26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 34-21 vom 27. August 2021 / Der Wochenrückblick / Verschätzt / Warum AKK für einigen Ärger sorgt, und wieso trotzdem niemand zurücktreten muss

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-21 vom 27. August 2021

Der Wochenrückblick
Verschätzt
Warum AKK für einigen Ärger sorgt, und wieso trotzdem niemand zurücktreten muss
Hans Heckel

Man habe sich bei der Beurteilung der Lage in Afghanistan eben „verschätzt“, lautet die Parole, auf die sich die Verantwortlichen in Berlin geeinigt haben. Heißt so viel wie: Im Grunde haben wir alles richtig gemacht, nur unsere Wasserwaage war kaputt. Dafür können wir nichts!

Doch wir wollen nicht ungerecht sein, das mit dem „Verschätzen“ kann uns ebenfalls passieren. Und ist es vielleicht sogar, nämlich bei der Beurteilung von Annegret Kramp-Karrenbauer. Es sei denn, wir haben sie falsch verstanden oder ihr ist das nur so rausgerutscht. Jedenfalls sagte die Verteidigungsministerin gegenüber „Bild Live“ zur dramatischen Lage in Kabul: „Was immer da vor Ort passiert: Ich halte den Kopf hin.“ 

Das kann ja nur bedeuten: Wenn was schiefgeht und Leute sterben, dann trete ich zurück. Oder meint sie: Wenn was schiefgeht und Leute sterben, dann trete ich vor die Kameras und erkläre, „ich habe mich verschätzt“? Wir wissen es nicht und hoffen, es nie herausbekommen zu müssen. Das mit dem „Kopf hinhalten“ sticht in jedem Falle heraus. Und wird daher hinter den Kulissen für einigen Ärger sorgen.

Denn mit der steilen Ansage lässt AKK Kabinettskollegen wie Heiko Maas wie Amöben aussehen, die auch in jeder noch so peinlichen Fehlleistung eine Ritze finden, durch welche sie sich vor ihrer Verantwortung davonschleichen können.

Eben gerade vor 28 Jahren

Rücktritt aus politischer Verantwortung? Das ist lange her. Wie lange, haben wir vergangenen Sonntag von Armin Laschet erfahren. In der „Kanzlernacht“ zum Start des neuen Senders Bild TV wollte „Bild“-Vizechef Paul Ronzheimer vom CDU-Vorsitzenden wissen, warum es solche Rücktritte in der deutschen Politik nicht gebe. Da widersprach der CDU-Chef energisch und hob als Gegenbeweis den hohen Respekt hervor, den er für Rudolf Seiters empfinde. Der habe nämlich als Bundesinnenminister abgedankt, weil er meinte, die politische Verantwortung für eine tödliche Panne bei der Terroristenjagd übernehmen zu müssen.

Seiters als Gegenbeweis? Im Jahre 2021? Wir haben uns gewundert, warum Ronzheimer nicht vor Lachen hinterm Pult zusammengesackt ist. Dann kamen wir drauf: Als Seiters ging, blickte Ronzheimer gerade auf seinen bevorstehenden achten Geburtstag und interessierte sich für andere Sachen als Terroristenjagd oder das politische Gezerre in (damals noch) Bonn. Die Demission von Kohls tapferem Innenminister ist nämlich 28 Jahre her, es war der Sommer 1993. Dass Laschet kein jüngeres Beispiel einfällt für einen Politiker, der aus politischer Verantwortung aus dem Ministeramt geschieden ist,  war der Clou des Abends.

Die eine, über die keiner redet

Trotzdem wollen wir hoffen, dass AKK nur falsch verstanden wurde. Maas, der AKK wohl folgen müsste, kommt eh genug ins Schwitzen beim Wegquasseln seiner bemerkenswerten Fehlleistungen. Doch da ist noch jemand anderes, über den die brave deutsche Presse kaum zu sprechen wagt.

Aus dem Arbeitsleben kennen wir Normalbürger das ja so: Wenn die Mitarbeiter (oder, in größeren Unternehmen, auch die Abteilungsleiter) sich streiten und sich am Ende gegenseitig blockieren, dann muss der Chef einschreiten. Wenn er das nicht macht, entpuppt er sich als ungeeignet für den Chefposten und muss selber gehen. Eigentlich ganz einfach.

Chefin Merkel hat die ganze Zeit gar nichts gemacht, als Außen-, Verteidigungs- und Horst Seehofers Innenministerium ihre kleinlichen Plänkeleien ausfochten, statt sich um das Problem in Afghanistan zu kümmern. Wäre sie dann nicht eigentlich selber dran? Als Hauptverantwortliche? Nein, nein, denn wie gesagt: Zum Glück sind unsere Leitmedien nach 16 Jahren so hinreichend merkelfromm dressiert, dass den Rücktritt der Kanzlerin kaum jemand zu fordern wagt.

Manche hatten während der sich aufbauenden Afghanistan-Krise tatsächlich ihre Hoffnungen auf eine Entscheidung aus dem Kanzleramt gesetzt. Fünf Briefe habe man im Juni und Juli an Merkels Adresse geschickt, sagt der Vorsitzende des Patenschaftsnetzwerks für einheimische Ortskräfte in Afghanistan, Bundeswehr-Hauptmann Marcus Grotian. Darin habe man appelliert, endlich Lösungen für jene Ortskräfte zu finden, als sich die Lage in Afghanistan bereits dramatisch zuzuspitzen begann.

Antwort aus Merkels Amtssitz: keine einzige. Man hatte dort offenbar Wichtigeres zu tun, so „schätzte“ man zumindest in Merkels Entourage um Kanzleramtsminister Helge Braun. „Alle anderen Länder evakuieren alle Ortskräfte. Wir evakuieren diejenigen, die man ausgewählt hat“, so Grotian voll Bitterkeit. Tja, da waren die Afghanen wohl etwas unvorsichtig in der Auswahl ihrer potentiellen Schutzmacht, sofern ihre Wahl auf die Bundesrepublik fiel. In Berlin würde man jetzt wohl sagen: Sie haben sich „verschätzt“. 

Der Unterschied zu den Verschätzungen besteht nur darin, dass deutsche Minister dafür nicht mal ihr Amt verlieren, die afghanischen Kräfte dagegen möglicherweise ihr Leben. Doch in Abwandlung eines berühmten Spruchs der Bundeskanzlerin von 2015 lautet die lapidare Devise der Bundesregierung: „Nun bleiben sie halt da“, die zurückgelassenen Ortskräfte. 

Im Hintergrund baut sich derweil die Wiederholung des „Willkommens“-Sommers von vor sechs Jahren auf. Es kursieren bereits Zahlen von mehreren Millionen Afghanen, die zwar mit unseren Ortskräften oder der afghanischen Anti-Taliban-Koalition in aller Regel nichts zu tun haben, die aber trotzdem gern nach Deutschland einreisen würden. Seehofer ließ durchblicken, dass Deutschland hier notfalls auch allein hilfreich sein möchte, falls (wie zu erwarten steht) der Rest Europas die Schotten schließt vor der nächsten Asylflut. 

Die EU hat den Feind ausgemacht

Bevor die Welle nach Deutschland kommt, setzt man in Berlin wie üblich auf eine „europäische Lösung“, das beruhigt die deutschen Wähler. Immerhin ist die EU tatsächlich aktiv geworden angesichts der wachsenden Bedrohung durch radikal-islamische Angriffe, der wir uns nach dem verlorenen Afghanistan-Krieg zweifellos gegenüber sehen.

Per Richtlinie hat Brüssel unseren Banken die Kreditvergabe an Rüstungsfirmen erschwert, weil Rüstung „sozial schädlich“ sei. Im Verein mit NGOs gehen Banken schon jetzt, vorauseilend gehorchend, auf Distanz zu den Rüstungsunternehmen, was vielen von denen über kurz oder lang das Genick brechen wird.

Das passt: Gerade laufen die zu Krieg und Gewalt finster entschlossenen Feinde des Abendlandes zur Hochform auf, da geht die EU mit aller Wucht auf unsere eigenen Rüstungsschmieden los. Anschaulicher kann man das Verhältnis unserer politischen „Elite“ zur Wirklichkeit kaum ins Licht rücken.