18.04.2024

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Folge 32-21 vom 13. August 2021 / Lehrermangel Zu Beginn des aktuellen Schuljahrs 2021/2022 zeigt sich an etlichen Schulen der Republik, dass freie Stellen aus mehreren Gründen nicht mit qualifiziertem Personal besetzt werden können / Realität abseits der Wahlversprechen / Das neue Schuljahr offenbart, dass sich die Probleme vor allem an Grundschulen verschärft haben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-21 vom 13. August 2021

Lehrermangel Zu Beginn des aktuellen Schuljahrs 2021/2022 zeigt sich an etlichen Schulen der Republik, dass freie Stellen aus mehreren Gründen nicht mit qualifiziertem Personal besetzt werden können
Realität abseits der Wahlversprechen
Das neue Schuljahr offenbart, dass sich die Probleme vor allem an Grundschulen verschärft haben
Norman Hanert

Ähnlich wie schon in den vergangenen Jahren haben die Bundesländer auch zum Start des Schuljahres 2021/22 große Probleme, offene Stellen an Schulen mit qualifizierten Lehrkräften zu besetzen. Erschwert wird die Lage in diesem Jahr durch die Corona-Pandemie. Zum Teil werden Lehrer mit Vorerkrankungen im Präsenzunterricht nicht vor ihren Klassen stehen können. Zusätzliches Personal wird durch die Pflicht zu Corona-Schnelltests an den Schulen nötig.

Um in dieser Lage offene Stellen an Schulen noch mit ausgebildeten Fachkräften besetzen zu können, geht eine ganze Reihe von Bundesländern mittlerweile in ganz Deutschland auf die Suche nach voll ausgebildeten Lehrern. Länder wie Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und auch Brandenburg werben sogar schon ganz gezielt außerhalb der Bundesrepublik um Lehrpersonal. Auch die Pädagogische Hochschule Weingarten bietet mittlerweile ausländischen Lehrern die Möglichkeit an, sich für den Schuldienst in Baden-Württemberg zu qualifizieren.

Als besonders prekär gilt die Lage in Berlin. Nicht zuletzt durch starke Zuwanderung aus dem Ausland steigen seit Jahren die Schülerzahlen. Im Schuljahr 2020/21 gibt es in Berlin insgesamt 331.049 Schüler, 5524 mehr als im vorangegangenen Schuljahr. 

Als einziges Bundesland verzichtet Berlin seit 2004 darauf, Lehrer zu verbeamten. Um im Wettbewerb mit anderen Bundesländern dennoch Lehrkräfte zu finden, zahlt Berlin mittlerweile bundesweit die höchsten Einstiegsgehälter für Grundschullehrer. Trotz solcher Anreize gelingt es vielen Berliner Schulen nicht, genug Personal zu finden, das ein reguläres Lehramtsstudium durchlaufen hat. Laut der Berliner Senatsbildungsverwaltung haben rund 60 Prozent der zum Schuljahr 2021/22 neu eingestellten Lehrkräfte kein Lehramtsstudium absolviert. 

Rund 800 der neuen Lehrer sind sogenannte Quereinsteiger, die zumindest ein zu ihrem Schulfach passendes Fach studiert haben. Zudem weist die Statistik in diesem Jahr über 400 „sonstige Lehrkräfte“ aus. Hierbei handelt es sich unter anderem um Künstler oder um Lehrkräfte für „Willkommensklassen“ von zugewanderten Kindern. Gerade im Fall von Berlin wird deutlich, wie wichtig Lehrer sind, die sich per Lehramtsstudium auf ihren Beruf vorbereitet haben. Gut 40 Prozent der Schulkinder stammen aus nichtdeutschen Familien. Entsprechend hoch ist damit der Aufwand, an den Schulen deutsche Sprachkenntnisse zu vermitteln. 

Bereits Anfang 2020 war bekannt geworden, dass der Anteil nicht ausgebildeter Lehrer an Grundschulen in sozialen Brennpunktviertel extrem hoch war. Hervorgegangen war diese Information durch die Senatsantwort auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Joschka Langenbrinck. Demnach lag im Schuljahr 2019/20 der Quereinsteigeranteil an sieben Schulen sogar über 30 Prozent. Für die Gottfried-Röhl-Grundschule im Wedding wurde sogar ein Wert von 36 Prozent angegeben. Schon Daten für das Schuljahr 2018/19 hatten zutage gefördert, dass Förderschulen (3,8 Prozent) und Gymnasien (5,4 Prozent) den geringsten Anteil von Quereinsteigern hatten. 

Für Langenbrinck war dies Anlass, „Chancengleichheit für alle Schüler und alle Kieze“ zu fordern. Pikanterweise sind es die Sozialdemokraten, die ununterbrochen seit 25 Jahren im Senat für das Bildungsressort zuständig sind. Im aktuellen Wahlprogramm zur Abgeordnetenhauswahl im September kündigen die Genossen an: „Daher möchte die Berliner SPD ein Bildungssystem, das den Lernerfolg nicht von der sozialen Herkunft abhängig macht. Kein Kind darf zurückbleiben.“ 

Im Kontrast dazu steht die Ballung nicht regulär ausgebildeter Lehrkräfte an Grundschulen. Gerade hier werden die Grundlagen für den Erfolg oder das Misslingen des Bildungswegs gelegt. Ganz bewusst haben sich einige Bundesländer dafür entschieden, Quereinsteiger möglichst nicht an Grundschulen einzusetzen.





Einschätzungen von der Basis

Astrid-Sabine Busse Für die Vorsitzende des Interessenverbands Berliner Schulleitungen (IBS)sind Lehrer die wichtigsten Akteure: „Die sind so knapp wie Goldstaub.“

Simone Fleischmann Die Präsidentin des Bayerischen Lehrerverbandes, warnte bereits 2019 vor den Folgen des Lehrermangels: „Die Hütte brennt.“

Sven Zimmerschied von der Berliner Vereinigung der Schulleiter von Sekundarschulen hält es für unrealistisch, Stellen mit ausgebildeten Lehrkräften zu besetzen