26.04.2024

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Folge 37-21 vom 17. September 2021 / Königsberg / Nicht irgendein Haus Gottes / Die frühen Anfänge des Dombaus liegen bereits im 13. Jahrhundert – der eigentliche Bau erfolgt erst im 14. Jahrhundert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-21 vom 17. September 2021

Königsberg
Nicht irgendein Haus Gottes
Die frühen Anfänge des Dombaus liegen bereits im 13. Jahrhundert – der eigentliche Bau erfolgt erst im 14. Jahrhundert
Wolfgang Kaufmann

Nach der Eroberung des Samlandes durch den Deutschen Orden und die Truppen des böhmischen Königs Ottokar II. Přemysl wurde 1257 das Fürstbistum Samland begründet. Dieses bestand aus mehreren Enklaven im Deutschordensstaat, deren Lage sich aus einem Schiedsspruch des Landmeisters Gerhard von Herzberg vom 3. März 1258 ergab. Dazu gehörten auch Besitzungen im Gebiet der in Entstehung befindlichen Ansiedlung Königsberg. Zwischen 1297 und 1302 ließen die Bischöfe von Samland dort eine kleine Kathedrale im Südosten der Altstadt errichten. Allerdings befand Johann Clare, der am 3. Dezember 1319 nach neunjährigem Tauziehen mit dem Segen von Papst Johannes XXII. zum neuen Bischof avancierte, das Gebäude für zu klein und ordnete den Bau einer größeren Kathedrale an. Da der Hochmeister des Deutschen Ordens Werner von Orseln 1327 die östliche Hälfte der Pregel-Insel Kneiphof an das Bistum abgetreten hatte, um die Errichtung einer geistlichen Machtbasis unweit des weltlichen Herrschaftszentrums in der Ordensburg zu verhindern, sollte die neue Bischofskirche nun in dem sumpfigen Gelände zwischen den Armen des Neuen und Alten Pregel entstehen. Wegen der problematischen Beschaffenheit des Bodens mussten die Dombaumeister zunächst Hunderte von Eichenpfählen in den Untergrund rammen, um diesen zu stabilisieren. Danach begann der Abriss der Kirche in der Altstadt sowie der Transport des dadurch gewonnenen Baumaterials über die extra errichtete Dombrücke.

Der eigentliche Baubeginn am jetzigen Königsberger Dom datiert etwa auf das Jahr 1330. Dabei hatte der gegenüber dem Deutschen Orden höchst selbstbewusst auftretende Clare zunächst die Absicht, seine Kathedrale als Wehrkirche zu errichten. Deshalb erhielt diese ausgesprochen massive Wände, mit einer Stärke von bis zu drei Metern. Das stieß indes auf den Widerstand des neuen Ordenshochmeisters Luther von Braunschweig, der auf den ermordeten Werner von Orseln gefolgt war. Im Ergebnis dessen wurde am 13. September 1333 ein Vertrag geschlossen, der festlegte, dass der Dom als reines Kultgebäude ohne gleichzeitige militärische Funktionen weitergebaut werden sollte. Daraus resultierte die Reduzierung der Stärke der Mauern auf 1,28 Meter. Das Datum der Unterzeichnung der Abmachung betrachtet man heute oft als Zeitpunkt des Baubeginns am Königsberger Dom, was aber nicht korrekt ist.

Ein Kultgebäude ohne Wehrstärke

Als Clare am 5. Mai 1344 starb, war der langgestreckte rechteckige Priester- und Ritterchor vermutlich schon komplett. Dann folgte bis 1351 die Errichtung und Überdachung des dreischiffigen Langhauses für die Laienschar. Anschließend engagierte sich vor allem der Ordenshochmeister Winrich von Kniprode für die Fertigstellung des Doms, die in seinem Todesjahr 1382 erfolgte. Damit hatte die Errichtung der Kathedrale rund 50 Jahre gedauert, was damals als relativ kurzer Zeitraum für ein solches Bauprojekt galt. Lediglich einige Restarbeiten an den Innenfresken zogen sich noch bis zum Ende des 14. Jahrhunderts hin.

Der der Heiligen Maria und dem Heiligen Adalbert geweihte Dom im Stil der Backsteingotik wurde um 1440 insofern verändert, als er seitdem als Hallenbau unter einem einzigen Dach firmierte. Dazu kam die Errichtung von zwei spitzen Türmen, die allerdings schon im Jahre 1544 einem Brand zum Opfer fielen. Zu diesem Zeitpunkt existierte das Fürstbistum Samland bereits nicht mehr. Seine Auflösung erfolgte 1525, nachdem Bischof Georg von Polentz die Landeshoheit auf dem Huldigungstag am 30. Mai des Jahres an das weltliche Herzogtum Preußen abgegeben hatte, das in der Nachfolge des Deutschordensstaates stand. Und dieses wandelte sich durch das von Herzog Albrecht I. von Brandenburg-Ansbach aus dem Hause Hohenzollern erlassene Mandat vom 6. Juli 1525 zum ersten protestantischen Land der Welt.

Dem vorausgegangen war am 27. September 1523 die erste lutherische Predigt im Königsberger Dom durch Johann Briesmann, einen von dem Reformator höchstpersönlich nach Königsberg gesandten Geistlichen, der noch in Franziskanerkutte auftrat. Dieser gewann Bischof von Polentz für die Reformation, woraufhin dieser im Dezember 1523 einen Gottesdienst in deutscher Sprache abhielt.

Neben dem Feiern von Gottesdiensten diente die einstige Bischofskirche auch als Grabstätte für zahlreiche Personen von historischer Bedeutsamkeit. Zur letzten Ruhe gebettet wurden hier beispielsweise Bischof Johann Clare, der den Anstoß zum Bau des Doms gegeben hatte, und die Hochmeister des Deutschen Ordens Luther von Braunschweig, Ludwig von Erlichshausen, Heinrich Reuß von Plauen, Heinrich Reffle von Richtenberg, Martin Truchsess von Wetzhausen zu Dachsbach und Johann von Tiefen. Dazu kamen der 1568 an der Pest verstorbene erste weltliche Landesherr in Preußen, Albrecht von Brandenburg-Ansbach, und Georg Wilhelm, von 1619 bis 1640 Markgraf von Brandenburg, Herzog in Preußen, Herzog von Kleve, Graf von Mark sowie Kurfürst und Erzkämmerer des Heiligen Römischen Reiches.

Foto: Wie lange wird er halten? Der Königsberger Dom auf der einst morastigen Kneiphofinsel wurde in einem Zeitraum von 50 Jahren auf vielen Eichenstämmen erbaut und konnte sich entsprechend langsam setzen. Bei den Restaurierungsarbeiten, die 1992 begannen, wurden Risse mit Beton ausgefüllt. Diese dichtere Masse im Vergleich zu den Backsteinziegeln könnte zu einer neuen Absetzung des Baus führen und weitere Risse zur Folge haben. 1998 wurde der Dom nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wiedereröffnet und dienst seither als kulturell-religiöses ZentrumFoto: shutterstock/Trofimenko Sergei