29.03.2024

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Folge 41-21 vom 15. Oktober 2021 / Plagiate / Faule Forscher wildern im Netz / Um möglichst viel zu veröffentlichen, stöpseln Wissenschaftler Stücke aus alten Texten zu „neuen“ zusammen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-21 vom 15. Oktober 2021

Plagiate
Faule Forscher wildern im Netz
Um möglichst viel zu veröffentlichen, stöpseln Wissenschaftler Stücke aus alten Texten zu „neuen“ zusammen

Eine der wichtigsten Grundregeln für Wissenschaftler lautet heute: „Publish or perish!“, also „Veröffentliche oder gehe unter!“. Dabei fehlt den Forschern aber häufig die Zeit, Fachartikel zu verfassen. Deshalb greifen sie zu sogenannten Spinbots und ähnlichen Programmen, welche in der Lage sind, Sätze aus anderen Publikationen umzuformulieren oder gleich ganze Texte neu zu generieren. So kann beispielsweise aus drei Artikeln ein vierter „destilliert“ werden. 

Das ist natürlich Betrug, aber offensichtlich gang und gäbe, wie die Fälschungsdetektive Alexander Magazinow, Cyril Labbé und Guillaume Cabanac herausfanden. Vor allem Autoren aus Indien und China fallen durch derart produzierte Veröffentlichungen auf, die durchaus auch in renommierten Fachmagazinen erscheinen, die von Großverlagen wie Elsevier, Springer oder Wiley herausgegeben werden. Ein Grund hierfür ist der enorme Zeitdruck in den Redaktionen – zudem wollen die Blätter möglichst viele Artikel bringen, weil das ihr Ansehen steigert.

Expertin warnt vor fatalen Folgen

Deshalb gibt es inzwischen die US-amerikanische Plattform pubpeer.com, welche gefälschte Wissenschaftstexte entlarvt. Diese Offenlegung ist auch dringend notwendig, denn erfundene oder „umgeschriebene“ Publikationen können großen Schaden anrichten und unter Umständen sogar Menschenleben gefährden, wie die australische Onkologin Jennifer Byrne kürzlich an einigen Beispielen demonstrierte: Wenn fiktive Labordaten oder manipulierte Berichte über die Wirkung von Medikamenten in Fachmagazinen erschienen, dann führe das andere Wissenschaftler auf falsche Spuren – mit möglicherweise fatalen Folgen.

Aber auch seriös verfasste Publikationen bereiten mittlerweile gravierende Probleme, welche aus der Nutzung von Computersoftware resultieren. An erster Stelle steht hier das weit verbreitete Tabellenkalkulationsprogramm Excel aus dem Hause Microsoft. Dessen Autokorrekturfunktion führt dazu, dass bestimmte Bezeichnungen für Gene automatisch und ohne jeden Hinweis verändert werden. 

Software kann Resultate verbiegen

So macht Excel unter anderem aus dem DNA-Abschnitt SEPT1 die Datumsangabe Sept-1. Darauf hat der Pharmakologe Barry Zeeberg vom Nationalen Krebsinstitut der USA schon 2004 hingewiesen, ohne dass Microsoft reagierte. Infolgedessen weist aktuell nun bereits jede dritte wissenschaftliche Veröffentlichung mit Excel-Listen von Genen Fehler auf, wie umfangreiche Analysen des Teams um Mandhri Abeysooriya von der Deakin University in Australien belegen. Wobei es zwischen 2014 und 2020 einen starken Anstieg von fehlerhaften Publikationen von 282 auf 698 gab.

Die veränderten Gen-Benennungen führen dazu, dass die Einträge nicht in internationale Datenbanken importiert werden, was erhebliche negative Auswirkungen auf die Forschung haben dürfte. Microsoft ist das Problem bekannt, allerdings sah das Unternehmen keinen Handlungsbedarf. Deshalb musste das für die Namensgebung zuständige HUGO Gen Nomenclature Committee nun notgedrungen die Bezeichnung von 27 Genen ändern. So heißt SEPT1 künftig SEPTIN1. W.K.