20.04.2024

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Folge 26-21 vom 02. Juli 2021 / Medien / Die Macht der Nachrichtenmacher / Presseagenturen treten gegenüber den Medienkonsumenten selbst kaum in Erscheinung. Doch im Hintergrund beherrschen sie die Nachrichtenlandschaft ganz entscheidend

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-21 vom 02. Juli 2021

Medien
Die Macht der Nachrichtenmacher
Presseagenturen treten gegenüber den Medienkonsumenten selbst kaum in Erscheinung. Doch im Hintergrund beherrschen sie die Nachrichtenlandschaft ganz entscheidend
Dirk Pelster

Was nach außen hin für viele Medienkonsumenten immer noch nach Vielfalt aussieht, ist längst potemkinsche Fassade. Die Meldungen von Zeitungen, von Fernseh- oder Hörfunksendungen klingen nicht bloß rein zufällig gleich, sie werden tatsächlich oft auch von denselben Journalisten verfasst. Während normale Medienredaktionen schrumpfen, wächst nämlich die Bedeutung von Nachrichtenagenturen. Sie sind heute ein bestimmender Faktor in der Berichterstattung.

Die Presselandschaft der Bundesrepublik ist vor allem eine Hinterlassenschaft der westalliierten Besatzungsmächte. Durch die Vergabe von Lizenzen an Zeitungsverleger sorgten sie gleich nach Kriegsende dafür, dass in den Landkreisen und Städten ihrer Zonen ein bis maximal zwei Tageszeitungen entstanden. In den 70er und 80er Jahren setzten in der bundesdeutschen Medienlandschaft erste Konzentrationsprozesse ein. Einzelne Zeitungen wurden von finanzstarken Verlagshäusern aufgekauft und Redaktionen zusammengelegt. 

Die größte Herausforderung für viele selbstständige Presseerzeugnisse brachte jedoch das Aufkommen des Internets mit sich. Inhalte wurden für die Nutzer schnell verfügbar, und das Interesse am gedruckten Papier schwand rapide. Dieser Trend sinkender Auflagen hält bis heute an und hat erneut dazu geführt, dass Zeitungen vom Kiosk verschwanden oder nur noch als Markennamen bestehen blieben, deren eigentliche Inhalte aber von zentral geführten Redaktionen großer Verlagsgesellschaften gestellt werden. 

Viele Medien – eine Quelle

Vielfach entstammt das Material, welches heute die Seiten von Presseerzeugnissen füllen soll, gar nicht mehr aus den Federn hauseigener Journalisten, sondern wird extern zugekauft. Als Lückenfüller treten hier zunehmend Nachrichtenagenturen wie Reuters, die Deutsche Presse-Agentur (dpa) oder Associated Press (AP) auf. Sie liefern aktuelle Meldungen, die von Zeitungs- oder Rundfunkredaktionen gegen Entgelt entweder vollständig oder geringfügig modifiziert übernommen werden können. Damit ersparen sich Sendeanstalten und Verlage den Unterhalt eigener Büros an wichtigen Schauplätzen des nationalen und internationalen Geschehens. 

Während lokale Medien bei der Berichterstattung über globale Vorkommnisse schon in der Vergangenheit auf Meldungen von Agenturen zurückgegriffen haben, nutzen sie nun verstärkt auch deren Angebote, wenn es um Nachrichten aus Berlin oder dem sonstigen Inland geht. Überregionale Tages- und Wochenzeitungen sowie Rundfunkanstalten haben ihr Korrespondentennetzwerk massiv ausgedünnt und berichten nur noch selten durch eigene Mitarbeiter von den Brennpunkten der Welt.

Den Nachrichtenagenturen fällt heute somit eine wichtige Rolle bei der Auswahl zu, welche Ereignisse es überhaupt in die Schlagzeilen schaffen und welche Vorkommnisse unerwähnt bleiben. Auch die Darstellung eines Geschehens kann von ihnen maßgeblich mitbestimmt werden. So stützte sich etwa die in den deutschen Medien sehr tendenziöse Berichterstattung zum Todesfall des Afroamerikaners George Floyd aus dem vergangenen Jahr größtenteils auf Agenturmeldungen.

Unabhängigkeit ist zweifelhaft

Angesichts dieser Konzentration des Nachrichtenflusses aus immer weniger Quellen stellt sich die Frage nach deren journalistischer Unabhängigkeit und Objektivität. Hier treten die Akteure unterschiedlich auf, je nach ihrer Struktur. Im außereuropäischen Bereich ist häufig der Typus der rein staatlichen Nachrichtenagentur, welche als Verkündungsorgan ihrer jeweiligen Regierung fungiert, vorherrschend. In westlichen Staaten dominieren – neben einer Vielzahl von kleineren privaten oder an ein bestimmtes religiöses Bekenntnis gebundenen Organisationen – vor allem große Agenturen, die von kleineren Medienunternehmen gemeinsam getragen werden. Beispielsweise ist die dpa als GmbH konstituiert, deren Gesellschafter Zeitungsverlage und Rundfunksender sind. 

Auffällig ist dabei der hohe Anteil, den die Vertreter des zwangsfinanzierten Staatsrundfunks in den Gremien der Firma ausmachen. Offiziell wird die dpa zwar nicht müde zu betonen, sie stelle eine staatsferne Berichterstattung dadurch sicher, dass sie die Gesellschaftsanteile öffentlich-rechtlicher Anstalten auf maximal 15 Prozent des Stammkapitals gedeckelt habe. Doch dabei handelt es sich eher um ein formales Alibi. So rechnet die größte deutsche Nachrichtenagentur mit ihren Kunden nämlich nach einem Schlüssel ab, der sich an der Reichweite des abnehmenden Mediums orientiert. 

Schlüsselposition der Staatssender

Eine Lokalzeitung mit einer Auflage von 20.000 Exemplaren muss daher deutlich weniger als die „Tagesschau“ der ARD mit mehr als zehn Millionen Zuschauern zahlen, wenn beide dieselbe Meldung von der dpa einkaufen. Dementsprechend unterschiedlich dürfte auch der Einfluss ausfallen, den die Abnehmer auf die Agentur ausüben können. 

Zudem erbringt die dpa über ihre Tochterfirmen auch direkte Dienstleistungen für deutsche Regierungsstellen. Insbesondere liefert sie vielfach das Bildmaterial für deren Broschüren. Die Agentur selbst gibt hierzu keine Zahlen bekannt, aber es ist zu bezweifeln, dass sie finanziell im bisherigen Umfang überlebensfähig wäre, wenn die zwangsfinanzierten Medien und andere staatliche Stellen sich als Kunden ihrer kostenpflichtigen Angebote zurückzögen. 

Noch deutlicher ist der Regierungseinfluss bei der in Paris residierenden Nachrichtenagentur Agence France Press (AFP), auf deren Meldungen in deutschen Gazetten ebenfalls gerne zurückgegriffen wird. Hier stammt der größte Teil der Einnahmen ebenfalls von der französischen Republik.

Doch auch große und im Privatbesitz befindliche Nachrichtenagenturen haben in der Vergangenheit Staatsmittel erhalten. So konnte Reuters in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sein Korrespondentennetzwerk im Nahen Osten nur mit großzügiger materieller Unterstützung der britischen Regierung ausbauen.

Die Unabhängigkeit der bedeutendsten westlichen Nachrichtenagenturen mag auf dem Papier zwar vorhanden sein.  Doch besteht in der Praxis eine nicht unbeachtliche finanzielle Abhängigkeit von staatlichen Stellen und Sendeanstalten, die sich durchaus auch auf ihre journalistische Arbeit auswirken dürfte.