24.04.2024

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Folge 40-21 vom 08. Oktober 2021 / Virtuelle Realität / Sprung in eine Parallelwelt / „Metaversum“ heißt das neue Lieblingsprojekt der Internet-Konzerne: In Echtzeit in ein anderes Leben eintauchen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-21 vom 08. Oktober 2021

Virtuelle Realität
Sprung in eine Parallelwelt
„Metaversum“ heißt das neue Lieblingsprojekt der Internet-Konzerne: In Echtzeit in ein anderes Leben eintauchen

Die Hochtechnologie- und Internetgiganten im kalifornischen Silicon Valley verfolgen derzeit ein neues Lieblingsprojekt. Das Vorhaben trägt den Namen „Metaversum“, was soviel bedeuten soll wie „Jenseits des Universums“. 

Laut Aussage des wichtigsten Vordenkers auf diesem Gebiet, dem US-Investor und Firmengründer Matthew Ball, handelt es sich dabei um „ein Netzwerk dreidimensionaler, in Echtzeit erzeugter virtueller Welten, durch die sich ein Individuum stets mit derselben Identität, denselben Objekten, Daten und Rechten bewegt – und das zeitgleich mit einer unbegrenzten Zahl anderer Individuen.“ Den Grundstein für diese substantielle Erweiterung des bisherigen Internets legten Spielplattformen wie Fortnite. 

Dort treffen die Spieler schon des Längeren in fiktiven Räumen aufeinander. Und seit Beginn der Corona-Pandemie wurden dann auch Ereignisse wie Konzerte, die bislang in der Realität stattfanden, in die künstliche Parallelwelt verlegt. Ebenso ist es nun möglich, hier virtuelle Güter zu erwerben wie beispielsweise die passende Kleidung oder „Grundstücke“ für das Dasein im jenseitigen Universum. Im Jahre 2020 wurden damit bereits 55 Milliarden US-Dollar Umsatz erzielt!

Den Nutzern könnte das Metaversum einige Vorteile bringen. Denn es erfordert einheitliche technische Standards für die Übertragung der Daten von einem Anbieter zum anderen, an denen es heute oft noch fehlt. Unternehmen vom Schlage Apple, welche sich gerne gegen die Konkurrenz abschotten und ihr eigenes technisches Süppchen kochen, hätten dann keine Chance mehr. Dem stehen freilich zahlreiche massive Nachteile und Gefahren gegenüber.

„Dystopischer Albtraum“

So droht eine permanente Abzockerei beim Handel mit den virtuellen Objekten, den sogenannten Non-Fungible Tokens (NFT). Laut dem Metaversum-Kritiker Emmett Shear sollte das Internet aber ein „Ort des Überflusses“ statt der künstlichen Verknappung aus Gewinninteresse sein – schließlich koste die Herstellung von NFT ja kaum etwas.

Darüber hinaus könnte es zu einer Art „Geiselnahme“ des Metaversums durch IT-Konzerne wie Facebook und Microsoft kommen. Dann würden darin die gleichen Verhältnisse herrschen wie im alten Internet: Einige wenige Unternehmen bestimmen, was wir wahrnehmen oder äußern dürfen und was nicht. Facebook hat bereits Horizon Workroom für berufliche Meetings in der virtuellen Welt vorgestellt und den Virtual-Reality-Brillenhersteller Oculus für zwei Milliarden Dollar aufgekauft. Ebenso plant das Unternehmen den Einstieg in den NFT-Markt. Ähnliche Aktivitäten sind bei Microsoft zu beobachten.

Und natürlich hat auch John Hanke, Gründer und Geschäftsführer des US-Softwareentwicklers Niantic, Recht, wenn er über das Metaversum sagt: „Das … ist ein dystopischer Albtraum. Lasst uns eine bessere Realität machen.“ Denn ein Siegeszug des neuen Internets würde ja bedeuten, dass die Menschen noch mehr Lebenszeit in der digitalen Welt verbringen und somit noch weniger in der Wirklichkeit aktiv wären – mit allen körperlichen, psychischen und sozialen Folgen für das Individuum und die Gesellschaft.  W.K.