27.04.2024

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Folge 28-21 vom 16. Juli 2021 / Kommentar / „Selbstbestimmung“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-21 vom 16. Juli 2021

Kommentar
„Selbstbestimmung“
Norman Hanert

Die Grünen profitieren bislang davon, dass die Öffentlichkeit noch nicht allzu genau hingesehen hat, welche Zukunftsvorstellungen die Partei im Detail hat. Noch in der Schlussphase der Wahlperiode hat die Bundestagsfraktion der Grünen beispielsweise einen Entwurf für ein „Selbstbestimmungsgesetz“ vorgelegt. Dieses soll das bisher geltende Transsexuellengesetz ersetzen. Das bereits seit 40 Jahren geltende Gesetz regelt das Verfahren, mit dem Betroffene offiziell ihre Geschlechtszugehörigkeit und ihre Vornamen ändern können.

Bislang ist dazu ein Verfahren beim Amtsgericht und eine Begutachtung durch zwei Sachverständige erforderlich. Unter der Parole „Selbstbestimmung für alle“ soll das Verfahren nach den Vorstellungen der Grünen radikal vereinfacht werden, hin zu einem Antragsverfahren ohne die Begleitung von Gutachtern. Ausschlaggebend soll künftig nur noch das „Geschlechtsempfinden der Antragstellenden“ sein. 

Eine Änderung des Geschlechtseintrages und der Vornamen soll nach den Vorstellungen der Grünen zudem künftig ohne Mitwirken des gesetzlichen Vertreters bereits ab Vollendung des 14. Lebensjahres möglich werden. „Die Transgeschlechtlichkeit kann nicht diagnostiziert werden, lediglich die Antrag stellende Person selbst kann letztlich über ihre geschlechtliche Identität Auskunft geben“, so die von den Grünen gelieferte Begründung.

Weiter heißt es: „Immer wieder stellen Menschen im Laufe ihres Lebens fest, dass das bei Geburt zugewiesene Geschlecht nicht ihrer tatsächlichen Geschlechtsidentität entspricht.“ Die Formulierung kann leicht den Eindruck erwecken, bei der Transsexualität handele sich um ein Massenphänomen. Tatsächlich schätzen Experten den Anteil der betroffenen Menschen international auf 0,2 bis 0,6 Prozent der Bevölkerung. 

Für diese Gruppe mag die von den Grünen geforderte Radikalreform die Lage möglicherweise erleichtern. Erkauft wird dies allerdings mit Nebenwirkungen, unter denen vor allem Frauen zu leiden hätten. Ein Blick ins Ausland zeigt nämlich, dass in der Idee, sein Geschlecht nach eigenem Belieben frei wählen zu können, ein beträchtliches Missbrauchspotential steckt. 

In Großbritannien sorgte schon vor einigen Jahren der Fall „Karen“ für eine Diskussion über Transgender-Häftlinge in Haftanstalten. Anlass war der Transgender-Häftling Karen White. Nach der Überstellung von einem Männergefängnis in eine Frauenhaftanstalt hatte White andere Inhaftierte sexuell bedrängt. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe musste das britische Justizministerium einräumen, dass es die Vergangenheit der Transgender-Frau nicht genügend berücksichtigt hatte: Geboren als Stephen Wood, wies White eine lange Liste von Sexualstraftaten auf.

Transpersonen im Frauensport

Mit weitreichenden Folgen des „Selbsbestimmungsgesetzes“ wäre auch im Frauensport zu rechnen. Schon jetzt wird international heftig über die Frage gestritten, ob Transgender-Athletinnen, die eine männliche Pubertät durchlaufen haben, trotz Hormontherapie gegenüber anderen Sportlerinnen anatomisch nicht doch deutlich im Vorteil sind. Tatsächlich fallen Transgender-Athletinnen nach ihrer Inklusion in den Frauensport immer öfter durch Spitzenleistungen auf, mit denen Frauen und Mädchen nicht mithalten können. 

Mit der neuseeländischen Gewichtheberin Laurel Hubbard kämpft dieses Jahr erstmals eine Transgender-Athletin bei Olympischen Spiele um Medaillen im Wettkampf der Frauen. Die Grünen müssen sich darauf einstellen, dass die Idee einer Gender-Selbstbestimmung ihre bislang praktizierte parteiinterne Privilegierung von Frauen untergraben wird. Das Frauenstatut der Partei lädt geradezu dazu ein, von machtbewussten Transgender-Personen zur Förderung der eigenen politischen Karriere ausgenutzt zu werden.

Tatsächlich wächst inzwischen auch in feministischen Kreisen die Sorge, dass im Namen von LGBTI und Regenbogen-Ideologie die Rechte der Frauen unter die Räder kommen. Die britische Philosophin Kathleen Stock kritisierte unlängst sehr offen, entscheidender als das biologische Geschlecht sei mittlerweile, ob sich jemand als Frau oder Mann identifiziere. Objektiv heiße dies aber nicht, dass diese Person dann tatsächlich auch eine Frau oder ein Mann sei, so die bekennende Feministin.