 2021 / Feldheim / 60 Windkraftanlagen auf 130 Einwohner / Viele gehen sogar krank zur Arbeit, um den pausenlosen Drehgeräuschen zu Hause zu entfliehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-21 vom 02. Juli 2021

Feldheim
60 Windkraftanlagen auf 130 Einwohner
Viele gehen sogar krank zur Arbeit, um den pausenlosen Drehgeräuschen zu Hause zu entfliehen
D. Jestrzemski

Mit 60 Windkraftanlagen auf seiner Feldmark ist das brandenburgische Dorf Feldheim-Treuenbrietzen, Landkreis Potsdam-Mittelmark für Außenstehende eher ein Fanal oder Schreckgespenst denn ein Vorzeigedorf. Doch genau damit rühmen sich die Bewohner des 130-Einwohner-Dorfes. Es ist der einzige energieautarke Ort Deutschlands.

Das kleine Feldheim versorgt sich selbst mit Strom und Wärme aus Windkraft, Solaranlagen und Biogas. Im Einvernehmen mit der örtlichen Agrargenossenschaft hat das überregional tätige Unternehmen Energiequelle GmbH zusammen mit dem Anlagenbauer Enercon seit 1994 im Osten, Süden und Norden der Ortschaft die Windparks mit einer Gesamtleistung von zuletzt 80 Megawatt errichtet. Zusammen mit den Feldheimer Einwohnern und Firmen gründete Energiequelle die Feldheim Energie GmbH & Co. KG, in der die örtlichen Grundstückseigentümer Kommanditisten sind. Über ein eigenes Nahwärme- und Niederspannungsnetz erhalten ihre Häuser den Wind- und Solarstrom und werden von einer Biogasanlage beheizt. Das Dorf selbst benötigt nur bis zu 0,5 Prozent des erzeugten Stroms. Der Rest wird in das Verbundnetz eingespeist. Seit 2015 stabilisiert ein Lithium-Ionen-Speicher mit einer Leistung von zehn Megawatt das lokale Stromnetz. Den gespeicherten Strom können die Kommanditisten verkaufen, wenn Spitzenpreise gezahlt werden. Das regionale Regelkraftwerk wurde ebenfalls von Energiequelle und Enercon unter anderem mit öffentlichen Mitteln realisiert.

Irgendwann aber hatten selbst viele der Energiewende-bewussten Bürger des Musterdorfes genug. Im Juni 2015 gab ihnen die „Berliner Morgenpost“ eine Stimme: „Der Ökoterror mit den Windrädern muss ein Ende haben.“ Dennoch gingen bis 2018 noch 13 weitere Windräder von jeweils 206 Metern Gesamthöhe ans Netz. Noch mehr als bisher fiel damit das „selbstgenügsame Dorf“ auch seinen Nachbarn zur Last. Darüber berichtete die „Märkische Allgemeine“ („MAZ“) im Februar 2016: „Bei Anwohnern aus Lüdendorf stehen die unter anderem auf Waldgrundstücken realisierten Projekte wegen der Lärmbelästigung in der Kritik.“ Mitgeteilt wurde an anderer Stelle auch, dass die Einwohner der umliegenden Gemeinden lieber krank zur Arbeit gehen, als den Schallemissionen der Feldheim-Windräder 24 Stunden lang ausgesetzt zu sein. 

Der Fall Feldheim ist nur eine von zahllosen derartigen Geschichten aus Mitteldeutschland. Journalisten und Politiker, die immer wieder über die Gründe für die „spezielle“ politische Stimmung in den östlichen Bundesländern spekulieren, wären vor diesem Hintergrund gut beraten, einmal vor Ort zu erkunden, wie stark die Menschen durch ihre im Namen der Klimapolitik versehrte heimatliche Umgebung traumatisiert sind.