20.04.2024

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Folge 41-21 vom 15. Oktober 2021 / Porta Westfalica / Deutschlands größtes Kaiser-Wilhelm-Denkmal / Vor 125 Jahren wurde die Sehenswürdigkeit in Anwesenheit des Kaiserpaares und bis zu 20.000 weiterer Menschen eingeweiht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-21 vom 15. Oktober 2021

Porta Westfalica
Deutschlands größtes Kaiser-Wilhelm-Denkmal
Vor 125 Jahren wurde die Sehenswürdigkeit in Anwesenheit des Kaiserpaares und bis zu 20.000 weiterer Menschen eingeweiht
Manuel Ruoff

Wilhelm I. hat alleine schon dadurch, dass er der erste der Deutschen Kaiser war, eine nicht unwesentliche historische Bedeutung. Mit seinem bodenständigen, bescheidenen, unprätentiösen, ja liebenswerten Auftreten gewann er sich vor allem im Alter in seinem Volk viele Sympathien. Und mit seinem Enkel Wilhelm II. hatte er nach seinem nur 99 Tage regierenden Sohn Friedrich III. einen Nachfolger, der ihn verehrte und ihm als „Wilhelm der Große“ in den Geschichtsbüchern und dem kollektiven Gedächtnis der Nation einen würdigen Platz sichern wollte. 

Angesichts dieser Gemengelage verwundert es nicht, dass nach dem Tode des deutschen Kaisers und preußischen Königs in vielen Teilen seines Herrschaftsgebietes die Idee auftrat und teilweise auch Gestalt annahm, ihn zu würdigen, und das erfolgte damals nicht zuletzt durch die Errichtung von Denkmälern.

Die Initiative zu dem größten Kaiser-Wilhelm-Denkmal und dem nach dem Leipziger Völkerschlachtdenkmal zweitgrößten Denkmal in deutschen Landen überhaupt stammte von Albert Hoesch. In seiner Eigenschaft als Abgeordneter schlug der Unternehmer in der Dortmunder Stadtverordnetenversammlung am 16. April 1888 ein kolossales Reiterstandbild des einen guten Monat zuvor verstorbenen Kaisers und Königs am Durchbruch der Weser zwischen Wiehengebirge und Wesergebirge, der Porta Westfalica (Tor nach Westfalen), vor. 

Zweitgrößtes Denkmal Deutschlands

Andere Westfalen schlugen andere westfälische Standorte vor. Das lag nicht zuletzt daran, dass der Oberbürgermeister Dortmunds elf Tage später einen Brief an alle Städte, den Städtetag, den Oberpräsidenten, den Regierungspräsidenten und den Provinziallandtag schrieb, in dem er Hoeschs Vorschlag aufgriff, jedoch ohne die Standortkomponente. Oberbürgermeister Wilhelm Schmieding zog einen der Ruhrberge im Einzugsgebiet des bevölkerungsreichen industriellen Zentrums der Porta Westfalica vor. 

Am 15. März 1889 fiel die Entscheidung im westfälischen Provinziallandtag. Schmiedings Vorschlag unterlag mit 39 zu 41 Stimmen. Das Rennen machte die Porta Westfalica mit 43 gegen 36 Stimmen. Ein knappes Vierteljahr nach dieser Grundsatzentscheidung, am 5. Juni 1889, nahm der Provinzialausschuss eine Ortsbesichtigung vor und entschied sich für den bis zu 282 Meter hohen Wittekindsberg.

Für die Finanzierung hatte der Provinziallandtag bereits in seiner Sitzung vom 15. März 1889 eine halbe Million Mark zur Verfügung gestellt. Eine private Spendensammlung brachte bis zum Januar 1892 über 300.000 Mark zusätzlich ein, sodass insgesamt gut 800.000 Mark zur Verfügung standen.

Nachdem bis dahin der Standort entschieden war und zumindest schon einmal eine halbe Million Mark zur Verfügung standen, initiierte der Provinziallandtag im Februar 1890 ein Preisausschreiben. Den ersten Preis unter 58 Entwürfen von 56 Bewerbern gewann „Auf hoher Warte“ von Bruno Schmitz, einem der renommiertesten Denkmalarchitekten seiner Zeit. Der von 1858 bis 1916 lebende Architekt des Eklektizismus musste allerdings Ideen seiner Dresdner Kollegen Fritz Reuter und Theodor Fischer berücksichtigen. Die beiden hatten eine große Terrasse vorgeschlagen, von der Treppen zu einer zweiten Terrasse aufsteigen, auf der ein Reiterstandbild Wilhelms I. vor einem von acht Säulen gebildeten Turm steht.

Allerdings lehnte Wilhelm II. ein Reiterstandbild ab. Er wünschte ein Standbild seines Großvaters, wie er ihn kannte, mit Militärmantel und Helm. Die Provinzialverwaltung hingegen wünschte es etwas weniger einfach, profan und wirklichkeitsnah. Ihnen schwebte ein Kaiser mit Panzer und Hermelin vor. Was herauskam, war ein Kompromiss. Die Entscheidung fiel für einen Wilhelm im kurzen Waffenrock, aber mit adlergeschmücktem Krönungsmantel aus Hermelin, lorbeerkranzgeschmücktem Haupt und einer Haltung des rechten Arms, die an einen Gruß Cäsars erinnert, aber gemeinhin als Segensgeste interpretiert wird.

Mit der Bronzefigur wurde Caspar von Zumbusch betraut, ein Bildhauer und Medailleur, der zwar in Westfalen 1830 geboren wurde, aber als der wichtigste Monumentalplastiker des Historismus in Österreich gilt. In Österreich, in der kaiserlich-königlichen Kunst-Erzgießerei Arthur Krupp in Wien, wurden die Teile der sieben Meter hohen Figur ab dem September 1895 gegossen. Ab dem Juli des Folgejahres wurden die Teile zusammengesetzt. Ende September erreichte die Statue die Denkmalsterrasse. Und in den ersten Oktobertagen wurde sie unter dem mittlerweile errichteten einschließlich Kaiserkrone 50 Meter hohen steinernen Baldachin auf einen 55 Dezimeter hohen Steinsockel gestellt. 

Ein Ergebnis diverser Kompromisse

Wie die Darstellung des Kaisers war auch die Inschrift kein Selbstgänger, sondern ein Kompromiss. Die Provinzialverwaltung liebte es eher byzantinisch. „Wilhelm I. – Dem Siegreichen“ wurde ebenso vorgeschlagen wie „Die dankbare Provinz Westfalen“. Schmitz wollte es gerne etwas nüchterner. Und Wilhelm II. wollte die Bezeichnung „Wilhelm der Große“ für seinen Großvater und Vorgänger etablieren. Schließlich einigte man sich auf die Inschrift „Wilhelm dem Großen – Die Provinz Westfalen“.

Abgesehen von der Bronze der in Wien gegossenen Kaiser-Darstellung wurde mit Portasandstein bewusst ein einheimisches Material für den Bau verwendet. Der auch „Brauner Stein“ genannte karbonatisch-ferritische Sandstein kommt zwischen Lübbecke, Minden und Lemgo in Ostwestfalen vor. Die Verwendung dieses einheimischen Materials sparte nicht nur Transportkosten, sondern gab dem Denkmal auch eine westfälische Note und damit einen Hinweis auf den Auftraggeber und Hauptfinanzier.

Am 83. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig und dem 35. der Krönung Wilhelms I. in Königsberg sowie dem 65. Geburtstag Friedrichs III., am 18. Oktober 1896, wurde das Denkmal feierlich eingeweiht. Zwischen 15.000 und 20.000 Menschen nahmen an der Einweihung teil, einschließlich des deutschen Kaiserpaares. 

Im Sommer 1892 war mit den Vorbereitungen zum Bau begonnen worden. Rund 200 Menschen waren in dem knappen halben Jahrzehnt danach damit beschäftigt gewesen, 13.000 Kubikmeter Mauerwerk auszuführen, drei Kilometer Treppenstufen zu verlegen oder in sonstiger Weise an der Erschaffung dieser Sehenswürdigkeit mitzuwirken.