24.04.2024

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Folge 35-21 vom 03. September 2021 / Taliban / Machtübernahme mit Drogen finanziert / Die islamische Terrormiliz hat gute Einnahmequellen – Einfrieren westlicher Mittel könnte ihr zusetzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-21 vom 03. September 2021

Taliban
Machtübernahme mit Drogen finanziert
Die islamische Terrormiliz hat gute Einnahmequellen – Einfrieren westlicher Mittel könnte ihr zusetzen
Bodo Bost

Wenn die USA die afghanischen Geld-Reserven einfrieren und Deutschland die Hilfe einstellt, könnten die Taliban  feststellen, dass sie bei Weitem nicht über die nötigen Mittel zum Regieren eines Landes mit 40 Millionen Einwohnern verfügen.

Die Terrormiliz wird sich mit einer sich rasch entwickelnden Finanzkrise konfrontiert sehen, da die Devisenreserven weitgehend unerreichbar sind und die westlichen Geldgeber, welche die Institutionen des Landes bisher zu etwa 75 Prozent  finanzierten, ihre Zahlungen bereits eingestellt haben oder damit drohen, sie zu kürzen. 

Auch der Internationale Währungsfonds hat den Zugang Afghanistans zu Hilfskrediten ausgesetzt. Zwar hat sich die islamische Terrorgruppe in den letzten Jahren unabhängiger von externen Geldgebern wie dem Iran, Pakistan und wohlhabenden Sponsoren am Golf gemacht, doch reichen ihre Finanzströme – im letzten Jahr beliefen sie sich auf 1,6 Milliarden US-Dollar – dennoch nicht aus, um das Land vernünftig regieren zu können.

Zwei Tage nach der Machtübernahme in Kabul gab der geflohene Gouverneur der afghanischen Zentralbank, Adschmal Achmady, per Twitter bekannt, dass das Land über neun Milliarden Dollar an Reserven im Ausland, aber nicht in Form von Bargeld im Lande selbst verfügt, nachdem die Regierung Biden beim Fall Kabuls bereits das Einfrieren der afghanischen Regierungsreserven auf US-Bankkonten angeordnet hatte. Der größte Teil davon – etwa sieben Milliarden Dollar – werden in Anleihen, Vermögenswerten und Gold der US-Notenbank gehalten,  die Bestände an Dollar im Lande selbst sind „fast bei Null“, da das Land während der Taliban-Offensive geplante Bargeldlieferungen nicht mehr erhalten hat. 

Bei der Masse von Fehlern, die gemacht wurden, ist das wenigstens ein kleiner Lichtblick eines voraussehenden Handelns des Westens. Der Mangel an Dollars könnte zu einer Abwertung der heimischen Afghani-Währung und einem Anstieg der Inflation führen, was vor allem die Armen treffen würde, die sich am meisten von der Machtübernahme der Taliban versprochen haben.

Erschwerend kommt für die Taliban hinzu, dass die Hilfsgelder, die seit Langem die afghanische Regierung stützen –sie betragen die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts – gefährdet sind. Deutschland, einer der wichtigsten Geldgeber des Landes, hat angekündigt, die Entwicklungshilfe einzustellen, und andere haben damit gedroht, es ihm gleichzutun. Berlin hätte in diesem Jahr 430 Millionen Euro bereitstellen sollen. Es wird vermutet, dass diese Gelder auch bei den Verhandlungen über die Evakuierung der Ortskräfte Verhandlungsmasse sind. 

Da die Taliban seit Langem internationalen Sanktionen unterworfen sind, haben sie sich in den letzten fünf Jahren stark darauf verlassen, ihren Opiumhandel massiv auszuweiten, auch wenn dies im Sinn der Gotteskrieger weder Islam- noch Scharia-konform ist. So soll unter den Taliban sogar eine neue Mohnsorte eingeführt worden sein, die dreimal statt zweimal pro Jahr geerntet werden kann. Die Gruppe hat auf ihrer ersten Pressekonferenz in Kabul versprochen, die Ausfuhr von Drogen aus Afghanistan „auf Null“ zu reduzieren. Laut dem Weltdrogenbericht der Vereinten Nationen entfielen im vergangenen Jahr 84 Prozent der weltweiten Opiumproduktion auf dieses Land. 

Der größte Teil dieser Produktion fand in den Taliban-kontrollierten Gebieten statt und kam der Gruppe durch eine Produktionssteuer von zehn Prozent zugute. In drei der letzten vier Jahre war die Opiumproduktion in Afghanistan nach Angaben der UN mit am höchsten, wobei der Mohnanbau allein 2020 um fast 40 Prozent anstieg. Ein vertraulicher Bericht der NATO vor zwei Jahren zeichnete das Bild einer Bewegung, die „finanzielle und militärische Unabhängigkeit erreicht hat oder kurz davor steht“, was „die afghanischen Taliban in die Lage versetzt, ihren Aufstand selbst zu finanzieren, ohne auf die Unterstützung von Regierungen oder Bürgern anderer Länder angewiesen zu sein“.

Das Geld zum Regieren und die Gunst der Bevölkerung, die bei der letzten freien Umfrage noch zu 85 Prozent gegen die Taliban eingestellt war, sind nach Ansicht vieler Analysten die beiden Hauptfaktoren, weshalb die Terrorgruppe nach ihrem Sieg der Welt zunächst ein freundlicheres Gesicht zeigen muss, um Unterstützung zu erhalten. Auch das Eingeständnis, dass Frauen weiter arbeiten und Mädchen Schulen besuchen dürfen, hat eher etwas mit existenzieller Notwendigkeit zu tun, als mit einer Liberalisierung der strengen Taliban-Doktrin.