01.05.2024

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Folge 35-21 vom 03. September 2021 / Schulen in der Krise / Lehrer fliehen aus Berliner Schuldienst / Mehr als 3000 Abgänge in vier Jahren: Verbeamtungsstopp und Arbeitsbedingungen vertreiben Pädagogen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-21 vom 03. September 2021

Schulen in der Krise
Lehrer fliehen aus Berliner Schuldienst
Mehr als 3000 Abgänge in vier Jahren: Verbeamtungsstopp und Arbeitsbedingungen vertreiben Pädagogen
Frank Bücker

Ganz Deutschland leidet unter Lehrermangel, doch in Berlin ist die Lage besonders dramatisch. Dazu tragen die  schlechten Arbeitsbedingungen für Lehrer in der Hauptstadt bei. Hinzu kommt, dass der Stadtstaat das einzige Bundesland ist, in dem Lehrer nicht verbeamtet werden. So flüchteten in den vergangenen vier Jahren etwa 3000 Lehrkräfte aus Berlin und wechselten in andere Bundesländer. Besonders prekär ist die Situation an Grundschulen und Sekundarschulen. Konkret haben insgesamt 3250 Berliner Lehrer seit 2017 ihren Dienst quittiert, darunter 1368 Grundschullehrer. 

Dazu kommen noch die frühpensionierten Lehrkräfte und die regulären Altersabgänge. Der stellvertretende Vorsitzende des Gesamtpersonalrats, Dieter Haase, klagt: „Die Zahlen sind nur die Spitze des Eisberges. Schulleitungen verwalten den Mangel und die Lehrkräfte arbeiten am Limit.“

Senatorin gegen eigene Koalition

Während Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) sich seit 2019 für die Verbeamtung von Lehrern einsetzt, sind Grüne, Linkspartei und die oppositionelle FDP weiterhin strikt dagegen. Unterstützung erhält Scheeres für ihre Position jedoch von den Oppositionsparteien CDU und AfD. Die Senatorin kritisiert ihre beiden Koalitionspartner ganz offen: „Ich habe mich schon ganz klar 2019 für die Verbeamtung ausgesprochen. Leider wollen Grüne und Linke in der Koalition diesen Weg nicht mitgehen.“ Der FDP-Abgeordnete Thomas Seerig spricht davon, dass die Lehrerkrise in Berlin „hausgemacht“ sei und zielt dabei auf die Rathauskoalition. Allerdings stellt sich auch seine Fraktionskollegin, die FDP-Bildungspolitikerin Maren Jasper-Winter, weiter strickt gegen die Verbeamtung von Lehrern. 

Auch Scheeres’ eigene Partei ist Teil des Problems. 2004 schaffte die SPD im Regierungsbündnis mit der Linkspartei die Verbeamtung von Lehrern ab. Als die CDU 2011 – damals im Regierungsbündnis mit der SPD – die Wiedereinführung der Verbeamtung forderte, wollte die SPD davon nichts wissen. Anscheinend getrieben von schlechten Umfrageergebnissen windet sich die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch: „Deshalb bin ich ausdrücklich bereit – wenn nichts anderes hilft –, auch über Verbeamtung zu reden.“ 

Nebulöses von den Grünen

Die nach ganz linksaußen driftende Lehrergewerkschaft GEW ist wiederum gegen die Verbeamtung von Lehrern – ihr liegt offenbar das Streikrecht am Herzen. Die Neuköllner Spitzenkandidatin der Grünen, Susann Worschech, erklärte unlängst, die Verbeamtung sei „rückwärtsgewandt“. Laut Worschech passt der Beamtenstatus nicht zur Arbeit in multiprofessionellen Teams. Was sie damit eigentlich sagen will, erschließt sich nicht recht. 

Die Liberale Jasper-Winter stellt infrage, dass die massenhaften Kündigungen der Lehrkräfte in Berlin überhaupt mit der fehlenden Verbeamtung zusammenhängen. Tatsächlich erfasst der Senat die Gründe für Kündigungen – und auch für Frühpensionierungen – nicht. FDP-Mann Seerig „wundert es nicht, dass es keine Gegenmaßnahmen gibt, die den Arbeitsalltag der Pädagoginnen und Pädagogen endlich konkret verbessern“.