28.03.2024

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Folge 26-21 vom 02. Juli 2021 / Bergkarabach-konflikt / Kämpferisches Bekenntnis zum „Brudervolk“ / Erdoğan besuchte mit seinem aserbaidschanischen Amtskollegen dessen Kriegsbeute Schuschi

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-21 vom 02. Juli 2021

Bergkarabach-konflikt
Kämpferisches Bekenntnis zum „Brudervolk“
Erdoğan besuchte mit seinem aserbaidschanischen Amtskollegen dessen Kriegsbeute Schuschi

Der türkische Präsident besuchte zum ersten Mal seit dem militärischen Sieg Aserbaidschans über Armenien in dem  Krieg um Bergkarabach des vergangenen Jahres die umstrittene Region und deren einstige Hauptstadt, die von den Armeniern „Schuschi“ genannt wird und die sie als Wiege ihrer Zivilisation betrachten. Recep Tayyip Erdoğan und sein aserbaidschanischer Amtskollege, Ilham Alijew, besuchten die Stadt gemeinsam und nahmen dort eine Militärparade ab. Der Hauptunterstützer der Aserbaidschaner im Bergkarabachkonflikt ist der erste ausländische Staats- und Regierungschef, der Schuschi seit dem Krieg besucht hat. Er versprach, ein türkisches Konsulat zu eröffnen. Dort unterzeichneten die beiden Politiker auch eine Erklärung, in der sie sich verpflichteten, ihre jeweiligen kommerziellen, politischen und militärischen Beziehungen weiter zu vertiefen. 

Die Stadt Schuschi, die Wiege der armenisch karabachischen Kultur, wurde während des jüngsten Krieges um Bergkarabach, in dem sich armenische und aserbaidschanische Streitkräfte im vergangenen Herbst gegenüberstanden, von Baku erobert. Die zwischen 1868 und 1887 erbaute Ghasantschezoz-Kathedrale, eine der beiden Hauptkirchen von Bergkarabach, wurde bereits 1920 von türkisch-aserbaidschanischen Truppen ein erstes Mal zerstört. Während des Bergkarabachkonflikts ab 1989 nutzten aserbaidschanische Kräfte die Kathedrale als Lagerhaus für Munition, bis Schuschi 1992 durch armenische Einheiten zurückgewonnen wurde. Die Armenier hatten sie danach komplett renoviert, bis sie 2020, 100 Jahre nach der ersten Zerstörung, durch zwei Treffer aserbaidschanischer Raketen kurz vor der Eroberung durch die aserbaidschanische Armee wieder fast komplett zerstört wurde. In diesem Mai wurde berichtet, dass die Turmhaube der beschädigten Kirche von Aserbaidschanern abgetragen worden sei, was Befürchtungen der Armenier bestärkte, dass Aserbaidschan Zeugnisse der armenischen Kultur im eroberten Gebiet zerstöre. Armenier leben heute in Schuschi keine mehr, sie wurden von den Aserbaidschanern und Türken vertrieben. 

Erdogan hatte bereits mehrmals angekündigt, den Völkermord an den Armeniern zwischen 1915 und 1917, den er nicht anerkennt und bei dem 80 Prozent des armenischen Volkes auf Todesmärschen vernichtet wurden, zu vollenden. Kurz vor Beginn des Krieges von 2020 hatte Erdogan plötzlich Aserbaidschan als „Brudervolk“ bezeichnet. Während des letztjährigen Krieges um Bergkarabach unterstützte die Türkei Aserbaidschan mit Militärberatern und mit Drohnen. Mehrere Länder haben Ankara vorgeworfen, syrische Kämpfer zur Unterstützung nach Aserbaidschan geschickt zu haben. Mit Aserbaidschans militärischem Triumph über Armenien wollte Erdogan seinen Einfluss in der ehemals sowjetischen Kaukasusregion festigen.

In der kleinen Stadt Schuschi, die auf einer Höhe von 1700 Metern inmitten der umstrittenen Region Bergkarabach liegt, unterzeichneten die beiden Staatschefs die sogenannte Schuscha-Erklärung. Der türkische Staatschef möchte eine türkische Basis in Bergkarabach errichten. Er schlug eine „Sechs-Parteien-Plattform“ zwischen der Türkei, Aserbaidschan, Russland, Armenien, Georgien und dem Iran vor. Aber Dmitrij Sergejewitsch Peskow, seit 2012 stellvertretender Leiter der Russischen Präsidialverwaltung und Pressesprecher des Präsidenten, weiß von einer solchen Plattform nichts. Eine türkische Basis in Bergkarabach würde von Russland als Bedrohung angesehen, weil die Türkei NATO Mitglied ist.B.B.