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Folge 35-21 vom 03. September 2021 / Stand Watie / Der Häuptling der Cherokee schrieb gleich in doppelter Hinsicht Geschichte / Zum einen war der Indianer der erste nichtweiße General Amerikas. Zum anderen war er im Amerikanischen Bürgerkrieg der letzte Truppenführer der konföderierten Streitkräfte, der kapitulierte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-21 vom 03. September 2021

Stand Watie
Der Häuptling der Cherokee schrieb gleich in doppelter Hinsicht Geschichte
Zum einen war der Indianer der erste nichtweiße General Amerikas. Zum anderen war er im Amerikanischen Bürgerkrieg der letzte Truppenführer der konföderierten Streitkräfte, der kapitulierte
Klaus Gröbig

Der amerikanische General Stand Watie gehörte dem Indianerstamm der Cherokee an. Er schloss sich, wie die meisten seiner Stammesangehörigen, der Südstaatenarmee an. Obwohl sich bis heute die Legende hält, US-Präsident Abraham Lincoln hätte sich für Bürgerrechte und Minderheiten eingesetzt und die Sklaverei abgeschafft, traten viele Indianerstämme der Confederate States Army (CSA) bei. 

Tatsächlich stellten die Nordstaaten sogar während des Bürgerkrieges Truppen ab, um Indianerstämme zu dezimieren. Während und obwohl an der Front in Virginia jeder Mann gebraucht wurde, setzten die Blauröcke im Westen die Ausrottung der Indianer fort. So fielen die Nordstaatler am 29. Januar 1863 im Bundesstaat Idaho über ein Lager der Schoschonen her. 246 Tote lautete die Bilanz. Dazu kamen noch zahlreiche vergewaltigte Frauen. Diese Untat ist als Massaker am Bear River bekannt. Die Presse in den Nordstaaten behauptete, die Indianer seien eine Art Fünfte Kolonne der Südstaaten. 

Verfolgung durch die U.S. Army

Im Herbst 1862 hatten die Sioux ihre Reservate verlassen, weil die Lincoln-Regierung die bisherigen Lebensmittellieferungen verzögert bezeihungsweise eingestellt hatte. Der Versuch der Ureinwohner, die Siedler zu vertreiben, gelang am Anfang. Häuptling Little Crow hatte befürchtet, dass der Aufstand scheitern würde und war dafür, Hunger und Demütigungen hinzunehmen. Die jungen Krieger hörten aber nicht auf ihn. 

Dann beorderte US-Präsident Lincoln General John Pope mit seiner Truppe nach Minnesota. Die Unionstruppen waren zuvor von General Robert E. Lee in der Sieben-Tage-Schlacht in Virginia schwer geschlagen worden. An den schlecht bewaffneten Indianern hielten sie sich nun schadlos. Rund 300 Todesurteile wurden ausgesprochen. Die meisten Verurteilten wurden von Lincoln begnadigt, doch 38 Sioux wurden am 26. Dezember 1862 erhängt. Tausende Schaulustige waren herbeigeströmt, um der Exekution beizuwohnen. 

Noch während des Bürgerkrieges wurden Vernichtungsfeldzüge gegen die Navajos in Arizona und die Cheyenne in Colorado durchgeführt. Die Reste der Navajos kapitulierten im Winter 1864 und wurden in Reservate abgeführt. US-General William T. Sherman machte aus seiner Gesinnung kein Geheimnis: „Indianer und Rebellen haben keinerlei Rechte, nicht einmal das Recht zu leben, es sei denn wir erlauben es ihnen.“ Einer seiner Untergebenen, der Kavalleriegeneral George A. Custer, drückte es so aus: „Die Rebellen gehören, ebenso wie die Indianer, alle ausgerottet.“ Derartige Aktionen und Aussprüche ließen sich nicht geheimhalten, und so wussten die Indianer, was sie zu erwarten hatten, falls die Nordstaaten siegen würden. Und tatsächlich folgten später Shermans und Custers Worten Taten in dieser Richtung. 

Während die immerhin rund 179.000 Schwarzen in der Nordstaatenarmee als Fußvolk weißen Offizieren folgten, konnten die Indianer in der Südstaatenarmee durchaus zu Offizieren und, wie man bei Watie sehen kann, sogar bis zum General aufsteigen. Angehörige der Cherokee, der Chichasaw und der Choctaw ermöglichten es General Lee seine Kräfte in Virginia und an den anderen Hauptkampfpunkten zu konzentrieren, weil die Indianer im Westen und im Indianerterritorium, dem heutigen Bundesstaat Oklahoma, als Teil der konföderierten Army of the Trans-Mississippi ihm die die Unionsarmee auf Distanz hielten. 

Die USA zwangen ihn zum Rücktritt

Watie hatte erlebt, wie sein Stamm aus seinem ursprünglichen Siedlungsgebiet im Norden von Georgia vertrieben wurde, nachdem dort Gold gefunden worden war. Er hatte auf einer Missionsschule schreiben und lesen gelernt und arbeitete bei der ersten Indianerzeitung, dem „Cherokee Phoenix“, mit, bei der auch sein älterer Bruder Elias als Redakteur arbeitete. Auf dem Zug vom Norden Georgias nach dem heutigen Oklahoma starben auf dem „Pfad der Tränen“ (Trail of Tears) von 15.000 Cherokee 4000. Auch die meisten von Waties Familienangehörigen fanden dabei den Tod. 

Watie besaß außerordentliche militärische Fähigkeiten, obwohl er keine entsprechende Ausbildung genossen hatte. Sein Regiment galt als besonders diszipliniert. Überraschende, überfallartige Vorstöße nach Art der „Hit and Run“-Taktik waren seine Spezialität. Seine Kavalleristen eroberten bei einer Schlacht im Handstreich eine Artilleriebatterie des Gegners, bevor sie feuern konnte. Ein andermal konnte er sogar ein feindliches Flussschiff erobern. General Watie war mit den von ihm geführten Einheiten an zehn Schlachten beteiligt und führte später mehrere Brigaden. Veteranen der Indianersoldaten hielten bis in das 20. Jahrhundert hinein Traditionstreffen ab. 

Die Regierung in Washington verlangte nach dem Ende des Bürgerkrieges Waties Rücktritt als Häuptling der Cherokee. Watie fügte sich. Er zog sich auch sonst aus dem öffentlichen Leben zurück und starb am 9. September 1871 bei Honey Creek in Oklahoma. 

Opfer der Politischen Korrektheit

1907 wurde den Cherokee verboten, eine eigene Stammesregierung zu wählen. Erst Präsident Richard Nixon bewilligte ihnen wieder eine Selbstverwaltung. Der Stamm konnte sich trotz Dezimierung vergleichsweise gut behaupten. Bei einer Volkszählung im Jahre 2010 gab es 819.105 Cherokee oder Cherokee-Stämmige. 97.300 von ihnen leben im Bundesstaat Oklahoma. Der 2000 mit dem First Americans in the Arts Award ausgezeichnete Schauspieler Wes Studi, der in „Geronimo – Eine Legende“/„Geronimo: An American Legend“ die Titelrolle spielt und in „Der mit dem Wolf tanzt“/„Dances with Wolves“ immerhin eine Nebenrolle, ist Cherokee. Der Hauptdarsteller von „Der mit dem Wolf tanzt“, Kevin Costner, sowie die Schauspieler Johnny Depp, Chuck Norris und Burt Reynolds stammen ebenso wenigstens teilweise von Cherokee ab wie die Sänger Jimi Hendrix und Elvis Presley. 

Im Zuge der um sich greifenden Politischen Korrektheit begann auch eine politische Neubewertung von Stand Watie. Der Häuptling Chuck Hoskin Jr. ließ das Denkmal seines Amtsvorgängers beseitigen mit der Bemerkung: „It was time for a change.“