23.04.2024

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Folge 28-21 vom 16. Juli 2021 / Corona-Pandemie / Mobile Impfstationen in Königsberg / Wegen steigender Infektionszahlen: Impfpflicht für zahlreiche Berufsgruppen eingeführt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-21 vom 16. Juli 2021

Corona-Pandemie
Mobile Impfstationen in Königsberg
Wegen steigender Infektionszahlen: Impfpflicht für zahlreiche Berufsgruppen eingeführt
Jurij Tschernyschew

Bis vor Kurzem schien das nördliche Ostpreußen in der Region eine Ausnahme zu bilden. Während im Westen strenge Maßnahmen zur Eindämmung von Corona galten, gab es im Königsberger Gebiet viele Unterhaltungs- und Sportveranstaltungen, Kongresse sowie geöffnete Restaurants und Kultureinrichtungen. Die meisten Menschen waren so entspannt, dass sie auf Abstand und das Tragen von Masken ganz verzichteten. 

Einer der Gründe für die deutliche Erleichterung war, dass in der Russischen Föderation der im Inland produzierte Impfstoff bereits im Winter zur ausreichend Verfügung stand. In vielen europäischen Ländern wurden die Behörden von der Öffentlichkeit heftig kritisiert, weil sie nicht alle mit dem lang erwarteten Impfstoff versorgten. Um die Zeit der Knappheit abzuwarten, wurden die Kontaktbeschränkungen noch erhöht. In vielen europäischen Ländern gingen die Menschen deshalb auf Impfstoffjagd, um Quarantänepflicht und obligatorischen Tests, etwa nach einer Reise, zu entgehen. 

In der Russischen Föderation hingegen ließen sich nur wenige Menschen impfen. Und das, obwohl diese Möglichkeit für alle gegeben war – auch für Besucher großer Einkaufszentren, in denen mobile Impfstellen eingerichtet wurden. Bereits Anfang Mai kamen Massen von Touristen ins Königsberger Gebiet. Der Flughafen „Chrabrowo“ verbuchte eine Rekordzahl an Passagieren, fast alle Plätze in Hotels und Ferienhäusern waren besetzt. 

Die Bewohner der Region waren entrüstet, dass die Touristen, die meist in Gruppen unterwegs waren, sich überhaupt nicht an die Hygieneregeln hielten: Niemand trug in den Touristenbussen Masken oder hielt die Abstandsregeln ein. Die Touristen waren völlig entspannt und schienen die Gefahr völlig zu vergessen. Die Quittung dafür kam postwendend: Die mutierte „Delta“-Variante des Virus führte zu einem Anstieg der Krankheit zunächst in Moskau und dann in den übrigen Regionen der Russischen Föderation. Innerhalb weniger Tage stieg die Krankheitsrate auf das Niveau von Anfang des Jahres und nahm weiter zu.

Touristen verursachten Anstieg

Im Königsberger Gebiet waren es mehr als 150 Neuinfektionen pro Tag mit steigender Tendenz. Von der Delta-Variante sind besonders junge Menschen zu betroffen. In der Region wurden deshalb bereits eine Reihe von Einschränkungen eingeführt. Bis zum 15. Juli wurden alle Sportveranstaltungen ohne Zuschauer abgehalten, Bars schlossen nachts und Fahrgeschäfte in Kultur- und Erholungsparks blieben geschlossen. Die Bewohner der Region waren über die letzte Einschränkung empört, weil die Kinder in den Erholungsparks nicht mehr im Freien spielen durften, während weiterhin täglich Tausende von Touristen in überfüllten Bussen ohne Masken fuhren.

Die Leiterin der regionalen Abteilung des Verbraucherschutzes, Jelena Babura,  hat inzwischen eine Verfügung über die Pflichtimpfung für bestimmte Berufsgruppen unterzeichnet. Danach sollen bis zum 20. August mindestens 60 Prozent der Mitarbeiter eines jeden Unternehmens, das in den Bereichen Handel, Gaststättengewerbe, Beherbergungsbetriebe, Bildungswesen, Gesundheitswesen, Sozialschutz, Transportwesen, Verbraucherdienste, Schönheitssalons und kulturelle Einrichtungen tätig ist, geimpft sein. Auch Mitarbeiter staatlicher Unternehmen und von Behörden unterliegen der Impfpflicht.

Die Einführung der Impfpflicht sowie ein mögliches Verbot des Besuchs von Cafés und Restaurants ohne Impfnachweis sorgten für einen Ansturm auf die Impfzentren. An einem Tag wurden mehr als 2600 Menschen in der Region geimpft. Insgesamt sind im Königsberger Gebiet zirka 140.000 Menschen geimpft, das sind etwa 14 Prozent der Bevölkerung. Vor den mobilen Impfstellen, zu denen zuvor niemand kam, stehen seitdem Dutzende Menschen Schlange. Die Einwohner beklagen, dass es nicht genügend medizinisches Personal gebe. Die Menschen stehen nicht selten anderthalb Stunden lang in Schlangen, die bekanntlich eine zusätzliche Quelle für die Verbreitung der Infektion sein können.

In diesem Zusammenhang erinnern sich ältere Bewohner der Pregelmetropole an gut organisierte Impfaktionen in der Sowjetära, als Impfungen und die damit verbundene Diagnostik in den Betrieben erfolgten, zu denen medizinisches Personal mit speziell ausgestatteten Bussen fuhren. Von solch einem Service könne man heute nur noch träumen, kritisieren die Bürger.

  Die erhöhte Nachfrage offenbarte zudem einen Mangel an Impfstoff in der Region. Die Gebietsbehörden haben bereits einen Antrag auf die zeitnahe Zuteilung von zusätzlichen 55.000 Dosen Impfstoff an das Gesundheitsministerium gestellt.