20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 32-21 vom 13. August 2021 / Industrielle Revolution / Ein „göttlicher Dampf“ aus Branitz / Der Gartenkünstler als industrieller Visionär – Ausstellung über die Begeisterung, die Fürst Pückler für Dampfmaschinen aufbrachte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-21 vom 13. August 2021

Industrielle Revolution
Ein „göttlicher Dampf“ aus Branitz
Der Gartenkünstler als industrieller Visionär – Ausstellung über die Begeisterung, die Fürst Pückler für Dampfmaschinen aufbrachte
Helga Schnehagen

Es ist ein gewaltiger Spagat, die industrielle Revolution zu feiern und gleichzeitig ihren Abgesang in eine ungewisse Zukunft hoffnungsvoll zu zelebrieren. Brandenburg wagt den Versuch: Mit über 40 über das Land verteilten Projekten spürt es dem Strukturwandel im Rahmen seines Jahresthemas „Zukunft der Vergangenheit – Industriekultur in Bewegung“ aus unterschiedlichen Perspektiven nach, und zwar nostalgisch wie innovativ.

Die Zukunft setzt auf den Erfindergeist des Menschen. Der sowohl vielseitig interessierte, als auch visionäre Fürst von Pückler-Muskau (gestorben 1871 auf Schloss Branitz) fungiert dabei als Leitfigur. Die Ausstellung „Pückler industriös“ im Branitzer Park verbindet die persönliche Anteilnahme des genialen Parkarchitekten am technischen Fortschritt mit einem allgemeinen Rückblick auf die Blüte der Industrialisierung.

Die wohlhabendste und fortschrittlichste Nation Europas war im 18. und 

19 Jahrhundert dank seiner raschen Industrialisierung England. Nach englischem Vorbild sollte auch Preußen aufsteigen. Zwar war hier in Pücklers Geburtsjahr 1785 die erste deutsche Dampfmaschine in Betrieb genommen worden, aber es dauerte noch Jahrzehnte, bis die Industrialisierung an Fahrt aufnahm und den Agrarstaat grundlegend veränderte. Nach Napoleons Sieg und Preußens Zusammenbruch 1806 trugen vor allem die Stein-Hardenbergschen Reformen bis 1815 dazu bei. Anders als in England war es dann nicht die Textilindustrie, sondern Montanindustrie und Eisenbahnbau, welche die Entwicklung vorantrieben. 

Die ersten Weltausstellungen 1851 in London und 1855 in Paris bildeten den Auftakt zu einer internationalen Ausstellungsbewegung, die bis in das 20. Jahrhundert das technische und industrielle Selbstverständnis der modernen Zivilisation widerspiegeln sollte. Pückler war einer von den mehreren Millionen Besuchern. Schon in London stellte er fest: „Übrigens bemerkte ich im Allgemeinen, daß in demselben Grade wie wir auf dem Kontinent in Luxus und Komfort seit Napoléons Sturz gestiegen sind, England zurückgegangen ist.“

Im Mittelpunkt stand der „göttliche Dampf“. Auch Pückler träumte von einer Dampfmaschine, die Fontänen in Branitz sprudeln ließen. Allein ihm fehlte das Geld. Dafür studierte er aufwendig bebilderte Kataloge, die im Zuge der neuen Massenproduktion erstmals erschienenen. Eifrig bestellte er deren Produkte und ließ sie sich schicken. 

Neuere Techniken wie Eisenkunstguss, Zinkguss und Terrakottafabrikation ermöglichten die preiswerte Produktion von Möbeln und Kopien bekannter Skulpturen und Reliefs in großer Zahl. Im Alter jedoch ahnte er bereits, „ … daß der Natur unsere Civilisation, besonders die jetzige industrielle, schauderhaft zuwider sein mag.“

Pückler industriös läuft bis 31. Oktober. Besichtigung momentan täglich außer dienstags von 11 bis 18 Uhr mit telefonischer Terminbuchung – auch kurzfristig, Telefon (0355) 75150. Alle Ausstellungen zum Themenjahr findet man im Internet unter: www.kulturland-brandenburg.de