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Folge 29-21 vom 23. Juli 2021 / Wohnungspolitik / Von Klassenkampfparolen übertönt / Enteignungs-Abstimmung gegen Wohnungskonzerne kommt – Dabei will die Mehrheit ganz etwas anderes

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-21 vom 23. Juli 2021

Wohnungspolitik
Von Klassenkampfparolen übertönt
Enteignungs-Abstimmung gegen Wohnungskonzerne kommt – Dabei will die Mehrheit ganz etwas anderes
Norman Hanert

Die Initiatoren des Berliner Volksbegehrens „Deutsche Wohnen & Co. Enteignen“ haben genug Unterschriften für einen Volksentscheid eingesammelt. Wie die Landeswahlleiterin Anfang des Monats mitteilte, liegen mehr als 183.700 gültige Unterschriften für das Volksbegehren vor. Damit in Berlin ein Volksentscheid zustande kommt, müssen mindestens rund 171.000 Wahlberechtigte unterschreiben.

Am 26. September werden die Wähler der Hauptstadt damit nicht nur über die Zusammensetzung von Bundestag und Landesparlament abstimmen, sondern auch über die Enteignung von privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen, die über mehr als 3000 Wohnungen verfügen. Nach dem Willen der Initiative sollen die Unternehmen, die enteignet werden sollen, mit einer Summe „entschädigt“ werden, die „deutlich unter Verkehrswert“ liege. Die zu enteignenden Wohnungsbestände sollen nach den Plänen der Aktivisten in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführt und – wie es neudeutsch heißt – „unter demokratischer Beteiligung von Stadtgesellschaft und Mieter:innen verwaltet werden“. Eine Re-Privatisierung der Wohnungen will die Initiative per Satzung ausschließen.

60 Prozent wollen Eigentum

Schon der bisherige Erfolg der Enteignungsinitiative hat dazu geführt, dass sich die Diskussion des Wohnungsproblems in der Hauptstadt fast nur noch um zwei Positionen dreht: hier die Befürworter der Enteignung und „Vergemeinschaftung“ von Wohnungsbeständen, dort die Verteidiger des Privateigentums, die sich mitunter in der misslichen Lage sehen, auch große Immobilienkonzerne mit durchaus umstrittenen Geschäftsmodellen vor Enteignungen in Schutz nehmen zu müssen.

Fast keine Rolle spielt in der Diskussion jedoch eine dritte Option: Die Verwandlung von Mietern zu Eigentümern und die Förderung von Wohneigentum für den „Normalverbraucher“.

Gerade in Berlin ist der Anteil von Mietwohnungen mit rund 84 Prozent besonders hoch. Schlusslicht ist  die Hauptstadt dagegen beim Anteil derjenigen Bürger, die Eigentümer einer Wohnung oder eines selbst genutzten Eigenheims sind. Im Jahr 2018 lag die sogenannte Eigentümerquote lediglich bei wenig mehr als 17 Prozent. Wie eine Umfrage ergab, haben 60 Prozent der Berliner jedoch den Wunsch nach Wohneigentum.

Wie die Berliner hinken auch die Deutschen im internationalen Vergleich beim Immobilieneigentum hinterher. Lediglich etwas mehr 42 Prozent der deutschen Haushalte leben in den eigenen vier Wänden. Die durchschnittliche Wohneigentumsquote in der EU liegt dagegen bei rund 70 Prozent. Das hat auch zur Folge, dass die Deutschen beim durchschnittlichen Haushaltsvermögen weit hinten in der EU-Statistik rangieren.

Die Chancen, den Wunsch nach der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus umzusetzen, werden für die deutschen Privathaushalte sogar immer noch schlechter. In Berlin und anderen Ballungsräumen sind die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren in Höhen geklettert, die sich selbst Doppelverdiener-Haushalte mit gutem Einkommen oft kaum noch leisten können. Auch die Bau- und Nebenkosten bremsen Normalverdiener immer mehr aus, wenn sie Immobilieneigentum bilden wollen. Jüngeren Haushalten fehlt zudem oftmals auch das notwendige Eigenkapital zum Kauf.

Das Ausland macht es vor

Im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung hat das Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) untersucht, was Deutschland von anderen Ländern lernen kann, um den Anteil derjenigen Deutschen zu erhöhen, die über Wohneigentum verfügen. Vorgeschlagen haben die IW-Forscher eine Reform der Grunderwerbsteuer. Dabei könne Großbritannien als Vorbild dienen.

Die Briten profitieren bei der Grunderwerbsteuer von einem Freibetrag und einem Stufentarif. Von den Niederlanden könne sich die deutsche Politik das Instrument der Kreditausfallversicherung für Hypothekendarlehen abschauen. Eine derartige Versicherung wird in unserem Nachbarland bei Versicherungsbeginn durch einen Einmalbetrag finanziert. Banken haben dadurch eine Sicherheit, dass die Raten für den Immobilienkredit auch bei Arbeitslosigkeit oder Scheidung weiterbezahlt werden.

Aufgrund dieser höheren Sicherheit können die Geldhäuser dann aber auf Eigenkapital verzichten. Frankreich fördert mit zinsfreien Sozialdarlehen wiederum gezielt einkommensschwache Haushalte. Insgesamt lassen sich sogar bis zu 40 Prozent des Kaufpreises von Immobilien über solche Darlehen finanzieren.

In der Berliner Politik hat der Landesverband der Alternative für Deutschland diese Ideen aufgegriffen. In ihr Programm zur Berlin-Wahl am 26. September hat die Partei ausdrücklich die Förderung von Wohneigentum aufgenommen. Die AfD schlägt dazu eine Absenkung der Grunderwerbsteuer auf 3,5 Prozent und einen Steuerfreibetrag beim Wohnungskauf von 100.000 Euro pro Erwachsenem und 50.000 Euro pro Kind vor.