25.04.2024

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Folge 30-21 vom 30. Juli 2021 / Energiewende / Umwandlung von Agrar- in Industrieland birgt Gefahren / Preisverfall für landwirtschaftliche Produkte und hoher Konkurrenzdruck –immer mehr Landwirte wollen Photovoltaik-Anlagen auf ihren Feldern bauen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-21 vom 30. Juli 2021

Energiewende
Umwandlung von Agrar- in Industrieland birgt Gefahren
Preisverfall für landwirtschaftliche Produkte und hoher Konkurrenzdruck –immer mehr Landwirte wollen Photovoltaik-Anlagen auf ihren Feldern bauen
Norman Hanert

Nach Landschaften, die durch Windräder verspargelt werden, und großflächigen  Monokulturen für Energiepflanzen greift im Zuge der Energiewende nun eine weitere Entwicklung in den ländlichen Regionen um sich. Investoren und Landwirte wollen immer öfter Ackerflächen oder Grünland in Solarparks umwandeln. Besonders ambitionierte Pläne gibt es für die Uckermark im Nordosten des Bundeslandes Brandenburg. Für diesen relativ sonnenreichen Teil Brandenburgs liegen nach Informationen des Senders rbb mittlerweile Anfragen von Investoren zum Bau von Solaranlagen auf 1500 Hektar vor. Besonders groß fällt ein Projekt aus, das im Boitzenburger Land geplant ist. Dort will ein Landwirt drei Fotovoltaik-Anlagen auf etwa 200 Hektar Ackerflächen bauen. Zur Begründung führt der Landwirt an: „Die Bedingungen für landwirtschaftliche Betriebe sind in den vergangenen Jahren immer schlechter geworden.“ Ganz konkret verweist der Agrarunternehmer auf einen Preisverfall für Landwirtschaftsprodukte und hohen Konkurrenzdruck. Als weiteren Grund, sich nach Alternativen umzuschauen, führt der Landwirt das Problem langer Trockenheit an: „Wir haben mittlerweile Trockenperioden von vier, fünf, sechs Wochen, wo wir keinen Regen mehr bekommen haben, und das zeichnet sich deutlich in den Erträgen ab.“

Landwirte zahlen drauf

Die Argumente sind nachvollziehbar. Ein Blick in die USA zeigt jedoch, dass mit der Umwandlung von Ackerflächen in Solaranlagen auf die Landwirtschaft insgesamt ein Problem zurollt. In den USA hat der Trend zu Solarfarmen im ländlichen Raum bereits einige Jahre früher als in Deutschland eingesetzt. Zu beobachten war dabei ein Verdrängungswettbewerb: Sobald die Landwirte mit Solarfirmen um landwirtschaftliche Flächen konkurrieren, treibt dies schnell die Pachtpreise in die Höhe. In diesem Rennen sind es regelmäßig die Farmer, die bei den Preisen nicht mehr mithalten können, die von den Energieversorgern geboten werden. Auch hierzulande zahlen Betreiber von Solaranlagen mittlerweile jährliche Pachtpreise von bis zu 2000 Euro je Hektar. Zum Vergleich: Der bundesweite Durchschnittspreis bei Neuverpachtungen von Ackerland liegt derzeit bei 430 Euro je Hektar.

Da die Pachtverträge über Jahrzehnte laufen, können die Verpächter sogar über einen langen Zeitraum mit hohen Einnahmen rechnen. Als Folge stehen allerdings immer  mehr Flächen nicht mehr für die landwirtschaftliche Produktion zur Verfügung. In den USA war in einigen Regionen des Nordostens schließlich sogar ein Verschwinden der Landwirtschaft zu beobachten. Nach den Erkenntnissen des Ökonomen Ron Heiniger, der sich an der North Carolina State University schon länger mit der Solarproblematik im ländlichen Amerika beschäftigt, führt die Verdrängung der Landwirtschaft durch Solaranlagen auch zur Abwanderung weiterer Unternehmen, etwa von Händlern und Dienstleistern. Diese Entwicklung des ländlichen Raums ist möglicherweise sogar dauerhaft:

Durch die in die Höhe getriebenen Pachtpreise rechnet sich eine landwirtschaftliche Nutzung der Böden gar nicht mehr. Der Agrarökonom Heiniger hat zudem auf die Gefahr hingewiesen, dass die Ackerböden durch die Solarfarmen langfristig runinert werden. Die Betreiber sind nämlich gezwungen, gegen das Aufkommen von Unkräutern oder Sträuchern unter den Solarpaneelen vorzugehen. Dazu greifen die Betreiber der Anlagen zum Teil auf Herbizide zurück, zum Teil aber auch auf Unkrautschutzgewebe, das mit Kies bedeckt wird. Ob sich solche Flächen nach Jahrzehnten überhaupt noch als Ackerflächen eignen, wird sich erst in der Zukunft erweisen. Fraglich ist ebenso, ob sich die bereits in den USA zu beobachtende negative Entwicklung hierzulande noch verhindern lässt.

Verlust landwirtschaftlicher Flächen

Bundes- und Landesregierungen sehen derzeit im Ausbau der „erneuerbaren Energien“ eines ihrer wichtigsten Politikziele überhaupt.  Bereits seit 2017 haben die Bundesländer die Möglichkeit, selbst Freiflächen für Photovoltaik festzulegen. Bayern und Baden-Württemberg nutzen diese Möglichkeit bereits und erlauben die Errichtung von Solarparks auf Ackerflächen. In Rheinland-Pfalz sind Solaranlagen bislang nur auf Grünland in benachteiligten Gebieten möglich.
Der Schweriner Landtag beschloss im Juni auf Antrag von SPD und CDU, auch in Mecklenburg-Vorpommern die Errichtung von großen Solaranlagen auf Ackerflächen zu ermöglichen. Freigeben will das Land nach Angaben von Landeslandwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) bis zu 5000 Hektar. Der Trend zur Umwandlung von Landwirtschaftsflächen zur Erzeugung von Solarstrom ist umstritten:

Der Bayerische Bauernverband (BBV) sprach sich in einem Positionspapier ganz generell für den Ausbau von Fotovoltaik als zusätzliches Standbein für Landwirte aus. Allerdings sollten nach Ansicht des Verbandes dafür vorrangig Dachflächen genutzt werden. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht die Nutzung von Ackerflächen für riesige Solarparks kritisch. Wie der Bayerische Bauernverband vertritt auch der BUND den Standpunkt, Ackerflächen sollten der Nahrungs- und Futtermittelproduktion dienen.