29.03.2024

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Folge 34-21 vom 27. August 2021 / Region in der Krise / „Der Niedergang der islamischen Welt hat interne Ursachen“ / Wer hat Schuld an der orientalischen Dauermisere? Experte sieht in der Religion einen Haupttreiber der Probleme

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-21 vom 27. August 2021

Region in der Krise
„Der Niedergang der islamischen Welt hat interne Ursachen“
Wer hat Schuld an der orientalischen Dauermisere? Experte sieht in der Religion einen Haupttreiber der Probleme

Dass der Westen daran gescheitert ist, in Afghanistan, Libyen, Syrien und dem Irak stabile beziehungsweise demokratische Verhältnisse nach seinem Gusto zu schaffen, liegt auch an den Zuständen in diesen vier Staaten. Die Herrschenden dort haben es bis heute nicht vermocht, die Gesellschaft nachhaltig zu modernisieren. Daraus resultierten schon lange vor den Bürgerkriegen, welche durch das Zutun des Westens aufflammten, Chaos, Staatsverfall und Anarchie oder sogar Barbarei. 

Afghanistan, Libyen, der Irak und Syrien hingen während ihrer gesamten Unabhängigkeit irgendwo im Niemandsland zwischen der spätfeudalen Ära und der Moderne fest. Dazu kam eine extreme innere Zerrissenheit durch die Dominanz von Clan- und Stammesstrukturen. Letztendlich galt in vielerlei Hinsicht eher das Recht der Faust und des Stärkeren als die Gesetze der Zentralmacht.

Eine wichtige Rolle spielte hierbei die retardierende Wirkung der Religion. Wie der niederländische Soziologe Ruud Koopmans in seinem Buch „Das verfallene Haus des Islam. Die religiösen Ursachen von Unfreiheit, Stagnation und Gewalt“ nachweist, ist der Islam der Hauptschuldige an der Misere in den Staaten, in welchen er jeweils die Gesellschaft prägt. Zusätzlich hat der deutsche Friedens- und Konfliktforscher Conrad Schetter noch weitere Faktoren ausgemacht, welche zu problematischen Verhältnissen in der islamischen Welt führen: „Der abweisende Naturraum, der Konflikt zwischen Stadt und Land, der extreme Partikularismus, die kulturelle Heterogenität“ und die höchst unterschiedlichen gesellschaftlichen Vorstellungen hinsichtlich der Zukunft.

Aufhören, andere zu beschuldigen

Deshalb schafften es die Regierungen von Afghanistan, Libyen, Syrien und dem Irak bislang auch nicht, eine Balance zwischen dem enormen Bevölkerungswachstum und dem Wirtschaftswachstum herzustellen. Hier wurde ebenfalls viel zu viel dem Selbstlauf überlassen, was wiederum aus religiös bedingtem Fatalismus resultierte, wie der in Syrien geborene Politikwissenschaftler Bassam Tibi bereits 2016 im Interview mit der „Wirtschaftswoche“ kritisierte. 

Es sei nicht der Westen, der die Entwicklung der islamischen Welt behindert habe: „Das ist Unsinn. Das große islamische Imperium mit Bagdad als Hauptstadt ist im 13. Jahrhundert untergegangen. Damals gab es keinen Kolonialismus … Der Niedergang der islamischen Zivilisation hatte interne Ursachen.“ Ganz ähnlich sieht dies der ehemalige irakische Verteidigungs-, Handels- und Finanzminister Ali Allawi. Dieser schrieb 2009 in seinem viel beachteten Buch „The Crisis of the Islamic Civilization“ mit Blick auf die gegenwärtigen Verhältnisse: Die Muslime sollten doch endlich aufhören, die Schuld für ihr Elend immer nur bei anderen zu suchen – für 90 Prozent der Probleme in den islamischen Staaten seien sie ganz allein selbst verantwortlich.

Angesichts all dessen wird klar, dass die westlichen Interventionen in Afghanistan, Libyen, Syrien und dem Irak vielfach nur Prozesse beschleunigt hatten, die schon längst im Gange waren. W.K.