25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 27-21 vom 09. Juli 2021 / Corona / Medizinisch sinnvoll oder Geldschneiderei? / In Deutschland lagen auffallend viele COVID-19-Kranke auf der Intensivstation und wurden künstlich beatmet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-21 vom 09. Juli 2021

Corona
Medizinisch sinnvoll oder Geldschneiderei?
In Deutschland lagen auffallend viele COVID-19-Kranke auf der Intensivstation und wurden künstlich beatmet
Wolfgang Kaufmann

Die deutschen Krankenhäuser scheinen zu den finanziellen Gewinnern der Corona-Krise zu zählen. Zwar gab es vergangenes Jahr einen Rückgang bei den Behandlungsfällen um 13 Prozent von 19,2 Millionen im Jahre 2019 auf 16,8 Millionen. Gleichzeitig stiegen indes die Einnahmen der Kliniken von 80,3 auf 92,5 Milliarden Euro. Das war ein Zuwachs von 15 Prozent. Deshalb bezeichnete Stefanie Stoff-Ahnis vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen 2020 als „das goldene Jahr der Krankenhausfinanzierung“. Mittlerweile verdichten sich die Hinweise darauf, dass die Kliniken in Deutschland nicht nur das medizinisch Notwendige getan, sondern auch eigennützig agiert haben.

So erhielten Krankenhäuser Zuschüsse, wenn in ihrem Landkreis mehr als drei Viertel der Intensivbetten belegt waren. Nach Einführung dieser Regelung kam es teilweise zu einem plötzlichen und höchst auffälligen Rückgang der gemeldeten freien Kapazitäten. Wie die Recherchen des Informatikers Tom Lausen ergaben, resultierte das unter anderem aus einer tageweisen Doppelzählung der belegten Betten bei Verlegungen von schwer an Covid-19 Erkrankten. Immerhin ein Drittel der beatmeten Corona-Patienten wurde mindestens einmal während seines Klinikaufenthaltes verlegt.

Schwerwiegende Vorwürfe

Und auch die Beatmung der SARS-CoV-2-Infizierten erwies sich als sehr lukratives Geschäft. Laut Aussage von Martin Litsch vom Bundesvorstand der AOK hat die stationäre Behandlung eines Covid-19-Falles vergangenes Jahr im Durchschnitt 10.700 Euro gekostet. Bei künstlicher Beatmung wurden sogar durchschnittlich 38.500 Euro fällig. Hierzu konstatierte der renommierte Lungenspezialist und Ärztliche Direktor des Krankenhauses Bethanien in Moers, Thomas Voshaar, im Interview mit der „Welt am Sonntag“: „Durch die hohe Vergütung gibt es leider einen finanziellen Anreiz für die invasive Form der Beatmung.“

Das erklärt dann wohl, warum in Deutschland doppelt so viele Covid-19-Kranke auf die Intensivstation kamen wie beispielsweise in Großbritannien, Dänemark oder Spanien und von den deutschen Intensivpatienten bemerkenswerte 81 Prozent künstlich beatmet wurden, wie eine Untersuchung des Facharztes für Anästhesiologie, Notfall-, Schmerz- und Palliativmedizin Matthias Thöns anhand von Daten der Krankenkasse DAK-Gesundheit ergab. Der Autor des Buches „Patient ohne Verfügung. Das Geschäft mit dem Lebensende“ stieß auf zahlreiche Corona-Opfer im Alter von über 90 Jahren, die bis zum Tode invasiv beatmet wurden, anstatt eine Palliativversorgung zu veranlassen. Das bewog Thöns zu dem Fazit: „Der sehr hohe Anteil an Beatmung lässt sich nicht allein mit medizinischen Notwendigkeiten erklären.“ 

Hierauf antwortete die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit dem empörten Dementi: „Aus den Daten die Schlussfolgerung zu ziehen, dass Ärzte unnötig beatmet haben, ist durch nichts belegt, wir weisen diese Behauptung vehement zurück.“

Abgesehen von den damit verbundenen hohen Kosten meint der Jurist und Vorstand des Dachverbandes der Betriebskrankenkassen (BKK) Franz Knieps, dass angesichts dessen, dass „ausgesprochen viele Corona-Patienten intubiert“ worden seien – „selbst sehr alte Menschen“ –, „man sich schon fragen“ müsse, „ob das nicht sogar kontraproduktiv war“. Und tatsächlich ist inzwischen klar, dass die frühzeitige invasive maschinelle Beatmung oftmals die falsche Strategie darstellte und zu zahlreichen vermeidbaren Sterbefällen führte. Nach Erkenntnissen des britischen Intensive Care National Audit and Research Center konnte nur jeder dritte beatmete Corona-Patient die Intensivstation wieder lebend verlassen. Allerdings war die Quote der so Behandelten in Großbritannien wie bereits erwähnt nur ungefähr halb so hoch wie in der Bundesrepublik.

Empörtes Dementi

Die Entscheidung zur vielfach vorschnellen beziehungsweise unnötigen maschinellen Beatmung entsprach den damaligen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die sich auf angeblich gute Erfahrungen chinesischer Ärzte mit einer beizeiten vorgenommenen invasiven Beatmung berief. Dennoch wäre es verfehlt, die Schuld ausschließlich bei der WHO oder den Chinesen zu suchen. Immerhin verfügen die Intensivmediziner in Deutschland über eine hervorragende Ausbildung und reichlich Erfahrungen mit beatmungspflichtigen Patienten, die zu deutlich mehr Vorsicht hätten gemahnen müssen.

Der Verdacht der finanziell bedingten „Maximalbehandlung“ auf der Intensivstation ist auch deshalb politisch bedeutsam, da die angeblich hohe Auslastung der Intensivstationen durch Covid-19-Patienten das Hauptargument der Politik für die Durchsetzung der „Bundesnotbremse“ mit all ihren schwerwiegenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen war.