27.04.2024

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Folge 26-21 vom 02. Juli 2021 / Porträt / Schwedens härterer Weg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-21 vom 02. Juli 2021

Porträt
Schwedens härterer Weg
H. Tews

Durch seinen „schwedischen Weg“ bei der Bekämpfung des Coronavirus hat der schwedische Ministerpräsidenten Stefan Löfven in der eigenen Bevölkerung viel Rückhalt erfahren. Anders als fast überall sonst auf der Welt hatte man keine harten Lockdown-Maßnahmen ergriffen, und obwohl das öffentliche Leben fast seinen gewohnten Gang ging, sinken inzwischen auch hier die Inzidenzzahlen.

Doch das alles nützt Löfven nichts, wenn er sich mit den Anhängern des staatlich regulierten Wohnungsmietmarkts anlegt. Weil er dieses System reformieren wollte und zur Stärkung des privaten Wohnungsbaus für eine freie „Marktmiete“ eintrat, wurde der 63-jährige Sozialdemokrat durch ein Misstrauensvotum im Parlament gestürzt. 

Für Löfven, der seit 2014 in Schweden regiert, gibt es nun zwei Optionen: Neuwahlen oder der Versuch, eine neue Koalition zu bilden. In dem mit acht Parteien zersplitterten Parlament ist es eine Kunst, eine regierungsfähige Koalition zu bilden. In seiner zweiten Amtszeit konnte Löfven 2019 nur mit Mühe eine rot-grüne Minderheitsregierung stellen, die offiziell von der bürgerlichen Zentrumspartei und den Liberalen sowie inoffiziell von den Linken toleriert wurde. Die Linken brachten ihn nun wegen der Marktmiete zu Fall.

Dabei kommt man um Löfven nicht herum, wenn die linken Parteien eine bürgerliche Regierung verhindern wollen, in der die rechtskonservativen Schwedendemokraten tonangebend sein könnten. Hinter den Sozialdemokraten mit 100 Parlamentssitzen und der Moderaten Sammlungspartei (70 Sitze) ist Schwedens Pendant zur AfD aktuell drittstärkste Kraft mit 62 Sitzen. Neuwahlen könnten diesen Anteil erhöhen.

Daher werden die Linken eher in den sauren Apfel beißen und es erneut mit Löfven versuchen. Immerhin genießt der als Pflegekind einer Arbeiterfamilie aufgewachsene Politiker trotz seines im Ausland hart kritisierten Corona-Sonderwegs auch international viel Respekt. Und das, obwohl der frühere Gewerkschaftschef weder auf lokaler noch nationaler Ebene über Regierungserfahrung verfügte, bevor er Ministerpräsident wurde.