20.04.2024

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Folge 27-21 vom 09. Juli 2021 / Tilsit e.V. / Fotografien mahnen zum Frieden / Povilas Karpavičius’ Aufnahmen führen dem Betrachter die Grausamkeiten des Krieges vor Augen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-21 vom 09. Juli 2021

Tilsit e.V.
Fotografien mahnen zum Frieden
Povilas Karpavičius’ Aufnahmen führen dem Betrachter die Grausamkeiten des Krieges vor Augen
Günter H. Hertel

Die Soldaten der „Gumbinner-Goldaper Operation“, durchgeführt vom 16. bis 27. November 1944, stehen im Frühjahr 1945 vor dem Grenzschild „Germania“ und werden vom Fotografen Povilas Karpavičius abgelichtet. Diese Aufnahme ist Teil des Plakates zur Ausstellung „Ostpreußen im Frühjahr 1945“ im Museum für Geschichte der Stadt Tilsit, die vom 7. Mai bis zum 27. Juni besucht werden konnte. Das Museum für Geschichte in Tilsit zeigte in seiner Ausstellung „Ostpreußen – Frühling 1945“ Werke des litauischen Fotografen Karpavičius.

Karpavičius war Leiter einer vom Kommando der 3. Weißrussischen Front 1945 gegründeten Gruppe von Kriegsbericht-Fotografen, die hinter den militärischen Operationen zwischen Ostpreußen und Berlin die Folgen des Krieges festhielten. Seine Aufnahmen dürften für westliche Beobachter, insbesondere die ehemaligen Einwohner Ostpreußens von hoher Emotionalität sein, denn ein Fotoapparat gehörte wohl in den seltensten Fällen zum Flucht-, Vertreibungs- oder gar Deportationsgepäck.

Im Jahre 1909 im georgischen Tiflis geboren, kam Karpavičius mit seinen Eltern nach Litauen, studierte Landwirtschaft in Kaunas und interessierte sich für die aufkommende Farbfotografie, deren Meister er später wurde. Er nahm an zahlreichen Ausstellungen teil und prägte Theorie und Praxis des Fotojournalismus. 1957 präsentierte er „Fotografische Bilder“ mit scharf ausgeprägten Details ohne Halbtöne, die eine revolutionäre Methode zur Steigerung der Ausdruckskraft in der Fotografie bot. Karpavičius starb 1986 in Kaunas. 

Im Jahre 2005 übernahm das Litauische Zentrale Staatliche Archiv in Wilna [Vilnius] ungefähr 100.000 Foto-Negative aus Karpavičius’ Nachlass. Daraus speist sich die Ausstellung in Tilsit. Dieses Museum, jedoch auch das Staatliche Litauische Geschichtsarchiv, halten in ihren Beständen eine Reihe von Dokumenten aus dem preußisch-deutschen Memelland bereit. Zusätzlich wurden in der Ausstellung Exponate aus dem seit 2011 existierendem Projekt „Lebendige Geschichte“ des Königsberger Regionalmuseums der Geschichte und Kunst, dass sich in der ehemaligen Stadthalle befindet, arrangiert, das Fragmente aus Originalen der Kriegszeit und audiovisuelle Interviews mit Veteranen, Frauen wie Männer, wiedergibt.

Im Jahre 1995 verlieh das israelische Parlament an Karpavičius und Alevtina Karpavičienė (1908-1997) den Titel eines „Gerechten unter den Völkern“. 

Mit dieser Lebensgeschichte des Kriegsfotografen Karpavičius konnte man die Fotobilder in der historischen Ausstellung mit anderen Augen sehen: Ost- und Mitteleuropas Städte in Schutt und Asche, zerstörte Infrastruktur, verbrannte Erde, gemarterte Menschen, zerrissene Familien – der Wahnsinn einer alles zerstörenden, kriegerischen Politik der Auslöschung. Die erhaltenen Fotodokumente aus Ostpreußen mahnen zum „Ewigen Frieden“ in unserer „Stadt ohne Gleichen“. 

Hintergrundinformationen finden Sie unter https://tilsit-stadtundland.de/2021/06/12/ostpreussen-fruehling-1945. Der Autor dankt Angela Buchwald, Universitätsarchiv der Technischen Universität Dresden herzlich für das Lektorat.