25.04.2024

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Folge 33-21 vom 20. August 2021 / Diener dreier Herren / Die Kunstsammlung der Veste Coburg stellt Lucas Cranach d. Ä. als kursächsischen Hofmaler vor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-21 vom 20. August 2021

Diener dreier Herren
Die Kunstsammlung der Veste Coburg stellt Lucas Cranach d. Ä. als kursächsischen Hofmaler vor
Veit-Mario Thiede

Der anno 1472 in Kronach geborene Lucas Cranach der Ältere musste 33 Jahre auf die große Chance seines Lebens warten. Der Künstler nutzte sie, indem er 1505 die Berufung zum kursächsischen Hofmaler annahm. Cranach blieb bis zu seinem Tod 1553 im Amt. 

In diesen 48 Jahren diente er zunächst Kurfürst Friedrich dem Weisen sowie dessen Bruder und Nachfolger Johann dem Beständigen, auf den dessen Sohn Johann Friedrich der Großmütige folgte. Attraktive Beispiele der künstlerischen Produktion, die er und seine Werkstattmitarbeiter im Dienste des Hofes hervorbrachten, breitet die Ausstellung „Lucas Cranach – Kunst im Dienste des Hofes“ der Kunstsammlungen der Veste Coburg aus. In der nach Themenkreisen geordneten Schau überwiegen Holzschnitte. Zu ihnen treten Gemälde und einige historische Objekte, zum Beispiel die den Lanzen bei Ritterturnieren aufgesetzten Spitzen. 

Cranach kannte die Veste Coburg gut. Im Gefolge Friedrichs des Weisen hielt er sich dort von August 1506 bis zum nächsten Februar auf. Im Hintergrund seines Holzschnittes „Das Martyrium des heiligen Erasmus“ (1506) tritt die Veste in Erscheinung. Sie war Ausgangspunkt prunkvoll inszenierter Jagden. Die galten damals als unverzichtbares Mittel fürstlicher Repräsentation und waren daher eine Bildaufgabe für Cranach, wie der mit überbordendem Detailreichtum aufwartende Holzschnitt „Sächsisch-kurfürstliche Hirschjagd“ (um 1506) zeigt. 

Höhepunkte der adeligen Festkultur waren Ritterturniere. Ihnen hat der Hofkünstler vier mit turbulenten Massenszenen angefüllte Holzschnitte gewidmet. Zum Zeichen, dass Cranach die Blätter im kurfürstlichen Auftrag schuf, weisen sie die beiden sächsischen Wappen auf: gekreuzte Schwerter und den Rautenkranz.

Wir finden die kursächsischen Wappen auf erotischen Darstellungen wie auf dem auf 1506 datierten, aber vermutlich erst 1509 geschaffenen Blatt „Venus und Amor“. Es soll zur Mäßigung aufrufen, denn Venus bedeutet Amor, den Bogen mit dem Liebespfeil zu senken. Neben Dürer war Cranach der erste Künstler nördlich der Alpen, der sich an die Darstellung des weiblichen Aktes heranwagte. Besonders reizvoll ist das aus Cranachs Werkstatt hervorgegangene kleine Rundbild „Ruhende Quellnymphe“ (um 1525). Die nackt vor einer von Steinblöcken eingefassten Quelle liegende Nymphe scheint uns ebenso wie der im Vordergrund dargestellte Biber und der rechts ruhende Hirsch zu beobachten. 

Der Hirsch war zu Cranachs Zeiten ein beliebtes Symbol für die Sehnsucht der menschlichen Seele nach Gott. Der Biber galt als Sinnbild der Keuschheit und der Absage an das Laster. Die erotische Note der Darstellung wird also übertönt von der Mahnung, sinnlichen Versuchungen zu widerstehen.

Die verscherbelten Reliquien 

Die wichtigsten Aufgabenbereiche des Hofkünstlers waren religiöse Darstellungen sowie Fürstenporträts. Aufs Schönste hat er sie in den beiden Gemälden von 1513 erfüllt, die Friedrich den Weisen und Johann den Beständigen als edel gekleidete Halbfiguren beim Gebet zeigen. Die beiden Prachtwerke dienten vermutlich als Flügel eines von den Brüdern gestifteten Altaraufsatzes. Eine seitenverkehrte Version dieses Porträts von Friedrich dem Weisen entdecken wir auf dem farbig ausgemalten Holzschnitt wieder, der ihn im Gebet vor der Madonna und dem Jesuskind (um 1515) darstellt. 

Der von tiefer Frömmigkeit erfüllte Herrscher legte einen der größten Reliquienschätze der westlichen Christenheit an. Dessen Reliquiare dokumentierten Cranach und seine Werkstatt auf den Holzschnitten des erstmals 1509 erschienenen „Wittenberger Heiltumsbuches“.

Bald nach Friedrichs Tod 1525 machte sich sein nunmehr als Kurfürst regierender Bruder Johann daran, die in der Wittenberger Schlosskirche Allerheiligen aufbewahrte Sammlung aufzulösen. Die Reliquiare ließ er zur Tilgung seiner Schulden einschmelzen. Was mit den Reliquien geschah, ist unbekannt. Mit einer Ausnahme: Der Kurfürst machte Luther den der Überlieferung zufolge aus dem Besitz der heiligen Elisabeth von Thüringen stammenden „Hedwigsbecher“ zum Geschenk. Er wird heute im zweiten der beiden auf der Veste Coburg eingerichteten Luther­zimmer aufbewahrt. Sie erinnern daran, dass sich der für vogelfrei erklärte Reformator 1530 auf der Veste aufhielt, um so aus sicherer Entfernung vom südlichsten Zipfel des kursächsischen Herrschaftsgebietes aus die Ereignisse des Augsburger Reichstags zu verfolgen. Auf dem übergaben die Protestanten Kaiser Karl V. ihre von Philipp Melanchthon verfasste Bekenntnisschrift „Confessio Augustana“.

In der Sonderschau sind Luther und seine Gattin Katharina von Bora mit Porträtgemälden (1528) vertreten, die wegen ihrer exzellenten Ausführung als eigenhändige Werke Cranachs gelten.

Bis 12. September in den Kunstsammlungen der Veste Coburg. Täglich geöffnet von 9.30 bis 17 Uhr, Eintritt 9 Euro. Internet: www.kunstsammlungen-coburg.de