20.04.2024

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Folge 31-21 vom 06. August 2021 / Zweiter Weltkrieg / Als das UK und die UdSSR in den Iran einfielen und die USA zuschaute / Die iranische Politik ist nicht zuletzt auf die Erfahrungen des Landes mit dem Vereinigten Königreich, der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten vor 80 Jahren zurückzuführen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-21 vom 06. August 2021

Zweiter Weltkrieg
Als das UK und die UdSSR in den Iran einfielen und die USA zuschaute
Die iranische Politik ist nicht zuletzt auf die Erfahrungen des Landes mit dem Vereinigten Königreich, der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten vor 80 Jahren zurückzuführen
Wolfgang Kaufmann

Es ist das große außenpolitische Ziel der Islamischen Republik Iran die USA, den „Großen Satan“, und Israel, den „Kleinen Satan“, aus der Region hinauszudrängen. Militärisch wird der Gegner mit asymmetrischen Mitteln wie Sabotage und Anschlägen bekämpft. Außenpolitisch betreibt der Iran eine ausgeklügelte Bündnispolitik, die seinen Einfluss vom Libanon bis zum Jemen verstärkt.

Gleichzeitig versucht das schiitische Regime, in den Besitz modernster Waffen zu gelangen. Ein nützlicher Partner hierbei könnte Russland sein, zumal Moskau und Teheran viele gemeinsame Interessen haben. Jedoch besteht ein gewisses Grundmisstrauen im Iran, was die Großmacht im Norden betrifft. Dieses resultiert ebenso aus Ereignissen von vor 80 Jahren wie die Feindschaft gegenüber den USA, die keineswegs nur ein Produkt der Iranpolitik Washingtons nach der Islamischen Revolution von 1979 ist.

Vergeblicher Hilferuf an die USA

Vor 80 Jahren befand sich das Deutsche Reich im Krieg mit der stalinistischen Sowjetunion. Deshalb wollten Großbritannien und die USA der UdSSR Hilfslieferungen zukommen lassen. Dadurch rückte die Transiranische Eisenbahn zwischen dem Persischen Golf und dem Kaspischen Meer in den Fokus der Alliierten. 

Allerdings beharrte der iranische Schah, der wie ein Großteil seiner Untertanen Sympathien für Adolf Hitler hegte, auf der Neutralität seines Landes. Um einen Kriegsgrund zu haben, forderten London und Moskau nun die Führung in Teheran am 16. August 1941 ultimativ auf, die 500 deutschen Spezialisten, die in der iranischen Industrie tätig waren, auszuweisen, wohl wissend, dass der Iran dem keinesfalls nachkommen würde. 

Nachdem der Iran das Ultimatum hatte verstreichen lassen, überschritt in den Morgenstunden des 25. August 1941 das British Iraq Command unter Generalleutnant Sir Edward Pellew Quinan mit rund 50.000 Mann der 8. und 10. indischen Infanteriedivision sowie der 2. indischen Panzerdivision und zwei Kavalleriedivisionen die iranische Grenze. Parallel hierzu attackierten sechs Kriegsschiffe der Royal Navy und Landungstruppen des Empire iranische Marinestützpunkte sowie den Hafen von Abadan, um die in dessen Nähe befindliche Großraffinerie der Anglo-Iranian Oil Company zu sichern.

Währenddessen rückten 120.000 Rotarmisten der 44., 47. und 53. Armee unter Generalleutnant Dmitri Koslow, dem Oberkommandierenden der UdSSR-Transkaukasusfront, und Generalmajor Sergei Trofimenko mit mehr als 1000 Panzern vom Kaspischen Meer aus nach Süden vor.

Noch am ersten Tag des anglo-sowjetischen Überfalls appellierte der Schah an den US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt, doch „bitte … wirksame und dringend erforderliche … Schritte zu unternehmen, diesem Akt der Aggression ein Ende zu setzen“. Aber der Mann im Weißen Haus antwortete nur kühl unter Verweis auf „Hitlers Ambitionen, die Welt zu erobern, … dass die Länder, die ihre Unabhängigkeit bewahren wollen, sich in einer gemeinsamen Anstrengung zusammenfinden müssen, wenn sie nicht eines nach dem anderen überwältigt werden wollen“. Das war faktisch ein Freibrief für London und Moskau, mit der Besetzung des Iran fortzufahren. 

Die Doppeloperation unter den euphemistischen Codenamen „Counte­nance“ (Gemütsruhe) beziehungsweise „Soglasie“ (Einwilligung) endete am 17. September 1941 mit dem Einmarsch der Briten und Sowjets in Teheran. Die Aggressoren hatten bis dahin insgesamt 37 Mann sowie einen Panzer und zehn Flugzeuge verloren, während der Blutzoll der Iraner deutlich höher lag. Das resultierte vor allem aus der Versenkung zweier iranischer Kriegsschiffe. Insgesamt starben rund 800 Angehörige der Streitkräfte des Schahs, darunter auch Konteradmiral Gholamali Bayandor. Der erste Kommandeur der iranischen Marine fiel, als sich die Briten unter dem Vorwand näherten, Verhandlungen führen zu wollen, und dann plötzlich das Feuer eröffneten. Ebenso kamen 200 iranische Zivilisten bei der sowjetischen Bombardierung unverteidigter Städte ums Leben. 

Wie geplant, teilten die Alliierten den Iran in eine britische Besatzungszone im Süden und eine sowjetische im Norden auf. Danach begannen die Hilfslieferungen für Josef Stalin über den sogenannten Persischen Korridor, die einen Umfang von insgesamt rund fünf Millionen Tonnen erreichten. Außerdem wurde der Schah genötigt, zugunsten seines Sohnes Mohammad Reza Pahlavi auf den Thron zu verzichten. Dieser Machtwechsel führte dazu, dass der Iran schließlich im September 1943 Deutschland den Krieg erklärte. 

Chance für China

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erwiesen sich die USA dann im Gegensatz zu 1941 als Retter in der Not. Stalin zögerte den vertraglich vereinbarten Abzug der Roten Armee aus dem Nordwesten des Iran immer weiter hinaus und plante dessen Abspaltung, um die dortigen Ölvorkommen in seinen Besitz zu bringen. Dieses Vorhaben misslang nur deshalb, weil die Vereinigten Staaten massiven Druck auf die Sowjetunion ausübten, was zur ersten großen Krise des Kalten Krieges führte. Infolgedessen entwickelten sich die Beziehungen zwischen Washington und Teheran dann zunächst positiv, bis es 1979 zum Sturz der persischen Monarchie kam. Später wiederum suchte der Iran die Annäherung an Russland, um die westlichen Sanktionen wegen seines Atomprogramms zu unterlaufen. 

Mittlerweile scheint es so, als ob Teheran wieder auf Distanz zu Moskau geht, während China immer größere Avancen in puncto Vertiefung und Ausbau der bilateralen Beziehungen macht. Wenn es der Volksrepublik gelänge, den Golfstaat in ihr Konzept der Neuen Seidenstraße zu integrieren und beispielsweise zu günstigen Konditionen an iranisches Öl zu gelangen, würde sie zum Nutznießer der iranischen Erfahrungen mit den Großmächten Großbritannien, Russland und USA.





Iranische Verluste

200

Zivilisten starben bei der Bombardierung Gilans durch sowjetische Streitkräfte

800

Soldaten, Matrosen und Flieger, darunter Konteradmiral Gholamali Bayandor, wurden getötet

2

Kriegsschiffe, die „Palang“ (Leopard) und die „Babr“ (Tiger), wurden versenkt