19.04.2024

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Folge 27-21 vom 09. Juli 2021 / Plagiats-Affäre / Baerbocks Skandale spalten das grüne Lager / Die Union dagegen hält sich auffällig zurück. Offenbar überwiegen Koalitionspläne schon jetzt Wahlkampfmotive – und zeigen Macht der Grünen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-21 vom 09. Juli 2021

Plagiats-Affäre
Baerbocks Skandale spalten das grüne Lager
Die Union dagegen hält sich auffällig zurück. Offenbar überwiegen Koalitionspläne schon jetzt Wahlkampfmotive – und zeigen Macht der Grünen
Hans Heckel

Die Flucht nach vorn ist gescheitert. Hatte sich Annalena Baerbock nach dem Auffliegen ihres aufgeblasenen Lebenslaufs und der Nachlässigkeiten in der ordnungsgemäßen Meldung von Zusatzeinnahmen noch zerknirscht gegeben, wählte sie in der Plagiatsaffäre um „ihr“ Buch das Mittel der Offensive.

Was die grüne Kanzlerkandidatin hierzu aufbot, wirkte indes wie eine endlose Reihe selbstgerechter Ausflüchte und billiger Retourkutschen auf dem Niveau einer Schulhofkeiferei. Schließlich wurde es sogar der Kommentatorin der „taz“ zu viel. Zum Wochenbeginn forderte die Zeitung die Kandidatin unverblümt zum Rückzug auf: „Es ist vorbei, Baerbock!“ Die Reaktion der Grünen-Spitze sind von Fassungslosigkeit geprägt, maßlose Attacken auf das linksgrüne Hausblatt der Partei folgten.

Als „auffällig unauffällig“ kann man dagegen die Rolle der CDU/CSU in der Kontroverse um Baerbocks Fehltritte umschreiben.  Obschon sie als Hauptkonkurrent der Grünen bei der kommenden Bundestagswahl ins Rennen geht, waren kaum sichtbare Anstalten aus den führenden Reihen der Union zu erkennen – Armin Laschet beließ es dabei, lediglich absurde verbale Übergriffe aus dem grünen Lager auf seine Person abzuwehren. 

Woher rührt diese Zurückhaltung? Manche werden darin einen weiteren Beleg für die inhaltliche Annäherung der Union an die Grünen sehen. Zweifellos haben die Schwarzen unter Angela Merkel etliche grüne Positionen übernommen, etwa bei Atomkraft, „Klimaschutz“ oder Einwanderung und offene Grenzen. Auch gehört der „Kampf gegen Rechts“ längst zum Grundrepertoire der einst selbst als rechts bezeichneten CDU/CSU.

Maue CDU-Reaktion nährt Verdacht

Mehr noch aber scheint hier reines Machtkalkül am Werk zu sein. Wichtig war es Laschet und den Seinen vor allem, dass die Grünen soweit hinter die Union zurückfallen, dass außer Zweifel steht, wer den Kanzler stellen wird. Seitdem dies erledigt scheint, sieht die Unionsführung in der Öko-Partei nur noch den künftigen Koalitionspartner, mit dem man im Herbst Gespräche führen will, die man sich nicht schon im Vorwege atmosphärisch vergiften möchte durch ein hartes Angehen der grünen Kandidatin.

Auf diese Weise aber nährt die Union die Kritik jener, welche die einstigen Parteien von Kohl und Strauß nurmehr zu reinen Machtmaschinen herabgesunken sehen. Zu einem Apparat, dem es nur darum geht, oben zu bleiben, ganz gleich, durch wen und mit wem das gelingt. Und vor allem: Wofür man überhaupt in der Führung des Landes sitzt. Eine weitere Phase der inhaltlichen Beliebigkeit, welche gerade konservative und liberale Anhänger der Union in den Merkel-Jahren so schmerzlich konstatiert haben, würde sich abzeichnen, wenn diese Stimmen Recht behalten sollten. Die Grünen könnten ihre inhaltlichen Vorstellungen zum radikalen Umbau des Landes in einer kommenden Regierung mit CDU und CSU durchdrücken, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen.

Trotz ihrer derzeitigen Schwäche zeigt sich selbst in dieser Auseinandersetzung abermals die erhebliche Macht, welche die Grünen mittlerweile erlangt haben. Sie dominieren, bemerkenswert für eine 20-Prozent-Partei, nicht nur die wesentlichen Debatten im Lande. Für Annalena Baerbock wurde die Lage auch erst in dem Moment wirklich heikel, als Kritik an ihrem Gebaren und Zweifel an ihrer Kompetenz, fachlich wie charakterlich, aus dem grünen Lager selbst kamen. So, als mache man dort unter sich aus, wer im Lande stehen oder fallen soll, während die übrigen 80 Prozent die Entscheidung geduldig oder murrend abzuwarten haben.

Das ist umso erstaunlicher, als mit dem Baerbock-Desaster ein „feministischer“ Grundpfeiler grüner Ideologie als Irrweg entlarvt wurde – die Bevorzugung von Frauen ohne Blick auf deren Befähigung. Doch die Macht der Grünen scheint groß genug zu sein, dass sie wohl selbst dies einfach übergehen können.