28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 29-21 vom 23. Juli 2021 / Deutschland / Wie Autobauer von der „Mobilitätswende“ profitieren / Langfristig droht der Branche indes ein Sinken der zurzeit noch hohen Verkaufszahlen, wenn Mobilität zu einem Privileg für Gutverdiener wird

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-21 vom 23. Juli 2021

Deutschland
Wie Autobauer von der „Mobilitätswende“ profitieren
Langfristig droht der Branche indes ein Sinken der zurzeit noch hohen Verkaufszahlen, wenn Mobilität zu einem Privileg für Gutverdiener wird
Norman Hanert

Obwohl die EU-Kommission bis 2025 die Kohlendioxidemissionswerte für Autos nochmals drastisch verschärfen will und trotz des vergangenen Corona-Krisenjahrs, geht es den deutschen Autobauern derzeit glänzend. BMW, Daimler und Volkswagen melden für die erste Jahreshälfte hervorragende Verkaufs- und Gewinnzahlen.

Auch in den kommenden Jahren können Deutschlands drei große Autokonzerne auf Rekordzahlen hoffen. Das bereits absehbare Aus für Neuwagen mit Verbrennungsmotor hat das Potential, für eine mehrjährige Sonderkonjunktur in der Autoindustrie zu sorgen. Bevor Benzin- oder Dieselfahrzeuge in einigen Jahren aus dem Sortiment der Hersteller verschwinden, wird ein Teil der Autofahrer die Chance nutzen, sich nochmals einen Neuwagen mit herkömmlicher Antriebstechnik zuzulegen.

Die einen kaufen jetzt Verbrenner, weil sie es noch dürfen

Im Segment der Elektroautos profitieren VW, Daimler und BMW wiederum von Milliarden der Steuerzahler, mit denen die Bundesregierung die Mobilitätswende anschieben will. Allein in der ersten Hälfte dieses Jahres hat Berlin 1,25 Milliarden Euro an Zuschüssen für Käufer von Elektroautos und halbelektrischen Hybridfahrzeugen spendiert. Die Prognose geht dahin, dass die Kaufprämien bis Jahresende auf insgesamt zwei Milliarden Euro ansteigen werden. Insgesamt hat die Bundesregierung das Fördervolumen im Zuge der Corona-Konjunkturprogramme auf über vier Milliarden Euro aufgestockt.

Für E-Autos mit einem Nettolistenpreis bis zu 40.000 Euro ist die maximale Fördersumme inzwischen auf 9000 Euro angestiegen. Käufer von Hybrid-Autos können bis zu 6750 Euro an Kaufprämie kassieren. Der Bund schießt 6000 beziehungsweise 4500 Euro hinzu, nur den Rest spendieren die Autohersteller. Zudem hat die Bundesregierung Elektro-Pkw, die zwischen 2020 und 2025 erstmals zugelassen werden, auch von der Kfz-Steuer befreit.

Trotz der üppigen Förderung sind bei vielen Verbrauchern die Vorbehalte gegen elektrisch angetriebene Fahrzeuge weiterhin hoch. Das zeigt eine repräsentative Meinungsumfrage, die von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften in Auftrag gegeben wurde. Laut dieser Umfrage kommt mit 24 Prozent nicht einmal für jeden Vierten die Anschaffung eines E-Autos in Betracht. Mit 31 Prozent lag die Zustimmung zu Hybrid-Fahrzeugen etwas höher. Abschreckend sind aus Sicht vieler Befragter die Anschaffungskosten (69 Prozent), die Reichweite (67 Prozent) die Zahl der Ladestationen (66 Prozent) und die Ladezeiten (60 Prozent). Hinzu kommen generelle Zweifel an der Umweltverträglichkeit der E-Autos (58 Prozent). Die ermittelten Werte des „Mobilitätsmonitor 2021“ unterscheiden sich kaum von denen des Vorjahres. Die vom Bund gewährten Anreize und auch die Berichterstattung vieler Medien zugunsten der E-Mobilität haben demnach nicht dazu geführt, dass die Zahl der Anhänger von E-Autos deutlich zugenommen hat.

Die anderen kaufen jetzt E-Autos, weil es staatlich gefördert wird

Wie eine Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau zu Tage gefördert hat, geht die zunehmende Anzahl von batteriegetriebenen Autos oder Plug-in-Hybriden in Deutschland zu einem großen Teil auf das Konto von Besserverdienern. Nach den Erkenntnissen der Förderbank legen sich Haushalte mit überdurchschnittlichem Einkommen dreimal häufiger E-Autos zu als Haushalte mit einem Durchschnittseinkommen.

Nicht zuletzt mit Hilfe staatlicher Fördertöpfe hoffen die Autobauer, die Herstellungskosten für die Elektroautos in den nächsten Jahren auf das Niveau herkömmlicher Fahrzeuge drücken zu können, um in der Lage zu sein, den Massenmarkt zu bedienen. Misslingt dies, bleiben die Elektroautos ein Produkt für Gutverdiener. Daimler, BMW und Volkswagen würden dann aber vor einem Problem stehen. Noch sorgt die Produktion von Autos mit Verbrennungsmotoren für gute Geschäftszahlen. Diese Gewinne werden allerdings langsam auslaufen. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission sollen bereits bis 2030 die Emissionswerte von Fahrzeugen von heute 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer um 55 Prozent gesenkt werden. Ab 2035 sollen in den EU-Mitgliedsstaaten überhaupt keine Neuwagen mehr mit einem Verbrennungsmotor verkauft werden dürfen. Ob den Autobauern deutliche Kostensenkungen bei der Produktion von Elektrofahrzeugen gelingen, wird mit darüber entscheiden, ob es für die breite Masse der Deutschen künftig noch so etwas wie motorisierten Individualverkehr geben wird oder ob Mobilität zu einem Privileg für Gutverdiener wird.

Bislang ist nämlich nicht erkennbar, ob sich bei den E-Autos ein Gebrauchtwagenmarkt entwickeln wird, der mit dem bislang bekannten für Verbrennungsfahrzeuge vergleichbar wäre. Laut Händlerberichten haben sich gebrauchte Elektroautos zu schwerverkäuflichen Ladenhütern entwickelt, die rapide an Wert verlieren. Anteil daran haben die attraktiven Kaufprämien vom Staat und den Herstellern für Neufahrzeuge, ganz stark aber auch die Batterieproblematik. Die Akkus stellen das Kernstück und den eigentlichen Wert der E-Autos dar. Die Speicherleistung gebrauchter E-Fahrzeuge hängt wiederum von der Zahl der bereits erfolgten Ladezyk-len ab. Gerade bei älteren E-Autos müssen Käufer oft Abstriche bei der Batteriekapazität in Kauf nehmen.