24.04.2024

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Folge 26-21 vom 02. Juli 2021 / Postkolonialismus / In die Fußstapfen der Ex-Kolonialmacht / Russland drängt mit Hilfe der Gruppe Wagner Frankreich aus der Sahelzone

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-21 vom 02. Juli 2021

Postkolonialismus
In die Fußstapfen der Ex-Kolonialmacht
Russland drängt mit Hilfe der Gruppe Wagner Frankreich aus der Sahelzone
Bodo Bost

Schon vor zwei Jahren haben Mitarbeiter des privaten russischen Sicherheits- und Militärunternehmens Gruppe Wagner, die dem Kreml und dem russischen Militärgeheimdienst nahe stehen, in Libyen Marschall Chalifa Haftar, den einst starken Mann im Osten, der die Luftwaffenstützpunkte von Sirte südöstlich von Tripolis und von al-Jufra im Zentrum des Landes kontrolliert, nach einer Offensive Truppen der Türkei und deren syrische Söldner vor dem Sturz gerettet. 

Vor zwei Jahren in Libyen

Diesen April erhielten im benachbarten Tschad aus Libyen kommende Rebellen der Front für Veränderung und Eintracht im Tschad (FACT) Hilfe von der Gruppe Wagner bei ihren Zusammenstößen mit der Regierungsarmee des Tschad, denen auch Idriss Deby zum Opfer.  Der ab 1990 amtierende langjährige Präsident des Tschad erlag am 20. April dieses Jahres Verletzungen, die er durch Kampfhandlungen bei einem Truppenbesuch an der Frontlinie im Norden des Tschad erlitten hatte.

Diesen April im Tschad

Seit einigen Jahren breiten russische Söldner ihren Einfluss über den gesamten afrikanischen Kontinent aus. In der Sahelzone „versucht Russland, sich aufzudrängen, in die Freiräume einzudringen und uns immer wieder zu diskreditieren“, klagte kürzlich die französische Verteidigungsministerin Florence Parly. Im Jahr 2019 unterzeichnete Mali, obwohl dort eine von der ehemaligen Kolonialmacht dominierte UN-Mission für Recht und Ordnung sorgen sollte, ein Verteidigungsabkommen mit Russland, das der Gruppe Wagner als Türöffner diente. Im August 2020, nach dem ersten Putsch, war der russische Botschafter der erste ausländische Diplomat, der von der neuen Militärjunta empfangen wurde. Jetzt vermuten viele Franzosen hinter dem zweiten Putsch in neun Monaten auch die Russen. Mehrere der Putschisten wurden in Russland ausgebildet. Der Chef der Junta, Oberst Assimi Goïta, gilt als Moskau nahe stehend. Da die antifranzösische Stimmung nach acht Jahren Militärpräsenz in Mali, welche Ruhe und Ordnung nicht wiederhergestellt hat, wächst, sind russische Flaggen im Land immer häufiger zu sehen. 

Paradebeispiel Zentralafrika

Die Rolle des Kremls in Afrika wird vor allem in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) deutlich, in der Russland Frankreich als dominierende ausländische Macht buchstäblich gestürzt hat. Innerhalb weniger Jahre ist das Land zu Russlands Brückenkopf in Afrika geworden. In wenigen Jahren hat Russland die ehemalige französische Kolonialmacht vertrieben, indem es die Armee und die Präsidentengarde ausbildete, die Sicherheit für die Institutionen wiederherstellte und dafür sich die Einnahmen aus den Gold- und Silberminen sicherte.

Zusammenarbeit mit China

Seitdem haben sich Söldner der Gruppe Wagner in den meisten afrikanischen Ländern niedergelassen. Sudan, Angola, Guinea, Mosambik, Südafrika oder der Kongo wären hier zu nennen. Moskau hat mit etwa zwanzig Ländern des Kontinents Kooperationsabkommen unterzeichnet. Manchmal durch Tochterunternehmen der Gruppe Wagner getarnt trainieren russische Paramilitärs lokale Armeen, schützen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, kämpfen oder schützen Gold-, Silber- und Uranminen. Im Gegenzug gewähren die Geschützten ihren Beschützern die Rechte zur Ausbeutung von natürlichen Ressourcen ihrer Staaten. Oft arbeiten die Russen bereits mit den Chinesen zusammen, die schon lange wirtschaftliche Aktivitäten in Afrika haben, aber sich bislang noch bei Sicherheitsproblemen zurückgehalten haben.

Russland will den Einfluss zurückgewinnen, den es zur Sowjetzeit in Afrika hatte. In nur wenigen Jahren ist die Gruppe Wagner zum Spezialisten für ausländische Militärinterventionen nicht nur in Afrika geworden. Angehörige der Gruppe Wagner waren bereits 2014 unter Moskaus grünen Männlein auf der Krim. Die Gruppe Wagner bietet afrikanischen Regimen je nach Bedarf einen Katalog vielfältiger und modularer Optionen. Dazu gehören technische Unterstützung, Waffen, Spezialkräfte, militärische Ausbildung und politische Unterstützung.

Kenner der Region bezweifeln jedoch, dass es Russland gelingen wird, die Sahelzone wie die Zentralafrikanische Republik unter seinen Einfluss zu bringen. Dieses riesige Gebiet könnte die Ressourcen Russlands übersteigen, da das Land schon stark anderweitig engagiert ist. Viele Staaten der Sahelzone verfügen auch nicht über die Möglichkeiten, mit Geld oder Rohstoffen den russischen Einsatz zu bezahlen. Dies könnte auch für das rohstoffarme Mali zutreffen.