29.03.2024

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Folge 38-21 vom 24. September 2021 / Erinnerungsort / Kind einer lebendigen Patenschaft / Das Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen wird 40 Jahre alt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-21 vom 24. September 2021

Erinnerungsort
Kind einer lebendigen Patenschaft
Das Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen wird 40 Jahre alt

Da gibt es so viel! Was wollen Sie denn wissen?“ Der Direktor des Kulturzentrums Ostpreußen, Wolfgang Freyberg, könnte tagelang von Ausstellungen berichten, die im oder vom Kulturzentrum Ostpreußen erstellt oder gezeigt wurden. An die Ausstellungseröffnung „Wilhelm Voigt aus Tilsit – Der Hauptmann von Köpenick“ erinnert sich Freyberg besonders gern, war doch der Berliner Schauspieler Jürgen Hilbrecht als Hauptmann zu Gast. Die Veranstaltung „Vor 60 Jahren: Als die Bomben fielen...“ mit dem Historiker Jörg Friedrich zog so viele Besucher an wie noch nie zuvor. Ebenfalls ein großer Erfolg war die Ausstellung „800 Jahre Deutscher Orden in seiner Residenz Ellingen“, zu deren Eröffnung der Historiker Udo Arnold und der Hochmeister des Deutschen Ordens zugegen waren.

Bevor in Ellingen das Kulturzentrum Ostpreußen seine Türen öffnen konnte, vergingen drei Jahre der Vorbereitung. Am 16. September 1978 übernahm der Freistaat Bayern die Patenschaft für die Landsmannschaft Ostpreußen (LO). Weil die LO für ihre kulturellen Exponate aller Art nicht genügend Platz hatte, und diese Lage sich noch zuspitzen würde, falls Heimatstuben aufgegeben werden müssten, sollte ein Ort mithilfe des Patenlandes Bayern gefunden werden. Das Deutschordensschloss aus dem 18. Jahrhundert, das unter der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen steht, im mittelfränkischen Ellingen wurde zum Sitz des neuzuschaffenden Kulturzentrums Ostpreußen. Zunächst wurden Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Westflügels hergerichtet. Aber die Fläche von 350 Quadratmetern für ein Büro, einen Verkaufsraum mit Lager und einer Bibliothek reichten schon bald nicht mehr aus. So wurden die beiden Obergeschosse für das „Schaufenster“ Ostpreußens, wie Freyberg den Museumsteil des Kulturzentrums liebevoll nennt, renoviert, wodurch eine Gesamtfläche von 1500 Quadratmetern genutzt werden kann und auch wird. 

Nach drei Jahren Vorbereitungen war es soweit: Das Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen wurde mit vielen Ehrengästen, darunter auch der damalige Staatsminister für Arbeit und Soziales des Freistaates Bayern, Fritz Pirkl, feierlich eröffnet. „Es war ein glasklarer Herbsttag, strahlendblauer Himmel mit wenigen weißen Wölkchen. Die Bajuwaren sagten ,ein typisch bayerischer Himmel‘, die Preußen meinten: ,Es ist Kaiserwetter‘. Kein Wunder, denn SKH Prinz Louis Ferdinand von Preußen war auch einer der Ehrengäste.“ So beschreibt Silke Osman, damals noch Silke Steinberg, als Redakteurin des „Ostpreußenblattes“ bei der Eröffnung dabei, ihre Erinnerungen an den 25. September 1981 in Ellingen.

Das Kulturzentrum ist nicht in irgendeinem Gebäude, sondern im barocken Deutschordensschloss zu Hause. Das klingt imposant und ist es auch. Ellingen wurde seit dem Jahr 1216 sechs Jahrhunderte vom Deutschen Orden geprägt, bis dieser 1805 enteignet wurde. Danach ging das Schloss in den Besitz der Fürstenfamilie von Wrede (bis in die 1930er Jahre) über, die auch heute nicht nur mit dem Schloss, sondern auch mit dem Kulturzentrum verbunden ist, ist doch die Vorsitzende des Fördervereins Kulturzentrum Ostpreußen Katharina Fürstin v. Wrede.

Bereits gleich nach der Eröffnung wurden zahlreiche Sonderausstellungen auf die Beine gestellt, darunter zählen „250 Jahre Trakehnen“ (1982), „Ostpreußens Landwirtschaft“ und „Königsberger Kunstakademie“ (1983), „Geschichte Preußens im Spiegel von Orden und Ehrenzeichen“ (1984).

Seit dem 1. Februar 1985 leitet Freyberg das Kulturzentrum Ostpreußen und ist noch heute sein Direktor. Im Juni 2020 gab der PAZ ein Interview, in dem er auf die Frage, weshalb Ostpreußen denn gleich zwei Museen habe, antwortete: „Als das Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen 1981 ins Leben gerufen wurde, hat es das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg unter diesem Namen und in diesem Gebäude noch gar nicht gegeben. Auch die Trägerschaft beider Häuser war damals noch getrennt. Das Kulturzentrum ist ein Kind der Patenschaft des Freistaats Bayern für die Landsmannschaft Ostpreußen.“

Der Ausstellungsbereich für die Dauer- und Wechselausstellungen bildet eine der drei Abteilungen und wird durch das Archiv und die Bibliothek ergänzt. „Eine besondere Stärke unserer Arbeit sind die Wanderausstellungen, aber auch Dauerausstellungen zu vielfältigsten ostpreußischen Themen, die wir inzwischen auch auf Polnisch, Russisch und Litauisch haben“, freut sich Freyberg.

 So wurde der Anfrage des polnischen Bürgermeisters von Stuhm entsprochen und eine Ausstellung zur Geschichte dieser Stadt entwickelt. „Diese Ausstellung“, berichtet der Direktor weiter, „war die Initialzündung für unsere ganze Arbeit mit polnischen Kultureinrichtungen.“ Die Arbeit im russischen Teil Ostpreußens sei viel leichter gewesen: „Sie waren froh, Material an die Hand zu bekommen,“ erinnert sich Freyberg und schwärmt von der Aufbruchstimmung in den frühen 90er Jahren, als er zum ersten Mal nach Königsberg reiste. 

Zu sehr vielen Ausstellungen, die nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland gezeigt werden, sondern auch östlich der Neiße, gibt es Broschüren, Hefte und Kataloge, oft sind sie zweisprachig. Zu einem echten Verkaufsschlager, verrät Freyberg, zählt der zweisprachige Katalog über die Volksabstimmung in Ost- und Westpreußen im Jahre 1920 als Folge des Versailler Vertrags. 

In Ostpreußen wird gern gefeiert und im Kulturzentrum Ostpreußen ebenfalls. So gibt es nicht nur Feste zu Ostern, sondern auch zu anderen Jubiläen. Doch leider verhindert Corona eine Feier in diesem Jahr. Waren zum 30. Bestehen des Kulturzentrums neben dem ganztägigen freien Eintritt und einem umfangreichen Rahmenprogramm der Vortrag von Professor Frank-Lothar Kroll zu „Mythos Friedrich – Preußens größter König in der deutschen Erinnerungskultur“ und Klaus Weigelts Vortrag zu Ernst Wiechert geboten, so ist an diesem Wochenende nur der reguläre Museumsbetrieb möglich. Dafür, so verrät der Direktor, wird gerade ein Heft erstellt, das auf 40 Jahre Kulturzentrum Ostpreußen zurückblickt. Vermutlich wird es Ende des Jahres zu erwerben sein.

Wer nun Lust bekommen hat, sich vom ostpreußischen „Schaufenster“ selbst ein Bild zu machen, kann das während der Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag von 10 bis 12 Uhr und 13 bis 17 Uhr, und zwar in den Monaten April bis September tun. In den Monaten Oktober bis März öffnet das Kulturzentrum Ostpreußen in der Schloßstraße 9, 91792 Ellingen in Bayern dienstags bis sonntags von 10 bis 12 Uhr und von 13 bis 16 Uhr. 

Die zahlreichen Publikationen können über die Internetseite www. kulturzentrum-ostpreussen.de bestellt werden.CRS