25.04.2024

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Folge 41-21 vom 15. Oktober 2021 / Steuerschlupflöcher Nach Panama Papers und Paradise Papers hat das Journalistennetzwerk ICIJ erneut etliche Politiker und Prominente enthüllt, die ihr Geld zur Steuervermeidung in Offshore-Firmen verstecken / Die Steuerbüchse der Pandora / Von Opfern und Nutznießern der Enthüllungen – Zumindest der Zeitpunkt der Enttarnung gibt zu denken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-21 vom 15. Oktober 2021

Steuerschlupflöcher Nach Panama Papers und Paradise Papers hat das Journalistennetzwerk ICIJ erneut etliche Politiker und Prominente enthüllt, die ihr Geld zur Steuervermeidung in Offshore-Firmen verstecken
Die Steuerbüchse der Pandora
Von Opfern und Nutznießern der Enthüllungen – Zumindest der Zeitpunkt der Enttarnung gibt zu denken
Wolfgang Kaufmann

Sogenannte Offshore-Finanzplätze wie Panama, Luxemburg und die Schweiz sowie die Inselstaaten Bermuda, Malta und Cayman Islands haben zahlreiche Standortvorteile, welche sich aus ihrer Lage „jenseits der Küsten“ oder zumindest außerhalb der üblichen Rechtssysteme ergeben. Dazu zählen niedrige oder gar keine Steuern, wenig staatliche Regulierung und ein Bankgeheimnis, das diesen Namen tatsächlich verdient. 

Deshalb werden hier gern Konten eingerichtet, um größere Summen Geldes vor dem einheimischen Fiskus zu verstecken. Gleichfalls bieten diese Offshore-Steueroasen ideale Bedingungen zur Gründung von Briefkastenfirmen zwecks Erlangung von finanziellen Vorteilen oder zur Verschleierung von Korruption und ähnlichen Straftaten.

Die durch Offshore-Geschäfte verursachten Schäden für die Staaten, aus denen das Geld abfließt, sind enorm: Derzeit parken möglicherweise Summen von bis zu 30 Billionen US-Dollar in Steueroasen. Dadurch entstehen laut Aussage des Internationalen Währungsfonds Steuerverluste in Höhe von mindestens 600 Milliarden Dollar pro Jahr. Insofern liegt es durchaus im Interesse der Allgemeinheit, wenn fragwürdige Offshore-Geschäfte aufgedeckt und die Nutznießer derselben aus ihrer Anonymität gerissen werden.

Einflussnahme auf Wahlkampf

Solche Offenlegung geschah am 3. Oktober durch die Veröffentlichung der sogenannten Pandora Papers. Hierbei handelt es sich um 11,9 Millionen Dokumente aus dem Besitz von 14 Offshore-Dienstleistern auf den Seychellen und den Britischen Jungferninseln sowie in Panama, Belize, Zypern, Hongkong, der Schweiz und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Diese halfen ihren Kunden, mindestens 29.000 Briefkastenfirmen zu gründen oder Steuervermeidungs- beziehungsweise Steuerhinterziehungskonten zu eröffnen, um auf diese Weise Vermögenswerte zu verbergen.

Unter den hierdurch ins Rampenlicht Geratenen befinden sich zahlreiche bekannte Persönlichkeiten. So zum Beispiel 35 amtierende oder ehemalige Staats- und Regierungschefs aus Aserbaidschan, Großbritannien, Israel, Jordanien, Kolumbien, Tschechien, der Ukraine und weiteren Ländern. Dazu kommen 330 andere hochrangige Politiker und Beamte aus insgesamt 91 Staaten. 

Des Weiteren bezichtigen die Pandora Papers, welche das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) jetzt publik machte, 130 Milliardäre in aller Welt sowie Prominente aus der Sport- und Kulturszene bis hin zum peruanisch-spanischen Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa und dem britischen Musiker Elton John der Durchführung illegaler oder zumindest moralisch verwerflicher Offshore-Geschäfte. Viele der dergestalt Bloßgestellten traten dabei in der Vergangenheit als Kämpfer gegen Korruption und Steuerbetrug auf, wie der kenianische Präsident Uhuru Kenyatta.

Bei näherer Betrachtung drängt sich jedoch der Eindruck auf, dass mit der Veröffentlichung der Pandora Papers möglicherweise nicht nur Transparenz geschaffen werden soll. So fällt beispielsweise der zeitliche Zusammenhang mit den Parlamentswahlen in Tschechien auf. Die Enthüllungen über das Finanzgebaren des bei der Führung der Europäischen Union höchst unbeliebten tschechischen Ministerpräsidenten und Milliardärs Andrej Babiš von der vermeintlich „populistischen“ Bewegung ANO 2011 könnten den Urnengang am 8. und 9. Oktober mit beeinflusst haben. Tatsächlich hatte er eine Wahlschlappe erlitten und haben zwei liberal-konservative Oppositionsbündnisse unerwartet die Mehrheit erringen können.

Bahn frei für globale Mindeststeuer?

Ebenso lassen die Aussagen zu den angeblich sehr umfangreichen Offshore-Aktivitäten des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij aufmerken. Der ehemalige Schauspieler mit guten Kontakten zu Donald Trump hat den derzeitigen US-Präsidenten Joe Biden schwer verärgert, weil er mehrere Personen entließ, welche mit dem Biden-Clan in Geschäftsbeziehungen stehen. Stutzig macht zudem, dass in den Pandora Papers keine US-Politiker und auch nur ganz wenige Unternehmer aus den Vereinigten Staaten wie Robert F. Smith und Robert Brockman auftauchen.

Nutznießer der Enthüllungen sind neben den politischen Gegnern von Personen wie Babiš und Selenskij vor allem die Verfechter einer globalen Mindeststeuer, wie sie der deutsche Bundesfinanzminister Olaf Scholz und dessen französischer Amtskollege Bruno Le Maire anstreben – übrigens nicht zuletzt gegen den Widerstand des tschechischen Premiers Babiš. 

Scholz und Le Maire waren auch die Initiatoren des Beschlusses der G20-Finanzminister vom Juli dieses Jahres, demzufolge Unternehmen künftig einen weltweiten Steuersatz von mindestens 15 Prozent auf ihre Gewinne zahlen sollen. Die Pandora Papers könnten nun dazu beitragen, dass diese Regelung schneller eingeführt wird.