23.04.2024

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Folge 27-21 vom 09. Juli 2021 / Freiheit im Visier / Verbieten, verbieten, verbieten / Die Grünen weisen den Vorwurf, eine „Verbotspartei“ zu sein, empört zurück. Doch beim Blick in die Parteigeschichte stapeln sich die Beweise dafür, dass die Kritik mehr als berechtigt ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-21 vom 09. Juli 2021

Freiheit im Visier
Verbieten, verbieten, verbieten
Die Grünen weisen den Vorwurf, eine „Verbotspartei“ zu sein, empört zurück. Doch beim Blick in die Parteigeschichte stapeln sich die Beweise dafür, dass die Kritik mehr als berechtigt ist
Lydia Conrad

Die Grünen weisen das Stigma der „Verbotspartei“ energisch von sich. Doch wer in die Annalen der Partei blickt, muss sich unweigerlich die Frage stellen: Sehen die Grünen uns Bundesbürger wirklich als mündige Subjekte? So halten führende Grüne wie der Co-Bundesvorsitzende Robert Habeck die Menschen hierzulande bereits für offenbar überfordert, wenn es um ökologisch korrekte Kaufentscheidungen und Verhaltensweisen geht. 

Daher plädiert Habeck für eine Überwindung der „Konsumenten-Demokratie“, indem man den Leuten von Staats wegen die Möglichkeit nehme, das Falsche zu kaufen. Recht deutlich wird diesbezüglich das vierte und jüngste Grundsatzprogramm der Partei, welches am 22. November 2020 verabschiedet wurde. Darin heißt es im Punkt 99: „Es ist Aufgabe der Politik, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen. Sinnvolle Umweltpolitik begnügt sich nicht mit Appellen, sondern setzt klare Regeln und vollzieht diese.“ 

Über die Jahre verteilt ging aus zahlreichen Vorstößen grüner Politiker oder parteiinterner Gruppierungen wie der Grünen Jugend hervor, dass zu den erwähnten Regeln vor allem Verbote gehören sollen. Und zwar möglichst viele, wie die nachfolgende Liste zeigt (wobei in Klammern jeweils das Jahr steht, in dem ein entsprechendes Verbot erstmals beziehungsweise nun besonders publikumswirksam für gut befunden, ganz direkt eingefordert oder sogar lokal von grünen Kommunalpolitikern umgesetzt wurde).

Vom Heizpilz bis zum Luftballon

Der grüne Unmut richtete sich bislang schon gegen Atomkraft (2011), Alkoholgenuss in Grünanlagen (2016) und Autos jeglicher Art (2017), Bundeswehr-Rekrutierungsversuche (2011), Böller zu Silvester (2015) und Billiglebensmittel (2020), Computereinsatz in Wirtschaft oder Verwaltung ohne Vetorecht der Belegschaften (1987), Computerspiele von angeblich gewalttätiger Natur (2009) und Coca-Cola in Schulen (2019), Digitalisierung des Telefonnetzes (1987), Delfin-Haltung in Zoos (2013) und Deutschlandfahnen (2016), Erste-Klasse-Wagen bei der Deutschen Bahn (2013), Ehe als juristische Institution (2017) und Erdbeerverkauf im Winter (2019). 

Und weiter geht’s: Fracking (2014), Fleisch-Sonderangebote (2016) und Folien zum Abdecken von Spargelfeldern (2017), Genveränderten Mais (2009), Gummireifen (2018) und polizeiliche Gesichtserkennung (2020), Hochdruckwasserwerfer (1987), Heizpilze (2012) und Haustierhaltung durch Personen ohne einen entsprechenden amtlichen  „Führerschein“ (2021), ISDN-Breitband-Glasfaserverkabelung (1987), „Islamfeindlichkeit“ (2021) und „Inklusionshindernisse“ (2021), Job-Sharing, also die Teilung eines Arbeitsplatzes durch mehrere Beschäftigte (1987), Jagdmunition mit Bleianteil (2012) und „jegliche staatliche Diskriminierung von inter*, trans* und nichtbinären Menschen“ (2021). 

Dann noch Kabel- und Satellitenfernsehen (1987), Knecht Ruprecht (2018) und Kurzstreckenflüge (2019), Leistungskürzungen im Asylrecht (1987), Lichtverschmutzung durch zu viel Kunstlicht bei Nacht (2013), Luftballons (2019), Müllverbrennungsanlagen (1987), Mandarinenverkauf im Sommer (2019) und mehr als drei Flüge pro Person und Jahr (2019), Natur- und Umweltzerstörung bei Übungen der Bundeswehr (1987), Nachtflüge am Frankfurter Flughafen (2008) und Nachtangeln (2019), Ölheizungen (2013), Online-Handel an Sonntagen (2017) und Osterfeuer (2019), Plastiktüten (2011), Ponyreiten auf Jahrmärkten (2012) und Pools in Kleingärten (2021), Quellensteuerflucht von Steuerausländern mit deutschen Zinseinkünften (2016), Q-Tips, also Wattestäbchen für kosmetische oder medizinische Zwecke mit Plastikstiel (2019) und Qualzucht bei Nutztieren (2020), Rauchen im Biergarten (2007), Retouren-Vernichtung im Online-Handel (2019), Studiengebühren (2001), „Sexistische“ Werbung (2016), Schottergärten (2019), Tierfutter-Importe aus Dritte-Welt-Ländern (1987), TV-Werbung vor und nach Kindersendungen (1996), Trümmerfrauen-Denkmäler (2014), „überflüssige und sinnlose Chemieprodukte“ (1987). 

Auflistung ist keineswegs komplett 

Schließlich: Überstunden „zur Erhöhung des Produktionsausstoßes“ (1987) und unter 18-Jährige, welche Hunde ausführen (2014), Verfassungsschutzämter (1987), Volkszählungen (1987) und Volksabstimmungen (2016), Weichmacher in Sexspielzeugen (2011), Weihnachtsbäume (2012), WLAN (2019), X- und Y-Chromosomen – nein, diese sollen zwar nicht verboten werden, dafür aber die Ungleichbehandlung von intersexuellen Menschen, bei denen chromosomale Abweichungen vorliegen, „Zigeuner-Akten“ für polizeiliche oder wissenschaftliche Zwecke (1987), Zoo- und Zirkustiere (2013) sowie Zigarettenautomaten (2013).

Diese Auflistung ist keineswegs komplett und kann noch ein ganzes Stück fortgeführt werden, um die 100 voll zu machen. So landete unter anderem auch dies auf der Verbots-Wunschliste der Grünen: Ausgabe von Wertgutscheinen anstatt Bargeld an Asylsucher, Autowerbung, Bank-Provisionen, Glyphosat, Hochsicherheitstrakte im Strafvollzug, juristische Verfolgung von Bagatelldelikten, Kamine, Kernfusionsforschung, Kitesurfen, Kutschen in Berlin, Massentierhaltung, Mikroplastik in Kosmetika, Motorroller, neue Autobahnen, Paintball, Panzerfahren zum Vergnügen, Rallye-Veranstaltungen, Streaming, sämtliche Vormundschafts- und Entmündigungsparagraphen, SUVs, Therapieversuche zur Änderung der sexuellen Orientierung, Tiertransporte in Länder außerhalb der EU, V-Männer beim Verfassungsschutz, Verbrennungsmotoren, Verkauf von Neuwaren auf Flohmärkten sowie Werbung für E-Zigaretten, Süßigkeiten und Fast Food.

Auf weitere Verbotsphantasien kann man beim Recherchieren im Internet stoßen. Besonders ergiebige Quellen sind dabei die verschiedenen Wahl- und Grundsatzprogramme der Grünen und Protokolle von deren Parteitagen. 

Angesichts all dessen haben konservative Staatsrechtler schon in den 1980er Jahren in der „Politischen Vierteljahresschrift“ die Frage aufgeworfen, ob nicht vielleicht eher die Grünen selbst verboten gehören. Die Kritik entzündete sich dabei vor allem an der Binnenstruktur und den politischen Zielen der Partei: Beide Punkte böten Anlass zu Zweifeln an der Verfassungskonformität der Partei. Was die angestrebten oder angeregten Verbote betrifft, so gilt dies teilweise noch immer.