Das Ausmaß an Einigkeit, welches immer mehr Journalisten mit den politisch Mächtigen besonders in der Merkel-Zeit entwickelt haben, tritt kaum irgendwo so aufreizend hervor wie in TV-Interviews und Talkshows. Unterwürfigkeit und augenzwinkernde Kumpanei prägen zahllose Gespräche. Der spektakuläre Tiefpunkt dieser filzgetränkten Plauderrunden tat sich auf, wenn „Bundeskanzerlin Angela Merkel zu Gast bei Anne Will“ war. Es war zum Schaudern.

Mit einiger Erwartung blickte man daher dem Start von Bild TV entgegen. Die Macher um „Bild“-Vizechef Paul Ronzheimer hatten den Mund zuvor auch ziemlich voll genommen. Unerschrocken werde der Sender auftreten, harte Fragen wollten sie den Politikern entgegenhalten – heißt: einen erfrischenden Kontrast anbieten zu den kuscheligen Gefälligkeitsrunden der berüchtigten „Haltungsjournalisten“.

Am Sonntag war Startschuss, am Abend lief die „Kanzlerrunde“, und man darf feststellen: Die Bild TV-Macher haben Wort gehalten. Ronzheimer knöpfte sich CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet vor, sein Kollege Kai Weise den SPD-Konkurrenten Olaf Scholz. Keiner der Interviewer schenkte seinem Gegenüber irgendetwas. 

Versuchte einer der beiden Politiker auszuweichen, stellten ihm Ronzheimer oder Weise verbissen nach. Und das jeweils solange, bis das Ausweichen zumindest für jeden Zuschauer unübersehbar wurde. So erging es Scholz, als er eine Koalition mit der Linkspartei partout nicht ausschließen wollte.

Die TV-Konkurrenz wird den Neuling mit Argusaugen betrachten. Schon deshalb, weil Bild TV im Umgang mit der Macht Maßstäbe setzt, die der Zuschauer fortan auch an die anderen Sender anlegen kann. Die Anbiederei etablierter TV-Macher an die Mächtigen sticht im Vergleich besonders ins Auge.