24.04.2024

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Folge 37-21 vom 17. September 2021 / „Wohlstandsverblödung“ / „Haltung“ und Ideologie statt Erfahrung und Faktenwissen / Vielen in der jetzigen Generation von Politikern und hohen Amtsträgern fehlt es an Realitätssinn

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-21 vom 17. September 2021

„Wohlstandsverblödung“
„Haltung“ und Ideologie statt Erfahrung und Faktenwissen
Vielen in der jetzigen Generation von Politikern und hohen Amtsträgern fehlt es an Realitätssinn

Um einen Staat auch und gerade in Krisenzeiten kompetent zu führen, braucht es einen ausgeprägten Realitätssinn. Doch genau der fehlt der jetzigen Generation von Politikern und hohen Amtsträgern zunehmend. Diese hält Wohlstand und Sicherheit für etwas ebenso Selbstverständliches wie Ewiges. „Wir sind ein reiches Land!“, lautet der Schlachtruf der Wirklichkeitsverweigerer unserer Tage. Das stimmt zum einen nur noch eingeschränkt und zeitigt zum anderen fatale Folgen.
Unser Rest-Wohlstand ist über weite Strecken das Ergebnis der Anstrengungen der Aufbaugeneration. Und er hat zu einem Phänomen geführt, das Wissenschaftler wie Bernhard Heinzlmaier ganz unverblümt „Wohlstandsverblödung“ nennen. Politiker und Staatsdiener, die zu den Epigonen beziehungsweise Erben der Aufbaugeneration gehören, kennen keine Kriege, keinen Hunger, keine Diktatur und keine Inflation mehr aus eigenem Erleben. Daher sind ihre Warn- und Schutzinstinkte verkümmert. Ihnen fehlt fast jegliches Bewusstsein dafür, dass falsche Entscheidungen in die Katastrophe führen können. Gleichzeitig fürchten sie sich aber schizophrenerweise vor unkonkreten oder weitgehend hypothetischen zukünftigen Gefahren, während sie die real-aktuellen Bedrohungen mit eiserner Einfalt ignorieren. Und sie kümmern sich lieber um das Banale statt um das Wichtige: Gendersternchen werden für essentieller erachtet als eine funktionierende Stromversorgung oder die innere Sicherheit.

Aber wozu sollen Politiker beziehungsweise Amtsträger jetzt auch noch ein kritisches und objektives Urteilsvermögen entwickeln oder Faktenwissen sammeln und einordnen, wenn man durch „Haltung“ und Glauben viel schneller die Karriereleiter erklimmen kann? Wozu echte Kompetenzen herausbilden, wenn ein ausgeprägtes Selbstvermarktungstalent in Kombination mit unerschütterlichem Narzissmus ebenso zum Ziel führen?

Eigentlich wäre es die Aufgabe der Medien, also der „Vierten Gewalt“ im Staate neben Legislative, Exekutive und Judikative, das zu thematisieren und anzuprangern. Allerdings hat sich die Wirklichkeitsverachtung längst auch in vielen Redaktionsstuben und Fernsehstudios breit gemacht. Davon zeugen Schlagzeilen wie „Corona und die Flut: Hört auf, von ,Staatsversagen‘ zu sprechen!“ im Berliner „Tagesspiegel“ vom 1. August. Dabei wurden dann nicht etwa Argumente dafür gebracht, dass der Staat hierzulande doch ganz gut funktioniere. Vielmehr hieß es nur oberlehrerhaft, jegliches Unterstellen eines Staatsversagens würde „der Neuen Rechten in die Hände“ spielen.W.K.